Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wassernot in China: Dürre bedroht Energieversorgung
> Die Volksrepublik setzt auf Wasserkraft und kämpft nun mit
> ausgetrockneten Flüssen. Vermehrt erreicht der Klimawandel den
> chinesischen Alltag.
Bild: Bedroht Gesundheit und Wirtschaft in China: Rekordniedrigwasser (wie hier…
Peking taz | Nicht nur Deutschland und Europa, sondern die gesamte
Nordhalbkugel der Erde leidet derzeit unter extremer Hitze und Dürre. China
ist davon besonders hart betroffen. Seit über zwei Monaten überschreiten in
vielen Landesteilen die Thermometer die 40-Grad-Grenze. Das gefährdet
wiederum die Stromversorgung.
Denn China hat zur [1][Reduktion seines Kohleverbrauchs] zuletzt massiv auf
Wasserkraft gesetzt. Im Zuge der extremen Hitze sinken nun jedoch die
Wasserpegel der Flüsse und Stauseen. Viele Wasserkraftwerke stehen deshalb
still und es zeigt sich, dass die Folgen der globalen Erwärmung in der
Volksrepublik längst kein Luxusproblem mehr sind, sondern den
wirtschaftlichen Aufstieg des Landes gefährden.
Besonders der sonst mächtige Jangtse-Fluss gibt derzeit ein klägliches Bild
ab: Durch den ausbleibenden Regen ist er auf ein Bruchteil seiner Größe
geschrumpft, beide Uferenden haben Sandbänke von der Breite mehrerer
Fußballfelder freigelegt.
In der südwestlichen Provinz Sichuan, deren 81 Millionen Einwohner
besonders stark von Wasserkraft entlang des Jangtse und seiner Nebenflüsse
abhängen, sind die Auswirkungen riesig. Etliche Fabriken mussten aufgrund
der Stromrationierungen bereits ihre Produktion drosseln, darunter Werke
von Volkswagen und dem Apple-Zulieferer Foxconn.
Ebenfalls betroffen ist ein Standort von „Contemporary Amperex Technology
Limited“ (CATL), dessen Betrieb derzeit vollständig suspendiert ist. Da das
Unternehmen nahezu ein Drittel aller weltweit produzierten
Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge herstellt, wird die Schließung
mit etwas Verzögerung auch Auswirkungen auf die [2][globalen Lieferketten]
haben. Bereits jetzt sind die Preise für Polysilizium und Lithium
gestiegen.
Für Chinas heimische Wirtschaft hat die Hitzewelle einen Domino-Effekt
ausgelöst, der sich über Monate hinziehen wird. Die angeschlagene
Stahlproduktion wird den Bausektor lähmen, und auch die zurückgehende
Herstellung von Düngemitteln verschärft die Lage für die Landwirtschaft bis
mindestens zur nächsten Erntesaison.
Wie groß der gesamtwirtschaftliche Schaden sein wird, lässt sich bereits
vage abschätzen. Ein Richtwert ist der Vergleich zum letzten Jahr, als
ebenfalls eine durch Hitze induzierte Stromknappheit laut Ökonomen
mindestens einen halben Prozentpunkt vom Jahreswachstum geschröpft hat.
Laut jetzigem Wissensstand geht die Hongkonger Hang Seng Bank davon aus,
dass die Folgen diesmal rund dreifach so drastisch ausfallen werden –
vorausgesetzt, dass die hohen Temperaturen nicht länger als erwartet
anhalten werden. Schon jetzt haben die Behörden haben dieses Jahr rund
doppelt so viele Hitzewarnungen ausgegeben wie sonst üblich. Es handelt
sich um die schlimmste Hitzewelle seit 60 Jahren.
In Chinas sozialen Medien wird zunehmend intensiv über die Folgen des
globalen Klimawandels diskutiert. „Im Norden nehmen die Niederschläge zu
und im Süden die Dürre. Beginnt der große Klimawandel?“, fragt etwa ein
Nutzer auf der Online-Plattform Weibo. Doch seine Sorge wird erst
allmählich vom Mainstream der Gesellschaft geteilt. Bis vor wenigen Jahren
nämlich porträtierten die offiziellen Staatsmedien den Klimawandel als
höchst abstraktes, in der Ferne liegendes Problem, das nicht den Alltag der
Chinesen direkt betrifft – offenbar aus Angst vor [3][Protestbewegungen á
la „Fridays for Future“, die vom Zensurapparat vollständig verschwiegen
werden].
