| # taz.de -- ZDF-Meteorologe über Extremwetter: „Die Natur ist radikal“ | |
| > Dürre und Starkregen werden zur Normalität, sagt ZDF-Meteorologe und | |
| > Klimaerklärer Özden Terli. Die Menschen müssten sich an die steigende | |
| > Hitze anpassen. | |
| Bild: Hat akuten Wassermangel: das ausgetrocknete Panketal bei Berlin | |
| taz: Herr Terli, wenn die Hitze so viel Wasser verdunstet und alles | |
| austrocknet, dann müsste es doch auch mehr regnen? Irgendwo müsste das | |
| Wasser doch wieder runterkommen? | |
| Özden Terli: Das Wasser bleibt im System, es verschwindet nicht. Aber es | |
| regnet woanders ab. Das liegt auch am Klimawandel. Zirkulationssysteme, die | |
| sogenannten Jetstreams, verändern sich und Hochs verstärken sich. Wenn das | |
| Wasser woanders ist und nicht bei uns, dann haben wir ein Problem. Und | |
| andere haben vielleicht das Problem, dass sie zu viel Wasser haben. | |
| [1][Starkregen wie im vergangenen Jahr in der Eifel und in anderen Teilen | |
| Westdeutschlands] wird also gleichzeitig auch wahrscheinlicher? | |
| Ja, Luft kann deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen, [2][je wärmer sie ist]. | |
| Diese Feuchtigkeit ist im Prinzip Treibstoff für Gewitter. Wenn Hitze und | |
| Feuchtigkeit zusammenkommen, dann knallt es ordentlich. Es entstehen | |
| Gewitter und ein Starkregen, der in einem Rutsch herunterkommt. | |
| Insbesondere, wenn es vorher eine Dürresituation gab, führt das zu | |
| Überflutungen. Die Böden sind dann nämlich komplett verhärtet und weniger | |
| aufnahmefähig. Das kann von Jahr zu Jahr variieren: Mal haben wir es mit | |
| solchen Tiefs zu tun, dann haben wir wieder so krasse Dürreperioden wie | |
| jetzt. Anhaltender Regen hingegen, wie er früher bei Westwind oft vorkam, | |
| ist heute nicht mehr so häufig. | |
| Der Pegel des Rheins ist immer noch an mehreren Stellen auf einem | |
| Tiefstand. Erledigt sich das wieder? | |
| Dafür müsste es erst mal wieder entsprechend viel regnen. Ich denke aber | |
| schon, dass der niedrige Pegel kein Dauerzustand ist. Normalerweise müssten | |
| uns wieder mehr Tiefs erreichen, die Regen mitführen. Aber das ist keine | |
| Garantie. Wir haben im letzten Winter gesehen, dass sich starke Hochs | |
| aufbauen können, mit denen Luft aus nordwestlichen Richtungen kommt. Dann | |
| kann es auch im Winter durchaus ziemlich trocken sein. | |
| Das heißt, die Erholung von der Dürre könnte schwierig werden? | |
| Es ist nicht zu erwarten, dass es in den nächsten Wochen und Monaten in dem | |
| Ausmaß regnen wird, wie es [3][früher normalerweise geregnet hat]. Letzte | |
| Woche hat es zwar an vielen Orten in Deutschland gewittert. Aber geändert | |
| hat der Regen an der Dürre nur wenig und nur lokal etwas. In den tieferen | |
| Schichten fehlt das Wasser trotzdem. Wir haben seit 2018 eine ziemlich üble | |
| Situation in den tiefen Bodenschichten. Und die nächste Hitze steht schon | |
| wieder an. Dieser Sommer könnte der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen | |
| werden. | |
| Glauben Sie, dass wir in Deutschland Wasser sparen müssen? | |
| [4][Wassersparen ist die eine Sache]. Wir müssen uns an mehr Hitze | |
| anpassen, und zwar nicht nur, aber auch in Hinblick auf den Wasserhaushalt. | |
| Die Städte müssen zum Beispiel atmen können und sollten weniger versiegelt | |
| sein, damit Wasser besser absickert. Aber ich denke, Wasser wird irgendwann | |
| sogar rationiert werden müssen. In Deutschland durfte man schon teilweise | |
| seinen Rasen nicht mehr sprengen. Und sobald kein Wasser mehr da ist, wird | |
| es eben ganz abgestellt. Wenn die Natur vorgibt, dass es kein Wasser mehr | |
| gibt, dann gibt es kein Wasser mehr. Da kann man sich auf die Hinterbeine | |
| stellen und schreien: ‚Das ist meine Freiheit. Ich benutze so viel Wasser, | |
| wie ich will und ich dusche so viel, wie ich will.‘ Aber die Natur ist | |
| radikal. | |
| 24 Aug 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Schlegel | |
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