| # taz.de -- Saul Friedländer über Erinnerungskultur: „Ich war ein Luftmensc… | |
| > Der Historiker und Shoah-Überlebende Saul Friedländer hatte lange | |
| > panische Angst vor Bindungen und Gefühlen. Ein Gespräch über Kitsch und | |
| > Sprache. | |
| Bild: Saul Friedländer brauchte lange, bis er Gefühle zulassen konnte | |
| „Ich wurde zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt – vier Monate vor Hitlers | |
| Machtergreifung – in Prag geboren.“ So beginnt Saul Friedländers erstes | |
| Erinnerungsbuch „Wenn die Erinnerung kommt“ von 1978. Im Herbst 2016 | |
| erschien die Fortsetzung seiner autobiografischen Erzählung. | |
| taz.am wochenende: Herr Friedländer, Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Sie | |
| mit Deutschland lange zwei Begriffe verbunden haben: Vertrautheit und | |
| Angst. Wie ist es heute, wenn Sie in der Lobby des Hilton am Berliner | |
| Gendarmenmarkt mit einem Glas Bier sitzen? | |
| Saul Friedländer: Ich kann nicht sagen, dass es für mich ganz normal ist, | |
| hier zu sein. Aber es ist fast normal. Ich habe eine Tochter, die mit ihrem | |
| Mann und ihren zwei Kindern hier in Berlin lebt. Ich bin nachher mit ihr | |
| verabredet. Mein Empfinden gegenüber Deutschland ist nicht gänzlich | |
| normalisiert, aber es ist an der Grenze zum Normalen. | |
| In den Achtzigern haben Sie ein halbes Jahr am Wissenschaftskolleg in | |
| Berlin verbracht. Dieser Aufenthalt gab den Ausschlag, Ihre | |
| Forschungsarbeit ganz dem Nationalsozialismus zu widmen. Daraus entstand | |
| Ihr Hauptwerk, „Das Dritte Reich und die Juden“. | |
| Ich hatte früher schon einige Bücher geschrieben. Und ich hatte schon lange | |
| die Idee, eine integrierte umfassende Geschichte einer neuen Art zu | |
| schreiben, wenn ich das so sagen darf. Den letzten Anstoß, das zu tun, | |
| gaben einige kleinere Vorfälle in Berlin, aber vor allem die Kränkung, die | |
| ich hier bei einem Abendessen mit Ernst Nolte erfahren habe. | |
| Nolte konfrontierte Sie mit Fragen nach der unausgesprochenen | |
| Kriegserklärung des „Weltjudentums“ gegen Deutschland. Dann zettelte er den | |
| Historikerstreit mit der These an, die NS-Vernichtungspolitik sei nur die | |
| Antwort auf den bolschewistischen Gulag gewesen. | |
| Die Position, die auf der rechten Seite im Historikerstreit vertretenwurde, | |
| war apologetisch, keine Frage. Aber kaum jemand wusste, dass Nolte so ein | |
| tiefer Antisemit war. Die antisemitische Dimension war aus dem | |
| Historikerstreit evakuiert worden. | |
| Ein weiterer Anstoß, „Das Dritte Reich und die Juden“ zu schreiben, war | |
| Ihre Debatte mit dem Historiker Martin Broszat. | |
| Broszat hatte 1985 sein Plädoyer für die Historisierung des | |
| Nationalsozialismus geschrieben. Ich antwortete anderthalb Jahre darauf mit | |
| Bemerkungen. Er ärgerte sich darüber und schlug einen Briefwechsel vor. Am | |
| Ende seines ersten Briefes, und das ist ja eigentlich die ganze Geschichte, | |
| schreibt er, aus heiterem Himmel, die Erinnerung der Opfer – und damit sind | |
| an dieser Stelle die Juden gemeint – müsse respektiert werden. Und es könne | |
| auch sein, dass man aus ihnen hie und da etwas lernen kann. Aber diese | |
| Erinnerung sei mythisch. Sei ein „vergröberndes Hindernis“ auf dem Weg zu | |
| einer rationalen Historiografie der deutschen Historiker. Das war wirklich | |
| starker Tobak. Ich musste ihm antworten, dass er also meine, dass die | |
| traumatische Subjektivität der Opfer und ihrer Nachkommen, Kinder und | |
| Kindeskinder mythisch sei? | |
| Was hatte Broszat dabei im Sinn? | |
| Er wollte damit sagen: Die Juden können diese Geschichte nicht schreiben. | |
| Ich fragte ihn, wenn wir subjektiv sind, meinen Sie dann nicht, dass jemand | |
| wie Sie, der in der Hitlerjugend sozialisiert wurde, nicht auch subjektiv | |
