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# taz.de -- Familiennachzug nach Deutschland: 70.000 Syrer und Iraker warten
> Regelmäßig geistern Szenarien von massenhafter Zuwanderung per
> Familiennachzug durch die Republik. Wie viele kommen tatsächlich? Die
> aktuellen Zahlen.
Bild: Es geht um das Menschenrecht auf Familienleben
Berlin dpa | Rund 70.000 Syrer und Iraker bemühen sich derzeit um einen
Familiennachzug zu Angehörigen in Deutschland. Das erfuhr die Deutsche
Presse-Agentur aus dem Auswärtigen Amt. Demnach liegen an den zuständigen
deutschen Auslandsvertretungen in Beirut, Amman, Erbil, Ankara, Istanbul
und Izmir in dieser Zahl Terminanfragen für einen Familiennachzug zu
syrischen und irakischen Schutzberechtigten vor.
Von Anfang 2015 bis Mitte 2017 erteilte das Außenamt bereits rund 102.000
Visa zum Familiennachzug für Syrer und Iraker. Auf Basis der
Terminbuchungen und bisheriger Werte schätzt das Ministerium, dass bis 2018
etwa 100.000 bis 200.000 weitere hinzukommen könnten. Die Linke-Politikerin
Ulla Jelpke sprach von einer überschaubaren Zahl und forderte, den
Familiennachzug nicht weiter einzuschränken.
Asylsuchende, die in Deutschland Schutz bekommen, dürfen Ehepartner und
minderjährige Kinder zum Teil nachholen. Andersherum dürfen auch anerkannte
minderjährige Flüchtlinge ihre Eltern hinterherholen.
Für eine bestimmte Gruppe mit eingeschränktem Schutzstatus, subsidiär
Geschützte, hatte die große Koalition den Familiennachzug im März 2016
beschränkt und für zwei Jahre ausgesetzt: bis März 2018. Die Union will bei
dieser Gruppe auch über diesen Termin hinaus verbieten, dass enge
Familienangehörige nach Deutschland nachziehen. Die Grünen – mit der FDP
möglicher Partner von CDU und CSU in einer Jamaika-Koalition – lehnen dies
ab.
Jelpke kritisierte die Pläne von CDU und CSU scharf. „Eine weitere
Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzbedürftigen wäre nicht
nur grausam und unmenschlich, sie wäre auch verfassungswidrig und damit ein
Anschlag auf die Demokratie.“ CDU und CSU müssten endlich aufhören,
„Flüchtlinge zum angeblich größten Problem dieses Landes zu erklären“. …
Jelpke hatte bei der Bundesregierung Details zur Größenordnung beim
Familiennachzug erfragt.
## „Eine absolut überschaubare Zahl“
Mit Blick auf die 70.000 Syrer und Iraker, die derzeit auf ein Visum zum
Familiennachzug warten, und mit Blick auf die weitere Schätzung der
Bundesregierung sagte sie: „Das ist eine absolut überschaubare und ohne
Zweifel beherrschbare Zahl, selbst wenn im nächsten Jahr der Nachzug zu
subsidiär Schutzberechtigten wieder möglich werden sollte.“ Es gehe um das
Menschenrecht auf Familienleben.
Das Auswärtige Amt ist dafür zuständig, Visa zum Familiennachzug zu
erteilen. Von Januar 2015 bis Ende Juni 2017 bewilligte das Außenamt nach
eigenen Angaben weltweit 230.000 solcher Anträge. Das betrifft Menschen aus
allen möglichen Staaten jenseits der EU – und nur zu einem Teil
Flüchtlinge. Unter den anerkannten Schutzberechtigten mit Anspruch auf
Familiennachzug bilden Syrer mit Abstand die größte Gruppe. Zwischen Anfang
2015 und Mitte 2017 gingen 102.000 Visa zum Familiennachzug an Syrer und
Iraker, rund 3.000 an Afghanen.
Aus dem Außenamt hieß es, bis 2018 könnten – zusätzlich zu den 102.000
erteilten Einreiseerlaubnissen – schätzungsweise etwa 100.000 bis 200.000
weitere Familienangehörige zu Syrern und Irakern nach Deutschland
nachziehen. Einkalkuliert seien hier die Angehörigen der etwa 128.000
syrischen und irakischen subsidiär Schutzberechtigten, die ab März 2018
wieder den Familiennachzug beantragen könnten. Wie viele davon Gebrauch
machten, lasse sich nicht vorhersagen.
Offen ist aber auch, ob die Beschränkung im März 2018 überhaupt ausläuft.
Dies wird in den Gesprächen über eine Jamaika-Koalition eine Rolle spielen.
Die Grünen wollen – anders als die Union –, dass subsidiär Geschützte
künftig wieder ihre Familie nachholen können.
Der Familiennachzug hatte schon in den vergangenen Jahren und auch im
Bundestagswahlkampf eine große Rolle gespielt. Regelmäßig kursieren Zahlen
und Schätzungen, wonach angeblich viele Hunderttausend Menschen – oder gar
Millionen, wie die AfD zuletzt verbreitete – über den Familiennachzug
zusätzlich ins Land kommen könnten. Jelpke nannte solche Zahlen „grotesk“
und „pure Hetze, ohne jeden Realitätsbezug“.
11 Oct 2017
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