# taz.de -- Preissteigerung im Emissionshandel: Luftverschmutzung wird teurer | |
> Der Preis für CO2 hat sich verdreifacht, weil eine Verknappung der | |
> Zertifikate erwartet wird. Der Trend könnte der Umwelt zugute kommen. | |
Bild: Für die Unternehmen ist der Ausstoß von Co2 noch spottbillig | |
Die Preise für CO2 steigen im europäischen Emissionshandel seit Monaten. | |
Ende der Woche wurde die Tonne für rund 17 Euro gehandelt – mehr als eine | |
Verdreifachung binnen eines Jahres. Damit kommen wieder Hoffnungen auf, | |
dass das Klimaschutzinstrument der EU doch noch Wirkung zeigen könnte. | |
Seit 2005 benötigen große Industriebetriebe für jede Tonne des | |
Treibhausgases, die sie in die Atmosphäre blasen, ein entsprechendes | |
Zertifikat. Diese Papiere sind limitiert. Indem sie gehandelt werden, | |
bekommt Umweltbelastung einen Preis, der – so die Theorie – motiviert, | |
Emissionen zu vermeiden. In der Praxis gab es jedoch stets zu viele | |
Zertifikate, mit der Folge, dass der CO2-Preis niedrig blieb. | |
Jetzt erreichen die Emissionszertifikate erstmals seit 2011 wieder ein | |
Niveau, das zumindest ansatzweise Wirkung zeigen könnte. Ab 15 Euro pro | |
Tonne gebe es erste Verschiebungen bei der Stromerzeugung von ganz alten | |
Kohle- hin zu ganz neuen Gaskraftwerken, sagt Felix Matthes, Energieexperte | |
am Öko-Institut. „Größere Potenziale können oberhalb von 30 Euro | |
erschlossen werden.“ Das ist zwar im Moment nicht unbedingt absehbar, | |
gleichwohl sind Beobachter vorsichtig optimistisch. | |
Auslöser des Preisanstiegs ist eine Reform des Emissionshandels, die im | |
April von der EU auf den Weg gebracht wurde. Dabei wurde ein Phänomen | |
beseitigt, das allgemein als „Wasserbetteffekt“ bezeichnet wird: | |
Klimaschutzmaßnahmen führten bislang dazu, dass die dadurch freiwerdenden | |
Zertifikate billig anderen Verschmutzern zur Verfügung standen. Wasserbett | |
also deswegen, weil sich beim Druck an einer Stelle andere Bereiche | |
anheben. | |
## Fantasie der Unternehmen lässt Preise steigen | |
Künftig sollen überzählige Zertifikate jedoch aus dem Markt genommen | |
werden, was mit dem Begriff Marktstabilitätsreserve umschrieben wird. Auch | |
kann ein Staat künftig Zertifikate löschen, etwa wenn er ein Kohlekraftwerk | |
stilllegt. Damit werden erstmals die Ökostrom-Förderung und der | |
Emissionshandel verzahnt. | |
Obwohl die EU mit der Reform ein wenig die Zügel anzieht, steckt hinter der | |
Preisentwicklung bislang vor allem die Fantasie der betreffenden | |
Unternehmen. „Noch sind die Zertifikate nicht verknappt, aber weil die | |
Händler damit rechnen, dass das in den kommenden Jahren geschieht, steigt | |
der Preis bereits“, erklärt Carlos Perez Linkenheil vom Analysehaus Energy | |
Brainpool. | |
Allerdings ist der Markt auch enorm sensibel gegenüber der Konjunktur: Eine | |
Rezession könnte den Preis für das Treibhausgas aufgrund sinkender | |
Industrieproduktion wieder einbrechen lassen. Es wird sich also erst noch | |
zeigen müssen, ob die Marktstabilitätsreserve dem CO2-Preis wirklich | |
langfristig Auftrieb verleiht. | |
29 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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