| # taz.de -- Krise im Schiffbau: Flensburger Werft vorerst gerettet | |
| > Investor übernimmt 350 von 650 Beschäftigten in eine neue Gesellschaft, | |
| > die er auch mit Aufträgen versorgt. Die Übrigen sollen qualifiziert | |
| > werden. | |
| Bild: Fähren wie die „Seatruck Performance“ liefen mal bei der FSG vom Sta… | |
| Hamburg taz | Die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) kann mit | |
| verkleinerter Belegschaft weitermachen. Der Investor Lars Windhorst | |
| übernimmt die insolvente [1][Werft] und 350 der 650 Beschäftigten, darunter | |
| die 31 Lehrlinge und die neun dual Studierenden. Die restlichen 300 | |
| Mitarbeiter sollen in eine Transfergesellschaft wechseln, in der sie für | |
| eine neue berufliche Perspektive qualifiziert werden können. | |
| Schleswig-Holsteins [2][Wirtschaftsminister Bernd Buchholz] zeigte sich | |
| erleichtert: „Die FSG ist einer der größten industriellen Arbeitgeber im | |
| nördlichen Schleswig-Holstein und damit von besonderer Bedeutung für das | |
| Land“, sagte der FDP-Politiker. Die erneute Übernahme durch Windhorst und | |
| die Platzierung von Aufträgen gäbe der FSG Zeit, sich strategisch neu | |
| auszurichten. | |
| Wegen der Coronaepidemie produziert die Werft seit dem 19. März nicht mehr. | |
| Ihre Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Im April stellte sie beim Amtsgericht | |
| Flensburg einen Insolvenzantrag. Am 1. August soll das Insolvenzverfahren | |
| eröffnet werden. | |
| Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens stehe das Land für Gespräche zur | |
| weiteren Unterstützung der Werft zur Verfügung, teilte Minister Buchholz | |
| auf Anfrage mit. „Zwingend muss eine positive und von einem | |
| Wirtschaftsprüfer testierte Fortführungsprognose für die FSG vorgelegt | |
| werden, damit das Land die FSG mit Bürgschaften unterstützen kann.“ Zusagen | |
| gebe es aber derzeit nicht. | |
| Allerdings ist das Unternehmen schon vor der Coronakrise in Schwierigkeiten | |
| gewesen, nachdem es beim Bau der Fähre „W.B. Yeats“ für die Reederei Irish | |
| Ferries zu Verzögerungen gekommen war. Das löste eine Reihe weiterer | |
| Verzögerungen aus, die die Werft viel Geld kosteten. Für das Jahr 2018 wies | |
| die FSG bei einem Umsatz von 213 Millionen Euro einen Nettoverlust von 111 | |
| Millionen Euro aus. | |
| Schon vor rund anderthalb Jahren gab Lars Windhorst den Retter in der Not, | |
| indem er zunächst 76 Prozent der Unternehmensanteile von der norwegischen | |
| Firma Siem Industries übernahm. Ein halbes Jahr später kaufte er dann noch | |
| den Rest.Windhorst hat schon als Teenager eine Computerfirma gegründet und | |
| Millionen verdient. Mit seiner Investment-Holding Tennet ist er auch am | |
| [3][Fußall-Bundesliga-Verein Herta BSC] beteiligt. | |
| Wie Windhorst am Freitag mitteilte, übernehmen mehrere Gesellschaften | |
| seiner [4][Tennet-Holding] die Flensburger Werft jetzt aus der Insolvenz | |
| ohne die Schulden, sodass ein Neustart möglich wird. Über den Kaufpreis | |
| wurde Schweigen vereinbart. Voraussetzung dafür, dass der Kauf auch | |
| vollzogen wird, ist die Zustimmung der Belegschaft. 95 Prozent derjenigen, | |
| die in die Transfergesellschaft wechseln könnten, müssen dem nach | |
| Gewerkschaftsangaben zustimmen. | |
| Möglich wird der Weiterbetrieb der Werft dadurch, dass Windhorst in Kürze | |
