# taz.de -- Agent des türkischen Geheimdienstes: Todesgrüße aus Ankara | |
> Mehmet Fatih S. lebte als Reporter getarnt in Deutschland. Sein Auftrag: | |
> kurdische Aktivisten ausspionieren und einen Mord planen. | |
Bild: Hakan Fidan (rechts), Chef des türkischen Geheimdiensts, mit Recep Tayyi… | |
Der Plan, Yüksel Koç zu ermorden, passt auf ein Blatt Papier. DIN A4, | |
unliniert, blauer Kugelschreiber: „Wenn Yüksel Koç sterben soll, dann | |
müssen wir mit dem Team im Dauerkontakt stehen und alles genau besprechen.“ | |
Eine leicht krakelige Handschrift, das Datum oben auf der Notiz: 28. Juni | |
2016. „Der beste Zeitpunkt für die Aktion ist während einer Demonstration.�… | |
Die Notiz soll von Mehmet Fatih S. stammen. Er kam im Frühjahr 2014 nach | |
Deutschland und hat in Bremen als Reporter für [1][Denge TV] gearbeitet, | |
einen kleinen kurdischen Fernsehsender aus der Osttürkei. Sein zweiter | |
Auftraggeber aber war offenbar ein viel mächtigerer: der türkische | |
Geheimdienst Millî İstihbarat Teşkilâtı, kurz MİT. | |
Die Bundesanwaltschaft, die für Spionagefälle in Deutschland zuständig ist, | |
verdächtigt den 31-jährigen S. dringend, für den MİT in Deutschland Kurden | |
und ihre Einrichtungen ausspioniert zu haben. Ihr liegen Dutzende Berichte, | |
Notizen und Fotos vor. Es sollen die persönlichen Aufzeichnungen des | |
mutmaßlichen Agenten S. sein. Der taz liegen mehr als 20 Seiten dieser | |
Dokumente und Fotos vor. Sie geben Einblick in das Doppelleben des | |
mutmaßlichen Agenten. Dafür, dass sie als glaubwürdig einzuschätzen sind, | |
spricht, dass auch die Bundesanwaltschaft ihre Ermittlungen unter anderem | |
auf diese Dokumente stützt. | |
Yüksel Koç aus Bremen stand offensichtlich im Fokus des Agenten S. Der | |
52-jährige Koç ist Covorsitzender des Demokratischen | |
Gesellschaftskongresses der Kurden in Europa und gilt als eine | |
Führungsfigur der europäischen Kurdenbewegung. Den deutschen Teil der | |
Organisation sieht der Verfassungsschutz in enger Verbindung mit der | |
verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die für mehr Autonomie in der | |
Südosttürkei kämpft. Für die Türkei ist Koç ein Staatsfeind, für den | |
mutmaßlichen Agenten S. offenbar ein Top-Ziel. | |
## Erdoğans Spione sind schon lange in Deutschland aktiv | |
In Bremen suchte S. den Kontakt zu Koç, er stellte sich als Journalist vor. | |
Die beiden trafen sich mehrmals, einmal lud Koç den Mann zu sich nach Hause | |
ein. Im Frühjahr 2015 trafen sie sich in einem kurdischen Kulturverein in | |
Bremen. S. wollte Koç interviewen. Ein Foto hält die Begegnung fest: Die | |
beiden Männer sitzen nebeneinander vor einem Bücherregal, S. hält ein | |
Denge-TV-Mikrofon in der Hand. Ein Mann mit Halbglatze und Kinnbart, er | |
trägt ein weißes Polo-Shirt. Yüksel Koç, ein kleiner Mann mit breitem | |
Schnurrbart und Lachfalten um die Augen, sieht so aus, als konzentriere er | |
sich darauf, was er gleich ins Mikrofon sagen wird. Er ahnte nicht, wer da | |
neben ihm sitzt: Ein Mann, der heimlich seinen Mord plant. Später notierte | |
S. auf dem Foto: „Treffen mit Yüksel Koç“ – ein Beleg für seinen | |
Auftraggeber? | |
Am 15. Dezember 2016 hat eine Spezialeinheit des Bundeskriminalamts S. in | |
Hamburg festgenommen und seine Wohnung durchsucht. Er sitzt zurzeit in | |
