| # taz.de -- Kommentar Protest gegen Gentrifizierung: Das neue Berliner Mieteina… | |
| > Initiativen von Mietern wie Kotti & Co kämpfen gegen immer dreister | |
| > auftretende Investoren. Doch auf wessen Seite steht eigentlich die | |
| > Politik? | |
| Bild: Der Erfolgsslogan der Initiative | |
| Es tut sich was in Berlin: In der Kreuzberger Otto-Suhr-Siedlung, im | |
| Mariannenkiez, aber auch in Tegel oder Lichtenberg haben sich in den | |
| letzten Monaten neue Mieterinitiativen gegründet. | |
| Gleichzeitig gibt es gerade aus Kreuzberg immer wieder Erfolgsmeldungen, | |
| die zeigen, dass sich der Protest gegen Verdrängung lohnen kann: Die | |
| Gewerbemieter der Lausitzer Straße 10 haben den Verkauf ihres Hauses | |
| zumindest vorerst abgewendet, die Café-Bäckerei Filou darf ebenso bleiben | |
| wie die Buchhandlung Kisch & Co, und der Gemischtwarenladen M99 hat eine | |
| neue Bleibe in der Falckensteinstraße gefunden. | |
| Dazu passt das Jubiläum der Mieterinitiative Kotti & Co, die in diesen | |
| Tagen das fünfjährige Bestehen ihres Protesthäuschens am südlichen | |
| Kottbusser Tor feiert. Denn es gibt einige Aspekte des Protests, bei denen | |
| diese Gruppe echten Modellcharakter hat: Der positive Bezug auf den eigenen | |
| Kiez etwa, und zwar gerade an Orten, die es selten mit positiven | |
| Nachrichten in die Schlagzeilen schaffen. | |
| „We love Kotti“, machten die AktivistInnen von Anfang an klar – das | |
| dazugehörige Herzchen-Logo findet sich jetzt bei den protestierenden | |
| MieterInnen der Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg wieder, deren Heimat eine | |
| der ärmsten Wohngegenden Berlins ist. Auch das selbstverständliche | |
| Miteinander von MieterInnen mit und ohne Migrationserfahrung hat Kotti & Co | |
| vorgemacht wie keine andere Initiative zuvor. | |
| Die Berliner Mietenbewegung, die vor fünf Jahren mit dem Protestcamp am | |
| Kotti neuen Schwung erhielt, ist noch lange nicht an ihrem Ende – gut | |
| möglich, dass der Höhepunkt des Protestzyklus noch bevorsteht, wie kürzlich | |
| Andrej Holm prognostizierte. Es ist die dynamischste soziale Bewegung der | |
| Stadt, deren Strahlkraft auch weit darüber hinausreicht, wie erst vor ein | |
| paar Wochen ein Artikel der New York Times über Berlins „growing grass-root | |
| movement against gentrification“ gezeigt hat. | |
| Allerdings: Nicht nur die Zahl der kampfbereiten MieterInnen wächst, | |
| sondern auch die Größe der Herausforderung, mit der sich diese konfrontiert | |
| sehen. Das gilt nicht nur für die tausenden Wohnungen, die in den nächsten | |
| Jahren endgültig aus der Mietbindung des sozialen Wohnungsbaus | |
| herausfallen, weil die entsprechenden Fristen auslaufen. Das gilt auch für | |
| die MieterInnen bei Unternehmen wie der Deutschen Wohnen, in Berlin der | |
| größte private Wohnungseigentümer und bisher nicht einmal bereit, den | |
| Berliner Mietspiegel anzuerkennen. | |
| Verdrängung betrifft immer mehr Menschen, Milieus und Stadtteile, die | |
| Auseinandersetzungen werden härter. Wichtig bleibt die Frage, wer | |
| eigentlich gegen wen kämpft: MieterInnen und Politik gemeinsam gegen | |
| Investoren, mit denen eine sozialverträgliche Stadtplanung nicht zu machen | |
| ist? Oder, wie es bislang schien, MieterInnen gegen einen Filz aus Politik, | |
| Wirtschaft und Verwaltung, in dem Mieterinteressen stets an letzter Stelle | |
| kommen? | |
| Die Rhetorik des neuen Senats oder des neuen Baustadtrats in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, aber auch Erfolge wie die Rekommunalisierung des | |
| Neuen Kreuzberger Zentrums am Kottbusser Tor geben Anlass zur Hoffnung, | |
| dass sich die Verhältnisse hier verschieben werden. | |
| Ein Schlüsselkonflikt ist aber nach wie vor ungelöst: Eine | |
| Rekommunalisierung bringt nur dann eine Wende in der Stadtentwicklung, wenn | |
| die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften tatsächlich die demokratisch | |
| kontrollierte, sozialverträgliche Mietenpolitik betreiben, mit der sie | |
| beauftragt sind. Daran hat es immer wieder Zweifel gegeben – genau da aber | |
| liegt das Potenzial, Berliner Stadtentwicklungsgeschichte zu schreiben. | |
| Dieser Text ist Teil des aktuellen Schwerpunkts in der Wochenendausgabe der | |
| taz.Berlin. Darin außerdem: Ein langes Gespräch mit MitstreiterInnen von | |
| Kotti & Co. In Ihrem Briefkasten und am Kiosk. | |
| 28 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
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