# taz.de -- Fake News, Social Bots, Hate: Was ist das eigentlich? | |
> Überall ist von Fake News die Rede, Social Bots sind auf Twitter | |
> unterwegs, dort tümmeln sich auch Hater. What? Eine kleine Sachkunde. | |
Bild: Kommunikation im Netz läuft anders als offline | |
FAKE NEWS | |
Was ist das? | |
Fake News sind bewusst verbreitete Falschmeldungen – wobei der Begriff | |
bekanntlich immer mehr verschwimmt. Je nachdem, welche Definition verwendet | |
wird, fallen auch Gerüchte, satirische Meldungen und Hoaxes darunter. Und | |
Trump klebt das Etikett auf jede Berichterstattung, die ihm nicht gefällt. | |
Sicher ist: Schon lange vor dem Internet erfanden Menschen und Medien | |
Lügen. Über die sozialen Netzwerke können sie aber heute eine hohe | |
Verbreitung finden: Manche Falschmeldungen hatten in den letzten Wochen des | |
US-Wahlkampfs höhere Klickzahlen als seriöse Nachrichten. | |
Ist das erlaubt? | |
Artikel 5 des Grundgesetzes gesteht zunächst einmal jedem Menschen das | |
Recht zu, sich frei zu äußern – auch Lügen sind erlaubt, solange sie nicht | |
gegen ein anderes Gesetz verstoßen. Gegen falsche Tatsachenbehauptungen | |
kann der Betroffene klagen. Wenn es keine direkt Betroffenen gibt, etwa | |
wenn eine Meldung Geflüchtete als kriminell diffamiert, kann man nichts | |
machen. Außer es liegt ein Straftatbestand wie Volksverhetzung vor. | |
Das fordert die Politik | |
Die Union fordert eine [1][Gegendarstellungspflicht] in sozialen | |
Netzwerken. Die [2][Grünen fordern], die sozialen Netzwerke stärker zur | |
Verantwortung zu ziehen und geltendes Recht besser umzusetzen. Unternehmen | |
sollen regelmäßig berichten müssen, wie sie gegen Falschmeldungen agieren. | |
Bußgelder oder Gewinnabschöpfungen sollen bei Nachlässigkeit als Sanktionen | |
dienen. Die Linke schlägt einen Social-Media-Rat vor, der Facebook und Co. | |
als unabhängiges Gremium kontrolliert. | |
Das ist problematisch | |
Medien kontrollieren zu wollen ist an sich problematisch. Bei | |
redaktionellen Medien wie Zeitungen und Fernsehsendern sollen der Presse- | |
und der Rundfunkrat bestimmte Standards gewährleisten. Die sozialen | |
Netzwerke kontrolliert derzeit niemand, obwohl auch über sie Nachrichten | |
verbreitet werden – teils von redaktionellen Medien, teils nicht. Damit | |
haben die Netzwerke ziemlich viel Macht über die Verbreitung von | |
Information. Diese Macht an eine Kontrollinstanz zu übergeben ist aber | |
genauso fragwürdig. | |
Das könnte noch helfen | |
Es gibt Browser-Erweiterungen, die Fake News kenntlich machen sollen. Die | |
Initiative [3][Hoaxmap.org] dokumentiert und entlarvt Falschmeldungen. | |
Langfristig können Kinder in den Schulen dafür sensibilisiert werden, | |
Netzquellen kritisch zu betrachten. | |
SOCIAL BOTS | |
Was ist das? | |
Meist ist mit Social Bot diese Definition gemeint: ein Programm, das in | |
sozialen Netzwerken versucht, eine menschliche Identität vorzutäuschen. | |
Manche können nur simple Antworten auf bestimmte Hashtags geben oder Tweets | |
zu einem bestimmten Thema weiterverbreiten. Solche primitiven Bots sind | |
nicht schwer zu programmieren, und wer sich die Mühe nicht selber machen | |
will, kann auch ganze Armeen dieser Programme im Internet mieten oder | |
kaufen. Komplexere Bots können auch Inhalte analysieren und Unterhaltungen | |
führen. | |
Ist das erlaubt? | |
Social Bots sind nach deutschem Recht legal. Soziale Netzwerke können die | |
Verwendung der Bots in ihren AGBs einschränken oder verbieten. Sobald ein | |
Social Bot etwas Verbotenes tut, also zum Beispiel die Privatsphäre eines | |
Menschen verletzt oder zu Gewalt aufruft, kann rechtlich dagegen | |
vorgegangen werden – wenn man denn weiß, wen man belangen soll. Diejenigen, | |
die den Bot programmiert haben, sind selten auffindbar. Ob die | |
Netzbetreiber mitverantwortlich sind, ist rechtlich noch umstritten. | |
Das fordert die Politik | |
Die Grünen und die SPD fordern eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für | |