Karlsruhe in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung wegen | |
geheimdienstlicher Agententätigkeit drohen ihm bis zu fünf Jahre | |
Freiheitsstrafe. | |
Wegen des noch laufenden Ermittlungsverfahrens will sich die | |
Bundesanwaltschaft nicht zu dem Fall äußern. Die Bundesregierung verweist | |
auf die rechtliche Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft, und auch der | |
Strafverteidiger von S. will derzeit nicht über das laufende Verfahren | |
sprechen. Auch von der türkischen Botschaft in Berlin kommt nichts. | |
Eine Spionage-Affäre ist so ziemlich das Letzte, was das deutsch-türkische | |
Verhältnis gerade gebrauchen kann. Selten war die politische Stimmung | |
zwischen beiden Staaten so angespannt. In der Türkei ist nach dem | |
abgewehrten Putschversuch im Juli 2016 von einem Rechtsstaat nicht mehr | |
viel übrig. Den demokratischen Resten droht mit dem Verfassungsreferendum | |
in zwei Monaten der nächste Schlag. Auf der anderen Seite hat der | |
Flüchtlingsdeal die Türkei zu einem unverzichtbaren Partner für die | |
deutsche Migrationspolitik gemacht. Während Angela Merkel vor zwei Wochen | |
wieder nach Ankara reiste, um das stark strapazierte Verhältnis zu pflegen, | |
liegt bei der Bundesanwaltschaft der Fall von Mehmet Fatih S., einem | |
mutmaßlichen Agenten des Nato-Partners Türkei. | |
Es spricht einiges dafür, dass der lange Arm Erdoğans schon seit Jahren bis | |
nach Deutschland reicht. Seit Sommer 2016 kursiert dazu eine Zahl, die aus | |
deutschen Sicherheitskreisen durchgesickert ist: 6.000 Spione sollen | |
hierzulande für den türkischen Geheimdienst arbeiten. Setzt man die Zahlen | |
ins Verhältnis, käme auf rund 500 türkisch-stämmige Menschen in Deutschland | |
ein Spion. | |
## Vier Imame ebenfalls unter Verdacht | |
Die Bundesregierung bestätigt auf eine aktuelle Kleine Anfrage der Fraktion | |
Die Linke diese Zahl nicht. Sie erklärte, es lägen „den | |
Bundessicherheitsbehörden keine verlässlichen Angaben vor“. Klar dürfte | |
sein, dass es sich kaum um Tausende ausgebildete und festangestellte | |
türkische Agenten handeln kann, sondern vielmehr um ein dichtes Netz aus | |
Informanten. | |
Zuletzt war den Imamen der Ditib vorgeworfen worden, in Deutschland lebende | |
Anhänger der Gülen-Bewegung ausspioniert zu haben. Anlass war eine geheime | |
Anweisung des türkischen Präsidiums für Religionsangelegenheiten Diyanet, | |
die der taz vorliegt. Die staatliche Behörde untersteht direkt dem | |
türkischen Ministerpräsidenten. Sie ist auch dafür zuständig, Imame nach | |
Deutschland zu entsenden. | |
Der stellvertretende Vorsitzende für Auslandsangelegenheiten bittet in | |
einem Schreiben vom 20. September 2016 dringend um „einen detaillierten | |
Bericht über jegliche Arten der Organisationsstruktur“ des Netzwerks des | |
Predigers Fetullah Gülen, den die türkische Regierung für den Putschversuch | |
im Juli verantwortlich machen will. Auf dem Schreiben der Diyanet ist | |
abschließend auch vermerkt, an wen es verteilt werden soll: an die | |
türkischen Botschaften und Generalkonsulate. | |
Dass zahlreiche Berichte aus Deutschland zurück nach Ankara geschickt | |
wurden, hat die Ditib mittlerweile eingeräumt und die Verantwortung an die | |
Religionsbehörde Diyanet abgeschoben. Am Mittwoch hat die | |
