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# taz.de -- Grüne Jugend zum Unionskurs: „Jamaika kann uns schreddern“
> Die Junggrüne Jamila Schäfer wirft der CSU vor, das Geschäft der AfD zu
> betreiben. Die Grünen würden die 200.000-Begrenzung „nicht mittragen“.
Bild: Die Spitzenleute der Grünen wollen gerne regieren. Die Frage ist: Um wel…
taz: Frau Schäfer, die Grünen-Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin
Göring-Eckardt vermeiden harte Kritik am Migrationsdeal von CDU und CSU.
Wie finden Sie das?
Jamila Schäfer: Mir ist wichtig, dass Cem und Katrin grüne Positionen hart
in Sondierungen verhandeln. Da habe ich keine Sorge. Aber es stimmt: Der
grundlegende Dissens in der Flüchtlingspolitik zwischen den Grünen und CDU
und CSU könnte schärfer herausgearbeitet werden.
Vielleicht ist der Dissens gar nicht so groß? Die angebliche Obergrenze von
200.000 Flüchtlingen ist in dem Kompromisspapier von CDU und CSU
windelweich formuliert.
Das sehe ich anders. Die CSU drängt nicht ohne Grund auf eine feste Zahl.
Sie will, dass sich die Gesetzgebung daran orientiert – auch wenn die
Formulierung Spielräume lässt. Wer verschiedene Gruppen Schutzbedürftiger,
Asylbewerber, subsidiär Geschützte oder nachziehende Familienangehörige, in
einen Topf wirft, spielt Menschen zynisch gegeneinander aus. Das werden die
Grünen nicht mittragen.
Auch die Grünen sind für den Schutz der EU-Außengrenzen, und sie fordern
Flüchtlingskontingente, die in der Regel begrenzt sind. Wo ist der
Unterschied?
Ganz einfach: Die CSU addiert Menschen, ihre Kontingente gehen auf Kosten
von anderen. Wenn viele Asylbewerber nach Deutschland kommen oder viele
Familienangehörige nachziehen, dann gibt es nach dem Willen der Union
innerhalb der 200.000-Grenze weniger Platz für Menschen in
Resettlement-Programmen. Die Grünen werben für diverse humanitäre
Maßnahmen, die nebeneinander existieren und keine Begrenzung haben. Der
Familiennachzug muss zum Beispiel wieder uneingeschränkt gelten. Nur ein
Geflüchteter, der seine Familie in Sicherheit und bei sich weiß, kann sich
integrieren.
Müssen die Grünen ehrlicher sein? Die Wahrheit ist doch, dass Ihre
Parteiführung auch nicht möchte, das hunderttausende arme und schlecht
qualifizierte Menschen aus Afrika nach Deutschland kommen.
Die Grünen stehen wie keine andere Partei für eine
menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik. Wir lehnen die von Merkel
organisierte Zusammenarbeit mit autoritären Regimen ab, mit der Flüchtlinge
von der EU abgehalten werden sollen. Dass die Kanzlerin auf eine
Zusammenarbeit mit Libyen setzt, halte ich für einen Skandal. Dort gibt es
Internierungslager, in denen Leute in unwürdigen Zuständen eingepfercht
sind. Wer will garantieren, dass dort rechtsstaatliche Verfahren
eingehalten werden?
Können Sie das Bemühen der CSU nachvollziehen, rechts von sich keine Partei
zu dulden?
Ich finde das, was die CSU tut, zerstörerisch. Wer die ganze Zeit über
Abschottung, Begrenzung und Zahlen redet, wenn es um Schutzsuchende geht,
der schafft keine Empathie. Die CSU betreibt das Geschäft der AfD. Sie darf
sich über die Wahlergebnisse der Rechtspopulisten nicht wundern. Bei dem
Migrationsdeal zwischen CDU und CSU hat sich Seehofer gegen Merkel
durchgesetzt. Die Union schwenkt weiter nach Rechts.
Müssen die Grünen dann wegen der Flüchtlingspolitik Jamaika platzen lassen?
Wir haben uns als Partei darauf geeinigt, ernsthaft alle Optionen zu
sondieren. Ich glaube, dass dieses Bündnis für die Zukunft der Grünen ein
hohes Risiko darstellt. Jamaika kann uns schreddern. Die
gesellschaftspolitischen Analysen unterscheiden sich einfach grundsätzlich.
Die Union schert nach Rechts aus, um die AfD zu bekämpfen. Wir bleiben eine
progressive Kraft und kritisieren den Status Quo.
Aber Sie fordern auch nicht, Jamaika auszuschließen und in die Opposition
zu gehen?
Wir müssen sondieren. Und dann schauen, wie die Gespräche laufen. Aber
natürlich ist die Opposition eine Option.
10 Oct 2017
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
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