Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Echokammer im Internet: Raus aus der Komfortzone!
> Facebook und Google lassen immer mächtigere Echokammern entstehen.
> Allerdings tummeln sich darin nicht nur Rechtspopulist*innen.
Bild: Die gute alte Speisekammer konserviert statt rechtem Meinungsbrei harmlos…
Ein Wort geistert seit geraumer Zeit durch die Medien: die Echokammer. Von
den drei Sozialwissenschaftlern [1][Walter Quattrociocchi, Antonio Scala
und Cass Sunstein] in den USA erfunden, taucht es in journalistischen
Artikeln auf und versucht zu erklären, was Internet und soziale Netzwerke
mit unserer Gesellschaft machen. Meistens steht zwischen den Zeilen eine
Warnung: dass Menschen ins rechte Lager abdriften und sich in ihrem
Meinungsbild zunehmend radikalisieren.
Schuld an der aufkeimenden Wutkultur seien vor allem Google und Facebook,
die mit ihren Algorithmen dafür sorgten, dass jeder Suchprozess oder
Newsfeed-Post jene personalisierten Ergebnisse vor das Konsument_innen-Auge
spüle, die eh schon ins Weltbild passten.„Fake News“ und
Verschwörungstheorien machten so die Runde innerhalb meinungshomogener
Kreise, mobilisiert durch die Kettenreaktionen aus Likes und Shares.
Im Grunde wird das beflügelte „Wir sehen nur, was wir sehen wollen“
umgewandelt in „Wir sehen nur das, von dem Google und Facebook wissen, dass
wir es sehen wollen“. Doch die Konzerne weisen die Verantwortung bisher
stets von sich. Facebook sei schließlich keine Nachrichtenagentur und
kontrolliere auch keine Newsfeeds, heißt es in einem Statement von [2][Andy
Mitchell], Mitarbeiter des Unternehmens und zuständig für Nachrichten und
Medienkooperationen, auf einer Konferenz im Frühjahr 2015.
So entwickelt sich etwas, das offenkundig Schaden anrichtet, ungehemmt
weiter. Ob die eingangs erwähnte wiederkehrende Warnung vor der Macht der
widerhallenden Kommunikationsräume wirkungsvoll ist und Konsument_innen zur
Gegenwehr treibt, bleibt fraglich. Ruhe bewahren und weitermachen ist da
eher die Devise. Oder noch’ne Runde Netflix schauen.
## Gegen Echo hilft: Reden
Es mangelt an Aktionismus derjenigen, die sich nicht zu diesen
Echokammer-Menschen zählen, sich aber bei genauerem Hinschauen in den
gleichen Informations- und Meinungskuhlen suhlen. Klar, das sorgt für
Zufriedenheit, so wird man wieder und wieder in seiner politischen Haltung
bestätigt. Es werden Zweifel besänftigt, aber auch Ängste geschürt – und …
werden die Schotten dicht gemacht.Das ewig widerhallende und den
gesellschaftlichen Frieden vergiftende Wut-Echo kann nicht durchbrochen
werden, wenn die Möglichkeiten des Austausches verriegelt werden.
Es gibt Menschen, die noch vor der Tür zur rechten Ideologiekammer des
Schreckens stehen und blind nach dem Eingang tasten, und auch solche, die
zwar mit einem Fuß drin stehen, sich aber nicht sicher sind, ob ihnen das
Schauspiel darin wirklich so gut gefällt. Selbst die, die schon drinnen
sind, könnten noch zu retten sein. Sie sind Teil der Gesellschaft und
lassen sich überzeugen, sofern Menschen ihre eigene gemütliche Echokammer
verlassen, um mit ihnen auf Augenhöhe und wutfrei eine Unterhaltung zu
führen, etwa über unser politisches System und warum es sich lohnt, es
aufrechtzuerhalten, oder zur Annäherung auch erst mal über den Umgang mit
sozialen Netzwerken im Internet.
17 Jan 2017
## LINKS
[1] https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2795110
[2] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/filterblase-radikalisierung-auf-…
## AUTOREN
Nora Belghaus
## TAGS
Wortkunde
Rechtspopulismus
Algorithmen
Medienregulierung
Internet
Dorf
Soziale Netzwerke
Digitalisierung
Junge Freiheit
Fake News
Internet
Fake News
Wort des Jahres
Internet
Fake News
Internet
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte Selektive Wahrnehmung: Vom Glück der Blase
Unsere Autorin fühlt sich in keiner Filterblase zu Hause. Sie erklärt,
warum die Mengenlehre ohnehin ein besseres Leben verspricht.
Fake News, Social Bots, Hate: Was ist das eigentlich?
Überall ist von Fake News die Rede, Social Bots sind auf Twitter unterwegs,
dort tümmeln sich auch Hater. What? Eine kleine Sachkunde.
Aus Le Monde diplomatique: Die Filterblasen müssen platzen
Nach der Euphorie über das Internet folgt die Depression. Statt Befreiung
schafft es Leere. Der Widerstand dagegen könnte uns der Revolution näher
bringen.
Januar 2017 in rechten Medien: Rein in die rechte Blase
„Nafris“, Trump und Höcke: Worüber haben rechte Medien im Januar
diskutiert? Wir haben sie gelesen, damit andere es nicht tun müssen.
Umgang in Sozialen Netzwerken: Schwarz-Grün gegen Social Bots
Die Grünen fordern eine Kennzeichnungspflicht für maschinell erstellte
Meldungen. Die CSU auch – und will sich auch um Cybermobbing und Fake News
kümmern.
Bestandsaufnahme zum Internet: Zustand des Patienten ist kritisch
Die Mozilla-Stiftung legt einen Report zur Gesundheit des Internets vor.
Der Zugang zum Internet ist in weiten Teilen der Welt immer noch nicht gut
genug.
Maßnahmen gegen Fake News: „Ganz normale Recherche“
Das Recherchebüro Correctiv soll Fake News auf Facebook entlarven. Zuviel
Arbeit? Correctiv legt einfach mal los.
Kommentar Unwort des Jahres: Die Sprache des Mobs
Ja, sie tun weh, die Worte und Unworte der 10er Jahre. Denn sie spiegeln
den Zustand der Gesellschaft auf unangenehme Weise wider.
taz-Debattenserie Digitalisierung: Der digitale Totalitarismus
Das Freiheitsversprechen des Internets ist tot. Derzeit erleben wir, wie
digitale Revolution und Neoliberalismus vollends miteinander verschmelzen.
Maßnahmen gegen Falschmeldungen: Facebook sagt Fake News Kampf an
Facebook hat einen Plan vorgelegt, wie es gegen Falschmeldungen vorgehen
will. Zunächst bleibt es bei einer Testphase in den USA.
Kleine Wortkunde „Clearnet“: Die biblische Einteilung des Internets
Das Clearnet soll der gute, helle Teil des WWW sein, so stellt sich die
Bundesregierung das vor. Sein Gegenspieler: das Darknet, ein virtuelles
Mordor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.