Bundesanwaltschaft die Wohnungen von vier Imamen durchsuchen lassen. Sie | |
ermittelt auch hier wegen des Verdachts der geheimdienstlichen | |
Agententätigkeit. | |
Schon 2015 ist am Oberlandesgericht Koblenz Anklage gegen drei mutmaßliche | |
türkische Geheimdienstmitarbeiter erhoben worden. Einer von ihnen soll | |
früher ein Berater von Präsident Erdoğan gewesen sein. Die Anklageschrift | |
warf ihm vor, als Führungsoffizier mit Informanten in Deutschland | |
zusammengearbeitet zu haben. Das Verfahren wurde nach nur zwei Monaten aus | |
„prozessökonomischen Gründen“, wie die Gerichtssprecherin zitiert wurde, | |
vorläufig eingestellt. Die Angeklagten zahlten als Auflage Geldbeträge an | |
die Staatskasse, für die Strafverfolgung war der Fall damit erledigt. | |
## S. gewinnt Vertrauen | |
„Der Bundesregierung liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der türkische | |
Nachrichtendienst MİT seine Aufklärungsarbeit in Deutschland im Zuge des | |
Putschversuchs ausgeweitet und intensiviert hat“, heißt es in der Antwort | |
auf die aktuelle Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag. Auch | |
der deutsche Verfassungsschutz beobachtet die nachrichtendienstlichen | |
Aktivitäten der Türkei nun strenger, dabei war der MİT lange ein enger | |
Verbündeter unter den Geheimdiensten. Hakan Fidan, Chef des MİT, soll in | |
Kürze nach Deutschland reisen und dort die Spitzen von Verfassungsschutz | |
und Bundesnachrichtendienst treffen. Den Fall des festgenommenen Mehmet | |
Fatih S. werden die Dienste kaum ignorieren können. | |
Als der türkische Staatsbürger S. im Frühjahr 2014 nach Deutschland kommt, | |
zieht er nach Bremen. S. ist selbst Kurde und stammt aus der Osttürkei. Er | |
hat TV-Journalismus an einer türkischen Stiftungsuniversität in Nordzypern | |
studiert. Fotos auf seinem Facebook-Profil zeigen ihn oft mit | |
vollverspiegelter Sonnenbrille, mal mit Strohhut, meistens im Sakko. Er | |
gibt an, den Mafiafilm „Der Pate“ zu mögen und ist Mitglied bei einer | |
Plattform für türkische Journalisten. Sonst gibt er auf Facebook wenig von | |
sich preis. | |
[2][Auf der türkischen Website bukim.com] findet sich im Lebenslauf von S. | |
der Eintrag: „hat sich intensiv mit dem türkischen Geheimdienst | |
beschäftigt“. Diesem Lebenslauf zufolge erhielt er kurz darauf ein | |
Stipendium für sein TV-Journalismus-Studium. Die Profilseite existiert | |
weiter, die Angaben zu seinem besonderen Interesse verschwinden ab Oktober | |
2010 aus dem Lebenslauf, wie sich rekonstruieren lässt. | |
Der TV-Sender Denge-TV, für den S. nach Deutschland kommt, sitzt in Batman, | |
einer Stadt in der Südosttürkei, 75 Kilometer vor der syrischen Grenze. Vor | |
S. hatte der Sender nie einen Korrespondenten in Deutschland. Für die | |
Berichterstattung sucht sich S. nicht die Hauptstadt Berlin oder das | |
zentrale Nordrhein-Westfalen aus, sondern geht nach Bremen. | |
Sein Job als Korrespondent hilft ihm dabei, schnell Kontakte zu kurdischen | |
Aktivisten und Politikern aufzubauen. Er gewinnt Vertrauen. Fotos zeigen | |
ihn mit wichtigen Funktionären wie Remzi Kartal, der in Brüssel lebt und | |
der Vorsitzender des kurdischen Dachverbandes Kongra-Gel in Europa ist, | |
oder einer HDP-Abgeordneten in Frankreich. Er versucht auch ein Interview | |
