| # taz.de -- Werftkonzern für Kriegsschiffe geplant: Regierung schmiedet Waffen… | |
| > Drei Schiffbauunternehmen planen einen Werftkonzern, der Marineschiffe | |
| > bauen soll. Bundesregierung hat versprochen, Aufträge national zu | |
| > vergeben. | |
| Bild: Wurde europaweit ausgeschrieben: Mehrzweckkampfschiff 180 | |
| Hamburg taz | Ursula von der Leyen brach in ihrer Zeit als | |
| Verteidigungsministerin ein Tabu. Bis dahin waren Kriegsschiffe für die | |
| Marine direkt bei deutschen Werften bestellt worden. Dann schrieb die | |
| CDU-Politikerin vor zwei Jahren erstmals ein größeres Beschaffungsprojekt | |
| europaweit aus. Den Zuschlag für das Mehrzweckkampfschiff 180 (MKS 180), | |
| ein 5,5-Milliarden-Euro-Projekt, erhielt im Januar 2020 die Damen Shipyards | |
| Group, ein Familienunternehmen aus den Niederlanden. | |
| Freunde machte sich die heutige Präsidentin der Europäischen Kommission | |
| damit weder im Schiffbauverband VSM [1][noch in der Spitze der | |
| Industriegewerkschaft Metall.] | |
| Zu den Kritikern gehörte auch die „Küsten-Gang“, ein Zusammenschluss von | |
| Politikern der SPD, der mittlerweile auch Mitglieder von CDU und FDP aus | |
| den Küstenländern angehören und die sich für die maritimen Branchen | |
| einsetzt. Deren Lobbyarbeit im Bundestag zeigte Wirkung: Im Februar | |
| ruderte die Bundesregierung Angela Merkels zurück. Der Marine-Schiffbau | |
| wird nun als „nationale Schlüsseltechnologie“ eingestuft. Nach diesem | |
| Beschluss müssen künftige Aufträge nicht mehr europaweit ausgeschrieben | |
| werden. | |
| Nun wurde ein weiterer Schritt bekannt: Drei wichtige Schiffbauunternehmen | |
| planen einen neuen Werftkonzern, der sich ausschließlich auf den Bau und | |
| die Wartung von Marineschiffen konzentriert. Als erster berichtete der | |
| Norddeutsche Rundfunk über Gespräche zwischen den Kieler Werften German | |
| Naval Yards und Thyssen-Krupp Marine Systems sowie der Lürssen Werft aus | |
| Bremen. Die Bundesregierung fungiert dabei als Moderator, heißt es. | |
| ## Freude bei den Konzernen | |
| Ein „deutscher Marinechampion könnte die Antwort auf das europäische Umfeld | |
| sein“, twitterte der Vorstand [2][von Thyssen-Krupp], Oliver Burkhard, | |
| daraufhin begeistert. Ähnliches hatte der Stahlkonzern allerdings bereits | |
| vor einem Jahrzehnt in Hamburg versucht: Um die Werft Blohm+Voss herum | |
| sollte mit Thyssen-Krupp ein nationaler Werft-Champion entstehen. | |
| Doch das Unternehmen aus dem Ruhrgebiet verlor bald das Interesse an einer | |
| ganz großen Lösung. Seit 2011 konzentriert sich Thyssen-Krupp Marine | |
| Systems (TKMS) auf den lukrativen Bau von U-Booten und die Konstruktion | |
| von Fregatten. Von der heutigen German Naval Yards in Kiel trennte sich | |
| Thyssen-Krupp ebenso wieder wie von Blohm+Voss. Mittlerweile dürfte das | |
| angeschlagene Unternehmen wegen milliardenschwerer Fehlinvestitionen in | |
| Amerika auch an einem Verkauf von TKMS interessiert sein. | |
| Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, hält einen | |
| Zusammenschluss im Marineschiffbau für „sinnvoll“, teilte sein Sprecher auf | |
| Anfrage mit. Das Know-how im deutschen Schiffbau müsse gesichert werden. | |
| Denn es gehe um tausende Arbeitsplätze auf Werften und bei Zulieferern. | |
| „Die Konsolidierung darf aber nicht auf Kosten von Beschäftigten und | |
| Standorten gehen.“ Die Gewerkschaft schlägt Wirtschaft und Bundesregierung | |
| einen „Marine-Gipfel“ vor, um „eine strategische Perspektive für den | |
| deutschen Marineschiffbau in Europa zu entwickeln“. | |
| Die Nummer eins im militärischen Überwasserschiffbau ist längst der | |
| Familienkonzern Lürssen. Er dürfte auch die Führung einer künftigen | |
| „Deutschen Marine-Werft“ anstreben. Dem erfolgreichen | |
| Milliardärs-Jachten-Bauer gehören neben Blohm+Voss bereits die beiden | |
| anderen auf Kriegsschiffe spezialisierten Schiffbauer in Deutschland, die | |
| Peene-Werft in Wolgast und Norderwerft in Hamburg. Dagegen soll der zivile | |
| Standort im niedersächsischen Elsfleth noch in diesem Jahr geschlossen | |
| werden. | |
| ## Weniger Schiffe, aber ökologischer | |
| „Wir halten eine Konsolidierung der Systemhäuser im deutschen | |
| Marineschiffbau für sinnvoll und erforderlich, um dadurch nachhaltig die | |
| internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken“, äußert sich Lürssen | |
| gegenüber einer Nachrichtenagentur. Als Konkurrenten gelten, neben dem | |
| MKS-180-Bauer Damen, Fincantieri in Italien und die französische Naval, | |
| beides teilstaatliche Konzerne. | |
| Hinter der Beförderung des Marineschiffbaus zur nationalen | |
| Schlüsseltechnologie steht auch ein Wandel in der Außenpolitik der | |
| Bundesregierung. Der latente Dauerkonflikt mit Russland und dem | |
| expandierenden China befeuern den maritimen Ausbau: Da Kriegsschiffe nahezu | |
| grenzenlos weltweit operieren können, werden sie zur „Projektion von | |
| (politischer) Macht“ genutzt, sagte Kapitänleutnant Moritz Brake erst im | |
| Februar auf einer Marinetagung in Rostock. | |
| „Jede Krise birgt eine Chance in sich“, schlägt Friedensaktivist Jürgen | |
| Grässlin einen anderen Kurs vor. „Die Zukunft liegt nicht im | |
| Rüstungsexport, sondern in der Rüstungskonversion“, so der Sprecher der | |
| bundesweiten Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“. Jetzt | |
| sei die Zeit gekommen, nach und nach die militärische Fertigung | |
| herunterzufahren und auf neue Produkte zu setzen, etwa die Entwicklung | |
| umweltfreundlicher Antriebstechnik. | |
| 21 Apr 2020 | |
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| Hermannus Pfeiffer | |
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