Dennoch hat sich innerhalb des Staatsapparats in den letzten Jahren ein
Paradigmenwechsel vollzogen. Spätestens seit den historischen Rekordfluten
von 2021, als auf die zentralchinesische Provinz Henan innerhalb weniger
Stunden die Regenmassen eines durchschnittlichen Halbjahres einprasselten,
spricht die Regierung ganz offen davon, dass China überproportional von den
Folgen des Klimawandels betroffen ist. Seit Jahren arbeiten heimische
Stadtplaner an Konzepten, wie sie die Metropolen des Landes an die immer
extremere Wetterlagen anpassen können.
Doch die langfristigen Bemühungen wirken dieser Tage wie ein verzweifelter
Wettlauf gegen die Zeit. Die Hitzewellen werden im Zuge der globalen
Erwärmung immer häufiger auftreten und länger andauern, sagte erst kürzlich
Chen Lijuan, Chefprognostiker der nationalen Wetterbehörde, der
Staatszeitung China Youth Daily“.
Doch es ist nicht nur eine Hitzewelle, die das Land plagt, sondern mehrere,
simultane Extremwetterlagen: Während etwa die Lokalregierung der nördlichen
Provinz Hebei mit Hilfe von Flugzeugen Silberiodid in den Himmel sprühen
lässt, um künstlich Regen auf die ausgetrockneten Felder zu provozieren,
sind im Landkreis Datong am Mittwochabend mindestens 17 Menschen von
blitzartigen Sturzfluten ums Leben gekommen.
23 Aug 2022
## LINKS
[1] /Plan-fuer-CO2-Neutralitaet/!5711785
[2] /Lieferketten/!t5625315
[3] /Flutkatastrophe-in-China/!5781896
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Schwerpunkt Klimawandel
Dürre
Dürre
Energieversorgung
klimataz
Serbien
Hitzewelle
Meteorologie
Landwirtschaft
Schwerpunkt Klimawandel
Klimaneutralität
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Umstrittenes Lithium aus Serbien: Der Schatz vom Jadar-Tal
Lithium wird bislang vor allem außerhalb Europas gewonnen. Dabei gibt es
Vorkommen auch in Serbien. Doch der geplante Abbau stößt auf Widerstand.
Wetterbilanz des Sommers 2022: Zu heiß, zu trocken, bald typisch
Nie zuvor hat der Deutsche Wetterdienst so viel Sonnenschein registriert
wie in diesem Sommer. Solche Extreme werden bald normal, sagen
Klimaforscher.
ZDF-Meteorologe über Extremwetter: „Die Natur ist radikal“
Dürre und Starkregen werden zur Normalität, sagt ZDF-Meteorologe und
Klimaerklärer Özden Terli. Die Menschen müssten sich an die steigende Hitze
anpassen.
Weniger und schlechtere Qualitäten: Bauern sitzen auf dem Trockenen
Die Ernten fallen in Deutschland dieses Jahr schlecht aus, berichtet der
Deutsche Bauernverband. Die Trockenheit bedroht Ernten in Halb Europa.
Keine Kohlekraftwerke mehr im Ausland: Chinas Kampf gegen den Klimawandel
Präsident Xi kündigt vor der UNO an, Entwicklungsländer mit grüner Energie
zu unterstützen, statt dort Kohlekraftwerke zu bauen.
Emissionshandel in China: Erster Schritt zur Klimaneutralität
China führt den weltweit größten Emissionshandel ein. Das System hat zwar
Schwachstellen, doch ein Umdenken zu mehr Nachhaltigkeit ist unübersehbar.
Klimaschutz in China: China wird keine Ökodiktatur
Klimaschützer hatten auf grüne Signale im neuen Fünfjahresplan gehofft. Vor
dem Volkskongress in Peking gab es nur alte Versprechen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.