# taz.de -- Unionsstreit nach dem EU-Gipfel: Nicht in die Karten schauen lassen | |
> Die CSU hält sich bei der Bewertung der Gipfel-Ergebnisse noch bedeckt. | |
> Der Zeitplan für eine mögliche Einigung im Unionsstreit ist eng. | |
Bild: Welches Blatt sie auf der Hand haben, wollen die Herren aus der CSU nicht… | |
MÜNCHEN/BERLIN taz | Eingraben und hochloben, so in etwa ist die | |
Gefechtslage zwischen CDU und CSU zu beschreiben. Während zahlreiche | |
CDU-PolitikerInnen die unionsinterne Konsensfähigkeit von Merkels | |
[1][Verhandlungsergebnissen in Brüssel] loben, geben sich die CSUler eher | |
schmallippig. | |
Parteichef Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und | |
Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lassen sich die Möglichkeit nicht | |
entgehen, maximale Aufmerksamkeit zu bekommen. An diesem Sonntag wollen sie | |
mit den Parteigremien und ihren Abgeordneten darüber entscheiden, ob | |
Merkels Ergebnis wie gefordert „wirkungsadäquat“ ist zu ihrem Beschluss, | |
künftig bereits in der EU registrierte Geflüchtete an der deutschen Grenze | |
zurückzuweisen. | |
Alexander Dobrindt lässt alles in der Schwebe. Für seine CSU seien | |
„nationale Maßnahmen noch nicht vom Tisch“, sagt er. „Ich stelle fest, d… | |
zur Vermeidung von Sekundärmigration das Ergreifen von nationalen Maßnahmen | |
ausdrücklich im Ratspapier vorgesehen ist.“ Dass es doch noch was werden | |
könnte mit der Zustimmung zu Merkel, deutet das von ihr übernommene | |
Wortungetüm „Sekundärmigration“ an. Nun, da es erste Rücknahmeabkommen m… | |
Spanien und Griechenland geben wird, könnte das Mittel der Zurückweisung | |
zumindest unbedeutender werden. | |
Verdächtig still ist es um Horst Seehofer. Der Bundesinnenminister werde | |
eine Bewertung „nicht anhand von Pressemitteilungen und | |
Abschlusserklärungen“ vornehmen, er wolle dazu mit Merkel und weiteren | |
Beteiligten sprechen, sagt seine Sprecherin. Für Irritationen sorgt eine | |
ebenfalls am Freitag bekannt gewordene Terminsache. Die ursprünglich für | |
Dienstag angekündigte Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes wird ohne | |
Angabe von Gründen abgesagt. Sofort schießen Spekulationen ins Kraut, | |
Seehofer könnte dann möglicherweise nicht mehr Bundesinnenminister sein. | |
Das wäre der Fall, wenn die CSU sich am Sonntag für die [2][höchste | |
denkbare Eskalationsstufe], die Zurückweisung von Flüchtlingen im | |
nationalen Alleingang, entschiede. Damit würde Seehofer die Vereinbarungen | |
seiner Kanzlerin torpedieren, sie müsste ihn entlassen. Es wäre das Ende | |
dieser Bundesregierung. Ausschließen will das kaum jemand. Es hätte auch | |
eine gewisse Folgerichtigkeit. Andererseits ist zu vermuten, dass diese | |
Konsequenz beide Unionsschwestern schädigen würde. Deshalb könnten beide | |
Seiten – aus purem Selbsterhaltungstrieb – auch wieder nach einer für alle | |
gesichtswahrenden Sprachregelung suchen. | |
Erwartet wird, dass die tatsächliche Einigung oder Nichteinigung vor dem | |
Beginn des CSU-Treffens am Sonntag um 15 Uhr längst ausgehandelt sein wird. | |
Der Zeitplan dafür ist verdammt eng. Bereits um 14 Uhr, eine Stunde vor | |
Highnoon in München, zeichnet das ZDF sein Sommerinterview mit der | |
Kanzlerin auf. Ab 17 Uhr tagt im Konrad-Adenauer-Haus das CDU-Präsidium, ab | |
19 Uhr der Parteivorstand. Es folgt eine Presseunterrichtung. Wenn gegen | |
21.45 Uhr Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in der ARD-Talkshow von | |
Anne Will Platz nimmt, gibt es entweder Bemäntelungsrhetorik oder | |
Krisenkommunikation. Für das Team Merkel tritt an diesem Fernsehabend | |
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther an. Dem 44-Jährigen | |
trauen viele eine wichtige bundespolitische Rolle zu. | |
29 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
Anja Maier | |
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