mit Cansu Özdemir zu verabreden, die für Die Linke in der Hamburger | |
Bürgerschaft sitzt. Zu diesem Treffen kommt es aber nie. | |
## Team und Freunde | |
Andere Fotos zeigen S. als Teilnehmer auf prokurdischen Demonstrationen, er | |
schwenkt eine rote Fahne und schaut entschlossen in die Kamera. Seine | |
Aktivitäten belegt S. mit Fotos, er schreibt Notizen und Berichte, legt | |
eine Sammlung von Zetteln an. Er schreibt etwa über die Vorbereitungen für | |
das Kurdische Kultur Festival Anfang September 2016 in Köln oder über ein | |
Treffen des kurdischen Dachverbands Nav-Dem. Immer wieder hält er fest, an | |
welchen Veranstaltungen Yüksel Koç teilnimmt, wen er trifft. „Es läuft | |
super“, notiert er, „alles auf dem Weg.“ | |
Im Sommer 2016 bereitet S. seinen Umzug von Bremen nach Aachen vor. Warum | |
er dorthin ziehen will, ist unklar. „Was nach dem 30. September zu tun | |
ist“, schreibt er oben auf einen Zettel. Punkt für Punkt listet er die | |
Kosten auf: für eine neue Wohnung, das Umzugsunternehmen, Studiengebühren, | |
einen Sprachkurs. Insgesamt kommen mehr als 10.000 Euro zusammen. Bezahlen | |
sollte sie offenbar der Adressat der Notizen. „Im Oktober können wir dann | |
wieder über einen neuen Plan sprechen“, schreibt S. unter seine Rechnung. | |
Aus den Aufzeichnungen wird deutlich, dass S. nicht auf eigene Faust | |
handelte. Auch die Notiz mit den Mordplänen vom 28. Juni 2016 richtet sich | |
an einen Dritten. Dort heißt es: „Ich kann die Freunde in Bremen nicht | |
erreichen.“ S. beklagt sich, dass der Kontakt zum „Team“ nicht richtig in | |
Gang komme. „Diesbezüglich möchte ich mich beschweren. Bitte schalten Sie | |
sich ein und leiten Sie alles weiter.“ Das Schreiben soll offenbar an eine | |
Art Führungsoffizier gehen. In seinen Berichten ist immer wieder von einem | |
Team und von „Arkadaşlar“, den „Freunden“, die Rede. | |
Im August 2016 passiert dann etwas, mit dem S. nicht gerechnet hat. Bei der | |
kurdischen Zeitung [3][Yeni Özgür Politika] meldet sich eine junge Frau. Es | |
ist die Freundin von S., die mit ihm in Bremen zusammenlebt. Sie hat | |
heimlich Berichte und Notizen abfotografiert sowie Fotos, die der | |
mutmaßliche Agent bei Demonstrationen und Veranstaltungen gemacht hat, | |
außerdem Seiten aus einem Reisepass. Ihr seien die Pläne ihres Freundes | |
unheimlich geworden, sagt sie der kurdischen Zeitung. Und dass S. ihr 5.000 | |
Euro pro Monat versprochen habe, wenn sie mit ihm zusammenarbeite. Sie habe | |
abgelehnt. S. soll ihr erzählt haben, dass er für den türkischen | |
Geheimdienst arbeite. Und er weihte sie offenbar auch in die Details der | |
Pläne ein: Die Mordkommandos würden in Dreierteams arbeiten, eine Person | |
kundschafte mögliche Ziele aus, die zweite töte, die dritte koordiniere die | |
Gruppe und verwische die Spuren. | |
Belegen lässt sich das nicht. Das gilt auch für einen weiteren Verdacht, | |
den die Frau geäußert haben soll: Im letzten Jahr sollen drei solcher Teams | |
bereits nach Deutschland gekommen sein. | |
## „Euch bleibt nur noch wenig Zeit“ | |
Viel ist über die Freundin von S. nicht bekannt. Angeblich soll sie mit ihm | |
nach Deutschland gekommen sein, auch als Journalistin. Immer wieder seien | |
die beiden gemeinsam bei kurdischen Veranstaltungen erschienen. Inzwischen | |
