# taz.de -- CO2-Emissionen höher als bei Ölmultis: Fleisch und Milch ruiniere… | |
> Eine Studie legt nahe, dass die globale Viehwirtschaft ihre | |
> Treibhausgasemissionen verschleiert. Die nämlich sind viel höher als | |
> gedacht. | |
Bild: Eine Sünde? Ja, vor allem fürs Klima | |
BERLIN taz | Diese Nachricht ist ein gefundenes Fressen für alle Veganer: | |
Die globale Agroindustrie trägt nach einer neuen Untersuchung deutlich mehr | |
zum Klimawandel bei als bislang vermutet. Die fünf größten Fleisch- und | |
Milchkonzerne kommen mit ihren kombinierten CO2-Emissionen sogar auf einen | |
höheren Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen als Ölmultis wie Shell | |
oder ExxonMobil. Und nur die wenigsten Firmen aus dem weltweiten Geschäft | |
mit Milchprodukten, Hühnern, Rind- und Schweinefleisch stellen ihre | |
Ökobilanzen korrekt dar. Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie der | |
Umweltorganisation Grain und des agrarkritischen Thinktanks „Institute für | |
Agriculture and Trade Policy“. | |
Bisher richtet sich die Aufmerksamkeit beim Klimaschutz vor allem auf | |
Kraftwerke und Verkehr. Dabei ist die Viehwirtschaft nach Angaben der | |
Vereinten Nationen für knapp 15 Prozent des Problems verantwortlich. Und | |
wenn die anderen Sektoren Emissionen einsparen, die Landwirtschaft aber so | |
weitermacht, wird sie zum größten Klimakiller, warnt das Gutachten mit dem | |
Titel „Emissions impossible“. Darin heißt es: „Die Viehwirtschaft würde | |
dann 80 Prozent des globalen Budgets an Treibhausgasen auffressen.“ | |
Die Gutachter haben die direkten Emissionen (etwa aus Molkereien und | |
Schlachthöfen) der 35 weltgrößten Agrarunternehmen gesammelt erfasst. Dazu | |
recherchierten und schätzten die Experten, welche Emissionen in der | |
Wertschöpfungskette vorher anfallen: durch Aufzucht der Tiere, Abholzung | |
von Wald, Methan, Gülleproduktion. Diese machen bis zu 90 Prozent der | |
Bilanz aus, werden aber häufig verschwiegen. „Nur 14 der 35 größten | |
Unternehmen haben irgendein Reduktionsziel vorgelegt“, heißt es in der | |
Studie. „Nur 6 haben Ziele, die Lieferketten einrechnen.“ | |
Alle Unternehmen wiederum setzten auf mehr Absatz von Milch und Fleisch – | |
der Branchenriese JBS aus Brasilien rechnet mit einem jährlichen | |
Fleischkonsum von 48 Kilo pro Kopf für 2030. Dagegen müsste der Verzehr von | |
derzeit 37 auf 16 Kilo sinken, wenn die Klimaziele erreichbar bleiben | |
sollen, kalkuliert Greenpeace. Selbst die beiden Vorreiter Nestlé und | |
Danone, die absolute Ziele zur CO2-Reduktion verkündet haben, wollen ihren | |
Absatz steigern. | |
## Auch Jefta und Nafta kurbeln die Produktion an | |
Deutsche Unternehmen tauchen in dem Gutachten auf Platz 21 (das Deutsche | |
Milchkontor) und Platz 24 (der Fleischkonzern Tönnies) auf. Tönnies, das | |
auch auf Anfrage der taz keine Angaben macht, wird auf knapp 11 Millionen | |
Tonnen CO2 geschätzt – so viel wie ganz Thüringen, Heimat der | |
Rostbratwürste. | |
Die Studie kritisiert auch Handelsabkommen wie Jefta und Nafta, die den | |
globalen Konsum von Fleisch und Milch ankurbeln. Nur wenige Regionen der | |
Welt (USA, EU, China, Brasilien, Argentinien, Australien) exportieren | |
demnach mit Steuersubventionen ihre „überschüssigen Proteine“ zum Schaden | |
des Klimas in die Welt. Für Klimaschutz „müssen signifikante Einschnitte | |
bei der Fleisch- und Milchwirtschaft dieser Länder Priorität haben“, | |
fordert die Studie. Die Autoren schlagen vor, es solle auch zukünftig Milch | |
und Fleisch geben, aber produziert von kleineren Unternehmen, die regional | |
arbeiteten, faire Arbeitsbedingungen garantierten und sich an | |
Öko-Agrarstandards halten. | |
Auf UN-Ebene wird das Thema schon lange diskutiert. Die | |
Ernährungsorganisation FAO schätzte bereits 2008, dass die industrielle | |
Viehwirtschaft zu den zwei bis drei wichtigsten Ursachen der größten | |
Umweltprobleme gehört: Klimawandel, Artensterben, Landverschlechterung, | |
Wasserknappheit. | |
18 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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