# taz.de -- Dietmar Bartsch über EU-Flüchtlingsgipfel: „Mauern lösen keine… | |
> Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, kritisiert die | |
> Ergebnisse des EU-Gipfels scharf. Mit brutaler Abschottung scheitere | |
> Europa. | |
Bild: „Diese Ergebnisse des Gipfels widersprechen elementaren Menschenrechten… | |
taz: Herr Bartsch, die EU-Staaten haben sich auf Aufnahmelager inner- und | |
außerhalb der EU geeinigt, die Mittelmeerroute würde damit praktisch dicht | |
gemacht. Ist das die Flüchtlingspolitik, die Sahra Wagenknecht will? | |
Dietmar Bartsch: Diese Einigung hat mit Sahra Wagenknecht überhaupt nichts | |
zu tun. Wollen wir vielleicht über Merkel und die Ergebnisse des Gipfels | |
reden? | |
Aber die Lager in- und außerhalb der EU unter Aufsicht des | |
UN-Flüchtlingswerks würden doch dafür sorgen, dass Migration aus | |
wirtschaftlichen Gründen faktisch unterbunden wird. Das ist doch ein Punkt | |
für den sich auch Sahra Wagenknecht stark gemacht hat? | |
Diese Ergebnisse des Gipfels widersprechen elementaren Menschenrechten, mit | |
dieser Politik der brutalen Abschottung scheitert Europa. Das hat mit | |
linker Politik überhaupt nichts zu tun. Der Gipfel hat kaum ein positives | |
Zeichen gesetzt, etwa dass die wirklichen Probleme angegangen werden, keine | |
wirksamen Maßnahmen, Fluchtursachen ernsthaft zu bekämpfen. Es werden | |
weiterhin Waffen aus Deutschland und Europa in Krisengebiete exportiert, es | |
bleibt bei der Freihandelpolitik zu Lasten Afrikas, es werden weiterhin | |
subventionierte Lebensmittel nach Afrika exportiert, die die einheimische | |
Landwirtschaft kaputt machen. | |
Angela Merkel hat betont, dass man partnerschaftlich mit den afrikanischen | |
Ländern zusammenarbeiten wolle, sie hat die Einigung als „gute Botschaft“ | |
verkauft. | |
Diese Einigung hilft vielleicht der Union über die nächste Klippe, aber sie | |
löst kein einziges Problem. Mauern, seien sie auch noch so hoch, lösen | |
keine Probleme. | |
Nun dominieren in der EU zurzeit nun einmal nationale Egoismen. Man konnte | |
sich gemeinsam nur auf eine Verschärfung der Asylpolitik einigen. Was wäre | |
denn die Alternative gewesen? | |
Es war Angela Merkels europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik, eine | |
Politik der Erpressung gegenüber Ländern wie Griechenland und Italien, die | |
dieses Klima der Entsolidarisierung in der EU mit erzeugt hat. Im Ergebnis | |
gibt es einen Kulturkampf von rechts. Die Linke muss dagegen ein Bollwerk | |
der Menschlichkeit sein. | |
Also offene Grenzen für alle fordern? Das ist doch unrealistisch. | |
Ich vertrete die Position der offenen Grenzen für Menschen in Not. Wir | |
engagieren uns dafür, dass jede und jeder, da wo er oder sie geboren wird, | |
seine Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln kann. Die Flüchtlinge sind | |
die Botschafter der Kriege und des schreienden Unrechts der Welt. Ich bin | |
da sehr bei Entwicklungsminister Gerd Müller, der ein deutlich höheres | |
finanzielles Engagement Deutschlands und Europas in Afrika fordert. | |
Aber wie definieren Sie Not? Es fliehen ja nicht nur Kriegsflüchtlinge oder | |
politisch Verfolgte, sondern etwa auch der Farmer, der seine Produkte auf | |
dem heimischen Markt nicht mehr absetzen kann? | |
Wir kämpfen für einen Kurswechsel, für wirkliche Veränderungen in der | |
Wirtschafts- und Handelspolitik gegenüber den Ländern, aus denen die | |
Menschen fliehen. Im Übrigen setzen wir uns für die Wiederherstellung des | |
Asylrechts ein, also für die Rücknahme der Verschärfungen. Das sollte auch | |
der Maßstab einer europäischen Asylpolitik sein. | |
Was glauben Sie, wird die Einigung wenigstens die Union retten, wird die | |
Regierungskrise überwunden? | |
Sie werden diese Scheinlösung akzeptieren. Die SPD wird leider nicken. Aber | |
diese Regierung ist bereits nach 100 Tagen in der Substanz am Ende. Wir | |
werden von einer Notkoalition der Wahlverlierer regiert. Angela Merkel ist | |
nicht einmal mehr in der Lage, konservative Politik zu machen. | |
Was erwarten Sie ab Montag von der SPD? | |
Nichts. Ich habe außerdem mit meiner Partei genug zu tun. | |
29 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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