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# taz.de -- Kommentar Hatespeech auf Facebook: Maas macht Dampf
> Online-Netzwerke tun zu wenig, um Strafbares schnell zu entfernen. Der
> Bußgeld-Vorschlag des Justizministers präzisiert, was „unverzüglich“
> heißt.
Bild: Oft wissen Opfer gar nicht, wer sie verleumdet. Hauptübeltäter ist ja n…
Im Internet hat der Hass eine neue Dimension. Er erreicht mehr Menschen als
früher, er kann leichter verbreitet werden und er bleibt dauerhaft
auffindbar. Soziale Netzwerke wie Facebook engagieren sich bisher viel zu
wenig, um Strafbares schnell von ihren Plattformen zu entfernen. Wer
entsprechende Inhalte bei Facebook meldet, bekommt meist nur die Nachricht,
sie widersprächen nicht den „Gemeinschafts-Standards“ – ohne weitere
Begründung.
Nach langem Zögern startet Justizminister Heiko Maas (SPD) nun doch noch
eine Initiative, um Facebook, Twitter und Co. Dampf zu machen. [1][Sein
Vorschlag] enthält keine revolutionären Neuigkeiten. Schon bisher muss
Facebook rechtswidrige Inhalte „unverzüglich“ löschen oder sperren, nachd…
es Kenntnis davon erhält. Das ist seit Jahren im Telemediengesetz geregelt.
Im Entwurf zu Maas' „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in
sozialen Netzwerken“ (NetzDG) wird nun vor allem präzisiert, was
„unverzüglich“ heißt: Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen binnen…
Stunden gelöscht werden, sonstige rechtswidrige Inhalte nach sieben Tagen.
Bisher können Betroffene, die in einem Netzwerk beleidigt oder verleumdet
wurden, zivilrechtlich die Löschung der Hass-Nachricht verlangen. Falls das
Netzwerk nicht reagiert, kann der Betroffene auch Schadensersatz einklagen.
Nun sollen noch staatliche Bußgelder hinzukommen: Wenn das
Beschwerdemanagement des Netzwerks nicht richtig funktioniert, müsste es
künftig bis zu 50 Millionen Euro Bußgeld zahlen.
Dass auch der Staat aktiv werden kann, ist sinnvoll, da bei einigen
Hassdelikten wie Volksverhetzung einzelne Personen nicht klageberechtigt
sind. Soweit es aber private Betroffene gibt, hätte Maas ihnen einen
Auskunftsanspruch gegen die Netzwerke geben sollen. Denn oft wissen die
Opfer gar nicht, wer sie verleumdet hat und gegen wen sie juristisch
vorgehen können. Der Hauptübeltäter ist ja nicht Facebook. Schade, dass
Maas das vergessen hat.
Sinnvoll ist wiederum, dass ein Netzwerk künftig auch Kopien eines
strafbaren Inhalts löschen und jedes neue Hochladen solcher Dateien
verhindern muss. Genau das wollte der Geflüchtete, der neulich beim
Landgericht Würzburg gegen Facebook klagte, erreichen. Das Photo seines
Selfies mit der Kanzlerin wurde x-fach im Netz geteilt und mit allerlei
Straftaten in Verbindung gebracht, die ihm angedichtet wurden. Was das
Landgericht Würzburg ihm im Eilverfahren verweigerte, soll jetzt das neue
Gesetz bringen.
Kritiker warnen, dass Facebook, Twitter und die anderen privaten Netzwerke
nun als Richter agieren müssen. Doch das ist nicht neu: Dienstanbieter
müssen schon heute rechtswidrige Inhalte löschen. Die derzeitige Praxis
zeigt aber, dass sie schon aus Geschäftsinteresse kontroverse Inhalte nicht
voreilig löschen. Gegen leichtfertige Löschung von Postings seitens der
Netzwerke hilft auch, dass das geplante Gesetz eine Benachrichtigung des
angeschwärzten Urhebers vorsieht. Wenn er seine Äußerung für legal hält,
kann er klagen. Die Letztentscheidung liegt also immer noch bei den
Gerichten. Der benachrichtigte Urheber kann den Fall aber auch einfach
publik machen. Dann stünde Facebook als Zensor am Pranger – was dem
Netzwerk sicher auch nicht schmeckt.
All dies dürfte vorauseilende Überreaktionen verhindern. Im Interesse der
Opfer von Netz-Hass kann und sollte Maas‘ Ansatz also durchaus ausprobiert
werden.
15 Mar 2017
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## AUTOREN
Christian Rath
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