wurde die Frau in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen und hält sich an | |
einem unbekannten Ort auf. S. taucht Ende August unter, nachdem er enttarnt | |
worden ist. Wo er sich dann aufhält, ist unklar. | |
Am Nachmittag des 17. November 2016 bekommt Yüksel Koç eine Textnachricht | |
von einer ukrainischen Nummer: „Ihr könnt froh sein, dass euch diese Nutte | |
gewarnt hat.“ Und: „Sie wird dafür bezahlen.“ Das Profilbild des Absende… | |
zeigt einen Mann im Fadenkreuz, darüber der Schriftzug „Hesap günü“, „… | |
der Vergeltung“. In der Nachricht wird der Wohnort von Koç in Bremen | |
genannt, „in deiner Straße werden wir dich begraben.“ | |
Auch der kurdische Politiker Remzi Kartal in Brüssel erhält eine solche | |
Nachricht von der gleichen Nummer: „Ihr habt einen gefunden, aber was macht | |
ihr mit den vielen, die noch unter euch sind.“ Kartals Name taucht immer | |
wieder in den Notizen von S. auf. „Euch bleibt nur noch wenig Zeit, lebt | |
noch ein bisschen.“ | |
Ende Dezember sitzt Yüksel Koç im ersten Stock eines kurdischen | |
Kulturvereins im Hamburger Stadtteil St. Georg. Er frühstückt an einem der | |
langen Tische, es gibt Brot, weißen Käse, schwarzen Tee. „Sie wollten mich | |
töten“, sagt er nüchtern, „am liebsten noch in diesem Herbst.“ Er spric… | |
leise, akzentfrei. Wenn es juristisch wichtig wird, wechselt er ins | |
Türkische, so wie vorher bei der Pressekonferenz im Hamburger Rathaus. | |
Nicht von seiner Seite weicht ein großer, kräftiger Mann mit kahlem | |
Schädel. Er hat sich als Journalist vorgestellt, trägt einen Notizblock und | |
eine Kamera mit sich herum. Fotos macht er keine, und er schreibt auch | |
nichts auf. „Er passt ein bisschen auf mich auf“, sagt Koç. | |
Seit Herbst hält er sich selten länger an einem Ort auf. Wenn er in Bremen | |
ist, kündigt er sich bei der Polizei an. „Ich muss vorsichtiger sein“, sagt | |
er, „aber ich lebe weiter.“ Zuletzt lauerte die Gefahr viel näher als | |
angenommen: S. soll nur wenige hundert Meter entfernt vom kurdischen Verein | |
in St. Georg gelebt haben, in den Koç immer häufiger kam, nachdem er sich | |
in Bremen nicht mehr sicher fühlte. | |
## Ein Agent will Koç töten, ein anderer warnt ihn | |
Die erste Warnung erreichte Koç schon im Frühjahr 2016. Sie kam | |
ausgerechnet von einem Mann, der selbst Agent des MİT sein soll. Er habe | |
Koç in Bremen über Umwege kontaktiert. Sie müssten sich unbedingt sehen, | |
lässt ihn der Mann wissen. | |
Bei einem Treffen verriet er Koç, dass dieser auf einer Todesliste stehe. | |
Ob diese Begegnung wirklich so stattgefunden hat, lässt sich nicht belegen. | |
Koç habe dem Mann absolute Vertraulichkeit zusichern müssen. „Natürlich | |
habe ich ihn auch gefragt, warum er mir das erzählt“, sagt Koç. Der Agent | |
soll geantwortet haben, er sei der Türkei gegenüber zwar loyal, aber wolle | |
um jeden Preis ein zweites Paris verhindern. | |
In Paris wurden 2013 drei kurdische Aktivistinnen in ihrem Büro erschossen. | |
Hinter der Ermordung soll der türkische Geheimdienst stecken. Die | |
französische Polizei fasste schon nach kurzer Zeit Ömer Güney, er arbeitete | |
als Fahrer für eine der Aktivistinnen und galt als Hauptverdächtiger. Die | |
kurdische Community verband große Hoffnungen mit dem Prozess in Frankreich. | |
Endlich gab es eine Chance, mehr über die Aktivitäten des türkischen | |