| ist? Da hat er sich geärgert. Aber ich wusste damals nicht, niemand wusste | |
| es, dass er in der Partei gewesen war. Ich erzähle es ja auch in meinem | |
| Buch: Wir haben uns am Ende getroffen, in Los Angeles, als er in den USA zu | |
| einigen Konferenzen unterwegs war. Seine Frau und seine Tochter besuchten | |
| Disneyland, und wir spazierten durch Venice und sprachen von Mensch zu | |
| Mensch. | |
| Kennen Sie die Bücher von Jacques Hassoun? | |
| Ja, ich weiß, wer er ist. | |
| Er hat geschrieben, dass die Kinder der Opfer an der Unmöglichkeit leiden, | |
| einen Familienroman zu entwerfen, anhand dessen es ihnen gelingen würde, | |
| sich in eine Zukunft zu projizieren. Er zitiert seinen Lehrer Lacan: „Das | |
| Unbewusste heißt nicht, das Gedächtnis zu verlieren, sondern sich nicht | |
| erinnern, was man weiß.“ | |
| It’s wonderful. Wunderbar. Das ist wunderbar. | |
| Beschreibt seine Überlegung etwas, das Sie beim Schreiben antreibt? | |
| Es trifft es genau. Denn ich weiß sehr viel. Ich vergesse aber Dinge, die | |
| absolut wesentlich sind. Weil ich sie verdränge. Ein starkes Beispiel | |
| erwähne ich in meinem neuen Buch: Ich wohnte in Genf. Meine Eltern waren in | |
| Saint Gingolph verhaftet worden, dann wurden sie deportiert. Das ist | |
| dreißig, vierzig Kilometer von Genf entfernt, auf der anderen Seite des | |
| Sees. Und es hat siebzehn Jahre gedauert, bis ich nach Saint Gingolph | |
| gefahren bin. Das war eine Verdrängung. Ich wusste von Saint Gingolph, aber | |
| mehr zu erfahren interessierte mich nicht. | |
| Sie haben keine Verbindung gezogen von der Vergangenheit zu Ihrer | |
| Gegenwart. | |
| Merkwürdigerweise fühlte ich keinen Drang, dorthin zu fahren, was wirklich | |
| extrem ist. | |
| In Ihrem ersten Erinnerungsbuch „Wenn die Erinnerung kommt“ zitieren Sie | |
| aus den letzten Briefen Ihrer Eltern. Und aus dem Bericht einer Zeugin der | |
| Verhaftung Ihrer Eltern in Saint Gingolph. Sie berichten, wie Sie dorthin | |
| fahren. Es ist schrecklich, das zu lesen. Auch Ihr neues ist ein sehr | |
| ehrliches, offenes Buch … | |
| … also, wenn man in meinem Alter nicht offen ist … | |
| … wann dann? | |
| Wann dann! | |
| Sie erzählen über Ihr „stummes Ich“, Ihre „Gefühlslähmung“. Dass Si… | |
| als junger Mann schwer getan haben damit, Gefühle zu empfinden und zu | |
| äußern. | |
| So war das, ja. | |
| Aber Sie haben darauf verzichtet, eine Schlüsselstelle zu schreiben, die | |
| man in jedem Roman finden würde: „Das ist der Moment, an dem ich begonnen | |
| habe, meine Gefühle wiederzuentdecken.“ | |
| Das ging nicht so. Das ging sehr langsam. Die Kinder haben mir, eines nach | |
| dem anderen, Gefühle zurückgebracht. Wenn Sie ein Baby halten, kommt auch | |
| bei den gefühllosesten Menschen etwas zurück. | |
| Sie erzählen über Panikattacken und Phobien, unter denen Sie litten und die | |
| Sie mit Psychoanalyse, aber auch Librium, Valium, Xanax, Zoloft und | |
| Klonopin erträglich machen konnten. Haben Sie diese Symptome, diese | |
| Störungen damals schon mit Ihrer Geschichte, dem Verlust Ihrer Eltern | |
| zusammengebracht? | |
| Indirekt. Ich war ja ein Luftmensch. Ich ging von einem Ort zum anderen. | |
| Ich ging keine Bindungen ein, ich wollte keine. Dann traf ich meine erste | |
| Frau, und ich fühlte, wir müssen zusammen sein. Aber Heirat, das war | |
| Familie. Und Familie ängstigte mich. Ich wusste damals noch nicht, dass das | |
| die Wurzel des Ganzen war. Dann fingen die Panikattacken an, sie haben mich | |
| jahrelang begleitet. Bis ich so viele Medikamente genommen habe und nehme, | |
| dass ich auf einer ruhigen Ebene gehalten werde. | |
| Sie haben in Genf gelebt, in Jerusalem und in Tel Aviv. Nach Ihrem kurzen | |
| Aufenthalt in Berlin gingen Sie nach Los Angeles. | |
| Richtig. Dort hat man mir eine Stelle angeboten für die Geschichte der | |