| zwei Roll-On-Roll-Off-Fähren in Auftrag geben will. Das sei eine | |
| Überraschung gewesen, sagte Michael Schmidt, der Erste Bevollmächtigte der | |
| IG-Metall in Flensburg. „Dieses Konzept sichert der FSG einen | |
| Betriebsübergang mit allen tariflichen Reglungen in die neue FSG.“ Nun | |
| könne sich die neue FSG auch wieder um Neubauten kümmern. | |
| ## Die Werft braucht schnell neue Aufträge | |
| Schmidt zufolge ist es gelungen, die Transfergesellschaft gut auszustatten, | |
| was keine Selbstverständlichkeit sei in einer Insolvenz. Die | |
| Transfergesellschaft soll ab dem 1. August für ein halbes Jahr bestehen. | |
| Laut IG Metall kämen ihre Mitarbeiter insgesamt auf 80 Prozent ihres | |
| bisherigen Gehalts. | |
| Der Betriebsratsvorsitzende Thomas Jansen wies darauf hin, dass die Werft | |
| schnell weitere Aufträge brauche. Er forderte den ehemaligen Eigentümer | |
| Siem auf, die Großfähre „Honfleur“, die zurzeit in Flensburg halbfertig an | |
| der Pier liegt, auf der Werft zu Ende zu bauen. „Dann können sofort weitere | |
| Kolleginnen und Kollegen aus der notwendigen Transfergesellschaft in die | |
| FSG geholt werden“, sagte Jansen. | |
| Mit der Transfergesellschaft steht der Werft ein Reservoir an | |
| qualifizierten Leuten zur Verfügung, mit denen sie ihr Personal bei Bedarf | |
| schnell aufstocken könnte. Beschäftigte der Transfergesellschaft müssen | |
| allerdings nicht bevorzugt eingestellt werden, falls die Werft wieder mehr | |
| Arbeitskräfte benötigt. | |
| ## Verhandlungen lösten Besorgnis aus | |
| Als möglicher Käufer für die FSG war auch die Hamburger Pella-Sietas-Gruppe | |
| im Gespräch. Die Verhandlungen darüber hatten in Hamburg die Besorgnis | |
| ausgelöst, dass die Sietas-Werft womöglich aufgegeben werden könnte, weil | |
| die Flensburger Werft einen zuverlässigen Zugang zum Meer hat. | |
| Bei Pella-Sietas konnte ein fast fertiges Baggerschiff für die | |
| Bundesregierung monatelang nicht ausgedockt werden, weil die Mündung der | |
| Este in die Elbe zugeschlickt und nicht passierbar war. Erst vor ein paar | |
| Tagen haben sich die Hamburger Behörden und die Wasser- und | |
| Schifffahrtsverwaltung des Bundes darauf verständigt, die Zufahrt frei zu | |
| machen. Außerdem wollen sie ein Konzept erarbeiten, wie die Situation an | |
| der Estemündung zu verbessern wäre. | |
| „Das Schlickproblem ist nur kurzfristig gelöst“, warnte Daniel Friedrich, | |
| Bezirksleiter der [5][IG Metall Küste]. Das helfe bei der Auslieferung des | |
| Baggerschiffs. Er erwarte aber vom „Senat, Unternehmen und allen weiteren | |
| Beteiligten eine grundsätzliche Klärung, um Arbeitsplätze und Standort zu | |
| sichern“. | |
| Martin Hammer, der sich als Geschäftsführer um die Restrukturierung der FSG | |
| kümmert, kann sich eine Zusammenarbeit mit dem abgewiesenen Interessenten | |
| vorstellen. Er könne sich vorstellen, „in Zukunft Projekte gemeinsam mit | |
| Pella-Sietas zu realisieren“, sagte er. | |
| 3 Aug 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schiffsbauer-in-der-Krise/!5684287 | |
| [2] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/VII/Minister/minister_… | |
| [3] /Freiheit-fuer-die-Deutsche-Fussball-Liga/!5683951 | |
| [4] https://tennor.com/about/ | |
| [5] https://www.igmetall-kueste.de/presse/ | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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