Geheimdienstes in Europa zu erfahren. | |
Nach drei Jahren waren die Ermittlungen im Sommer abgeschlossen, der | |
Prozessauftakt wurde dennoch erst für Januar 2017 angesetzt. Einen Tag, | |
nachdem in Hamburg der mutmaßliche Agent S. festgenommen wurde, zerstörte | |
eine Nachricht aus Paris alle Hoffnungen: Das Verfahren wird niemals | |
stattfinden, Ömer Güney ist im Gefängnis gestorben. Es war schon länger | |
bekannt, dass er an einer schweren Krankheit litt. | |
Der nächste Spionageprozess zu den Aktivitäten des türkischen | |
Geheimdienstes in Europa könnte deshalb in Deutschland stattfinden. „Wenn | |
die Sicherheitsbehörden sich richtig hinter den Hamburger Fall klemmen, | |
können sie viel über die Arbeit des MİT in Deutschland erfahren“, sagt Ko�… | |
Die Bundesanwaltschaft muss nun entscheiden, ob sie Anklage gegen Mehmet | |
Fatih S. erhebt. | |
20 Feb 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.canlitv.com/denge-tv | |
[2] http://bukim.com/ | |
[3] http://www.yeniozgurpolitika.org/ | |
## AUTOREN | |
Markus Sehl | |
## TAGS | |
taz.gazete | |
Schwerpunkt Türkei | |
PKK | |
Kurden | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
taz.gazete | |
Politik | |
Yüksel Koc | |
Agenten | |
Spion | |
Journalismus | |
Spionageabwehr | |
PKK | |
Öcalan | |
Yüksel Koc | |
Schwerpunkt AKP | |
Türkei Referendum | |
Journalist | |
Türkisches Konsulat | |
Putsch | |
Putschversuch Türkei | |
HDP | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Deniz Yücel | |
Schwerpunkt Deniz Yücel | |
Schwerpunkt Deniz Yücel | |
taz.gazete | |
taz.gazete | |
taz.gazete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wegen Vergiftung im Krankenhaus: Angriff auf den Ex-Spion? | |
Ein einstiger russischer Doppelagent und eine Frau werden in Großbritannien | |
mit einer unbekannten Substanz vergiftet. Das erinnert an einen Fall von | |
2006. | |
Bewährungstrafe für türkischen Spion: Ein nicht ganz so genialer Dilettant | |
Mehmet Fatih S. hat einen kurdischen Politiker in Bremen ausspioniert. Sein | |
stümperhaftes Vorgehen wertet das Hamburger Oberlandesgericht | |
strafmildernd. | |
Journalistin Tolu in türkischem Gefängnis: „Das ist eine Geiselnahme“ | |
Die deutsch-türkische Journalistin Meşale Tolu sitzt in Istanbul im | |
Gefängnis. Erst fünf Monate nach der Verhaftung wird ihr der Prozess | |
gemacht. | |
Bizarrer Prozess in Hamburg: Der Spion, der nicht liebte | |
Bei der Fortsetzung des Verfahrens gegen den mutmaßlichen türkischen Spion | |
Mehmet Fatih S. belasten ihn mehrere Zeugen schwer. Der Angeklagte stiftet | |
weiter Verwirrung | |
Kurdische Arbeiterpartei und Öcalan: PKK-Verbot soll konkretisiert werden | |
Im Streit um erlaubte und verbotene Bilder des PKK-Führers Öcalan will das | |
Innenministerium jetzt engere Grenzen setzen. | |
Türkei verärgert über Kurdendemo: Deutscher Botschafter einbestellt | |
Wegen einer Kundgebung von Kurden in Köln hat das türkische | |
Außenministerium den deutschen Botschafter einbestellt. | |
Prozess in Hamburg: Verwirrung als Strategie | |
Die Bundesanwaltschaft wirft Mehmet S. vor, den Kurdenpolitiker Yüksel Koc | |
ausspioniert zu haben. Der Angeklagte sagt widersprüchlich aus. | |
Prozess gegen mutmaßlichen Agenten: Signal des AKP-Regimes | |
