# taz.de -- Start ins neue Schuljahr: Eine Stunde mehr Deutsch pro Woche | |
> 2.700 zusätzliche Lehrkräfte und 362.000 Schüler starten Montag ins neue | |
> Schuljahr. GEW kritisiert hohe Zahl von Seiteneinsteigern. | |
Bild: Am Montag beginnt in Berlin die Schule | |
Berlin wächst und damit auch die Zahl der SchülerInnen. Und trotz der | |
bundesweiten Konkurrenz um Lehrkräfte schafft es die Hauptstadt auch in | |
diesem Jahr, alle zusätzlichen Stellen zu besetzen. Mit dieser frohen | |
Botschaft begann Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Donnerstag ihre | |
traditionelle Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn. | |
„Nicht alle Bundesländer können alle ihre Stellen besetzen“, frohlockt si… | |
2.700 neue Lehrkräfte (von insgesamt 32.800) werden ab Montag zum ersten | |
Mal vor SchülerInnen stehen (insgesamt 362.000 an allgemeinbildenden | |
Schulen, 6.000 mehr als im Vorjahr). Von den neuen LehrerInnen sind gut | |
1.000 reguläre LaufbahnbewerberInnen, rund 700 QuereinsteigerInnen, also | |
Akademiker, die Mangelfächer wie Deutsch oder Mathe studiert haben und in | |
drei bis vier Jahren berufsbegleitend weiter qualifiziert werden, sowie 900 | |
SeiteneinsteigerInnen, die aus allen möglichen (meist akademischen) Berufen | |
kommen. | |
Die seit Jahren immer wieder geäußerte Kritik an den vielen | |
QuereinsteigerInnen konterte Scheeres mit dem Hinweis, dass sich in diesem | |
Jahr 2.500 auf diesem Ticket beworben hätten. „Wir nehmen nicht jeden!“ | |
Auch die so genannten Seiteneinsteiger hätten oft Jahre Berufserfahrung als | |
VertretungslehrerInnen oder in Willkommensklassen, viele Schulen wollten | |
sie gar nicht missen. Allerdings müssten sie sich von Jahr zu Jahr mit | |
befristeten und schlechter bezahlten Verträgen zufrieden geben, kritisierte | |
die Gewerkschaft GEW erneut. „Für uns ist das prekäre Beschäftigung“, sa… | |
deren Vorsitzender Tom Erdmann. Bewährte Kräfte sollten dauerhaft | |
übernommen werden und sich ebenfalls als Quereinsteiger qualifizieren | |
können. | |
Scheeres lobte sich selbst jedenfalls dafür, dass Berlin weit mehr | |
LehrerInnen einstelle als nötig sei, um die „Stundentafel“ – die Gesamtz… | |
der notwendigen Unterrichtsstunden – zu erfüllen. Darauf bezogen hätten | |
Berliner Schulen im Schnitt 142 Prozent Lehrerstellen zur Verfügung. Damit | |
könnten sie zusätzliche Sprachförderung anbieten vor allem in armen | |
Quartieren mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund, | |
aber auch Inklusion und Teilungsunterricht gestalten. Einzelne Schulen, so | |
Scheeres, hätten sogar 210 Prozent Lehrkräfte. | |
„Diese Rechnung haut so nicht hin“, kontert GEW-Sprecher Arne Schaller auf | |
taz-Anfrage. Bei Krankheitsfällen etwa würden Förderunterricht und | |
Doppelsteckung als erstes gestrichen, „dabei haben wir sie aus gutem | |
Grund“. Angesichts der steigenden SchülerInnenzahl müsse das gesamte | |
Schulpersonal – auch Schulhelfer*innen, Erzieher*innen und andere – noch | |
viel mehr aufgestockt werden. | |
In der Tat bleibt ein Problem der nach wie vor schlechte Bildungsstandard | |
Berliner Schulen im Bundesvergleich, den kürzlich die Ergebnisse der | |
Vergleichsarbeiten Vera 3 erneut dokumentierten. Danach erfüllen zum | |
Beispiel 30 Prozent der Drittklässler*innen beim Lesen nicht einmal die | |
Mindestanforderungen. Auch sie sei „nicht zufrieden mit den | |
„Leistungsdaten“, gab Scheeres zu. Die Zahl der Schulabbrecher – laut ein… | |
neuen Studie der Caritas liegt Berlin hier mit 11 Prozent bundesweit an der | |
Spitze – sei „definitiv zu hoch“. | |
Besserung erhofft sich Scheeres vom „Qualitätspaket für bessere | |
Lernergebnisse“. Dazu gehört unter anderem, dass künftig in den ersten | |
beiden Klassen eine Stunde mehr Deutsch pro Woche unterrichtet wird. Die | |
Senkung der Abbrecherquote sei für sie ein „zentrales Thema“, so Scheeres … | |
aber dies sei bei der „besonderen Sozialstruktur“ Berlins eben schwierig. | |
1 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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