Bots. Die Linke und die FDP haben sich für ein Abkommen unter den Parteien | |
ausgesprochen, das die Verwendung von Social Bots ausschließt. | |
Das ist problematisch | |
Der Begriff „Bot“ ist vielseitig und kann in einer breiten Definition alle | |
möglichen, auch sinnvollen Programme beinhalten. Für ein Verbot müsste erst | |
einmal definiert werden, was genau gemeint ist. Eine Kennzeichnungspflicht | |
hält die Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Kleinen-von Königslöw | |
für eine sinnvolle Maßnahme: „Das wird das Problem zwar nicht aus der Welt | |
schaffen, aber alles, was die Menschen sensibilisiert und dazu anregt, | |
Quellen zu hinterfragen, kann die Situation verbessern.“ | |
Das könnte noch helfen | |
Die Initiative [4][Botswatch] analysiert den Einsatz von Bots bei | |
bestimmten politischen Ereignissen. Auf der Webseite „[5][Bot or Not]“ der | |
Indiana University können Nutzer Bot-verdächtige Twitterprofile prüfen | |
lassen. | |
HATE | |
Was ist das? | |
Hass im Netz ist nichts anderes als Hass im Rest der Welt. Die hohe | |
Reichweite und die Anonymität im Web bereiten allerdings den idealen | |
Nährboden für Hetze, Verleumdungen und Beleidigungen. Als Überbegriff ist | |
auch oft von „Hatespeech“ die Rede. Die Verbreiter von Hass im Netz | |
bezeichnet man manchmal als „Trolle“. Viele Menschen sind im Internet nicht | |
mit ihrem echten Namen unterwegs oder geben ihn beim Kommentieren nicht an. | |
Auch Bots können Hasskommentare verbreiten. | |
Ist das erlaubt? | |
Wie in der Welt jenseits des Webs auch, kann man Menschen bei Beleidigung, | |
Verleumdung oder übler Nachrede anzeigen. Das ist jedoch aufwändig, und die | |
Aufklärungsrate ist niedrig, sodass viele Verstöße gar nicht erst gemeldet | |
werden. | |
Das fordert die Politik | |
Heiko Maas’ Gesetzentwurf sieht vor, dass die Betreiber sozialer Netzwerke | |
Strafen zahlen müssen, wenn sie gesetzeswidrige Beiträge nicht schnell | |
löschen. Die Grünen fordern, [6][„offensichtliche Verleumdungen und üble | |
Nachrede“] binnen 24 Stunden zu prüfen und zu löschen. Der | |
Social-Media-Rat, den die Linken vorschlagen, soll als unabhängiges Gremium | |
auch die Löschung von Gewaltaufrufen in den Netzwerken überwachen. | |
Das ist problematisch | |
[7][ExpertInnen befürchten], dass unerreichbare Forderungen die Netzwerke | |
zur Zensur motivieren könnten. „Solche Strafen hätten einfach nur die | |
komplette Überforderung der Unternehmen als Folge“, sagt die | |
Kommunikationswissenschaftlerin Kleinen-von Königslöw. Um Strafen zu | |
umgehen, würden die Netzwerke womöglich große Zahlen von Beiträgen | |
ungeprüft löschen – und damit die Meinungs- und Pressefreiheit | |
einschränken. Das Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen, Matthias | |
Spielkamp, fordert, das Löschen von Inhalten überhaupt nicht mehr den | |
Netzwerken zu überlassen, sondern nur noch unabhängigen Gerichten. | |
Das könnte noch helfen | |
Viele Medien lassen auf ihren Webseiten Kommentare nur noch unter | |
bestimmten Artikeln und in moderierten Foren zu. Auch auf Facebook könnte | |
es eine sinnvolle Option sein, Kommentare unter manchen Beiträgen | |
auszuschalten. Das fordert zum Beispiel die Social-Media-Koordinatorin der | |
„Tagesschau“, [8][Anna-Mareike Krause]. Die Initiative [9][schau-hin.info] | |
bietet Informationen und Beratung für Eltern und Kinder. | |
17 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-12/bundestagswahl-2017-fake-new… | |
[2] https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion… | |
[3] http://hoaxmap.org/ | |
[4] http://botswatch.de/ | |
[5] https://truthy.indiana.edu/botornot/ | |
[6] https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion… | |
[7] http://www.heute.de/spd-naher-verein-d64-kritisiert-gesetz-von-heiko-maas-g… | |
[8] http://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/faszination-wissen/kommentare-hass-… | |
[9] https://www.schau-hin.info/ | |
## AUTOREN | |
Marie Kilg | |
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