Ein türkischer Mann soll als Agent Kurden ausspioniert haben. Nun beginnt | |
der Prozess. Betroffene klagen über Lethargie bei deutschen Behörden. | |
Ein Kurde als Zielobjekt: Immer in Bewegung | |
Der Bremer Yücel Koc ist einer der höchsten Kurden-Funktionäre Europas und | |
sollte ermordet werden. Wie lebt er damit? | |
BND bespitzelte ausländische Journalisten: Ausspähen unter Freunden geht wohl | |
Der BND soll zahlreiche ausländische Journalisten überwacht haben. Reporter | |
ohne Grenzen sieht darin einen massiven Eingriff in die Pressefreiheit. | |
Türkischer Wahlkampf in Deutschland: Erdoğans langer Arm | |
Wie sollen Türken in Deutschland beim Verfassungsreferendum stimmen? Es | |
tobt ein innertürkischer Wahlkampf. | |
Prozess gegen Putschisten in der Türkei: Die Nacht von Marmaris | |
In Muğla stehen 38 Soldaten vor Gericht. Die Beteiligung am Putsch geben | |
sie zu – doch mit der Gülen-Sekte wollen sie nichts zu tun haben. | |
Türkisch-nationalistisches Theaterstück: Des Putsches letzter Akt | |
Eine Theatergruppe aus Istanbul will ein umstrittenes Stück in Hamburg | |
aufführen. In anderen Städten wurde es wegen extremistischer Inhalte | |
abgesagt | |
Maßnahmen gegen HDP in der Türkei: Der staatliche Druck steigt | |
Die HDP ist ein erbitterter Gegner des Präsidialsystems, das sich | |
Staatschef Erdogan wünscht. Figen Yüksekdag, Ko-Chefin der Partei, verlor | |
nun ihren Parlamentssitz. | |
Repression in der Türkei: Weitere Massenfestnahme | |
Behörden in der Türkei haben erneut 1.600 Menschen inhaftiert. Nach | |
Medienberichten wurden zudem über 200 weitere Juristen entlassen. | |
Kommentar Pressefreiheit in der Türkei: Berichterstattung ist kein Verbrechen | |
Nach Deniz Yücels Verhaftung können wir nicht länger wegschauen. Hetzern | |
gegen freie Medien muss die ganze Gesellschaft konsequent entgegentreten. | |
Früherer taz-Journalist in Gefangenschaft: Geheimakte Deniz Yücel | |
Nicht einmal sein Anwalt kennt Deniz Yücels Akte. Der „Welt“-Korrespondent | |
sitzt in Polizeigewahrsam, in Berlin gab es eine Soli-Demo. | |
Türkei-Korrespondent der „Welt“: Bundesregierung unterstützt Yücel | |
Der Journalist Deniz Yücel wird in der Türkei vorgeblich wegen | |
Terrorverdachts festgehalten. Die Bundeskanzlerin verlangt eine | |
rechtsstaatliche und faire Behandlung. | |
Pressefreiheit in der Türkei: Deniz Yücel in Polizeigewahrsam | |
Der „Welt“-Korrespondent und frühere taz-Redakteur Deniz Yücel wurde in | |
Istanbul festgenommen. Die Vorwürfe sind abstrus. | |
Interview über LGBTI-Filmfestival: „Konflikte gibt es überall“ | |
Seit sechs Jahren gibt es in der Türkei das Filmfestival Queerfest. Ein | |
Gespräch mit Organisatorin Esra Özban über Zensur und die Filmindustrie. | |
Berlinale-Film aus der Türkei: „Viele Massaker ähneln einander“ | |
In „Kaygı“ geht es ums Erinnern und Vergessen. Regisseurin Ceylan Özgün | |
Özçelik über kollektive Traumata und die Wirkung von Nachrichten. | |
Fixer in der Südosttürkei: Die Frau hinter den Nachrichten | |
Ohne sie käme die Presse nicht weit. Fixer vermitteln, vernetzen und | |
übersetzen in Krisengebieten, oft auch unter Lebensgefahr. | |
Internetzensur in der Türkei: Der virtuelle Gegenputsch | |
Die türkische Regierung nutzt den Ausnahmezustand nicht nur zur Zensur, | |
sondern gezielt zur Verfolgung von Oppositionellen im Netz. |