| Shoa. Ich wollte eine integrierte Geschichte schreiben, in der sowohl die | |
| deutsche Maschinerie behandelt werden sollte, aber auch die Gesellschaften | |
| in den verschiedenen Ländern rundherum, die jüdische Leadership in | |
| Palästina und selbstverständlich auch die Juden in Europa. Es war schwer, | |
| diese Geschichte so zu schreiben. Wie soll man das erzählen? Es gab kein | |
| theoretisches Konzept, das diese Sache zusammenfassen konnte. Es gab | |
| verschiedene Geschichten, und daher musste es narrativ sein. Die einzige | |
| Möglichkeit war, kurze Zeitperioden zu behandeln und jeweils die | |
| verschiedenen Seiten in jeder Periode zu zeigen, sodass der Leser versteht, | |
| wie sich von Ort zu Ort, zeitsimultan die Ereignisse entwickeln. Ich wollte | |
| aber nicht nur die „offizielle“ Geschichte der Opfer erzählen, also über | |
| die Judenräte oder die jüdischen Organisationen, die jüdischen Initiativen | |
| aus Amerika oder Palästina. Ich wollte den Lesern ein Moment geben, das die | |
| normalisierende Methode der Geschichtsschreibung von Zeit zu Zeit | |
| zerbrechen sollte. In der Geschichte wird erklärt, warum, wer, wann und | |
| was. Aber das ist viel zu einfach. Und es erzählt nichts von der absoluten | |
| Fassungslosigkeit der Millionen von Juden, die in Europa waren. Und | |
| deswegen lasse ich ihre Stimmen zu Wort kommen. Sie sind nicht dazu da, um | |
| irgendetwas zu illustrieren, sondern um zu schreien. | |
| Ähnliche Probleme beschäftigten Sie schon in Ihrem Buch „Kitsch und Tod“ | |
| über die Popkultur der siebziger Jahre, die auf merkwürdige Weise dem | |
| Phänomen des Nationalsozialismus erlegen war. Sie zeigten damals schon, | |
| dass es falsch ist, wenn man zu nüchtern, zu bürokratisch schreibt. | |
| Ganz richtig. | |
| Sie sagen, dass man sich als Historiker beim Beschreiben der Realität der | |
| Vernichtungslager und Massenerschießungen in die Gefahr begibt, so | |
| distanziert wie die „Ausrottungsverwalter“ zu sprechen. | |
| Ich war mir gar nicht mehr bewusst, dass ich diese Idee schon damals | |
| formuliert habe. Aber das war wahrscheinlich etwas, was mich begleitet hat. | |
| Diese Art von historischer Darstellung, also aufzuschreiben, das war das | |
| „Sonderkommando Lange“, sie haben soundso viele Leute getötet, dann fuhren | |
| sie an einen anderen Ort, das war ihre Arbeit – das wollte ich nicht. | |
| Deswegen entwickelte ich diese Art von Schreiben, die für einen Historiker | |
| ungewöhnlich war. | |
| Seit Auschwitz hat sich eine Distanz aufgetan zwischen der Sprache und den | |
| Ereignissen, schrieben Sie dort auch. Sprache könne sie nicht mehr adäquat | |
| erfassen. Die Ereignisse entwickelten sich schneller. | |
| Es gibt ein sehr starkes Zitat von Jean-Francois Lyotard. Er schreibt, dass | |
| die Shoa wie ein Erdbeben ist, das so stark ist, dass es die | |
| Messinstrumente zerstört. Die Wissenschaftler sehen sich die Instrumente | |
| an, sie finden nichts auf ihnen und kommen zum Schluss, es ist nichts | |
| passiert. Aber der einfache Mann weiß, dass etwas geschehen ist. Man hat | |
| nur noch nicht die Worte gefunden, um es zu beschreiben. | |
| Die Begriffe der Nationalsozialisten sind uns aber erhalten geblieben. Im | |
| Deutschen werden oft Nazivokabeln benutzt, ohne dass man weiß, dass sie | |
| welche sind. Dass sie welche sind, wurde vergessen. Sie jedoch beschäftigen | |
| sich immer noch mit Sprache. | |
| Im neuen Buch erwähne ich etwa Martin Broszat, der forderte, dass man den | |
| Nationalsozialismus historisieren müsse, um nicht vom Dritten Reich | |
| paralysiert sein. Dazu gehöre, auch die deutsche Sprache zu befreien. Er | |
| sagte, man müsse Schluss machen mit der „Sonderbehandlung“ der deutschen | |
| Sprache. „Sonderbehandlung“ war ein Wort, das in der NS-Sprache „Ermordun… | |
| bedeutet hatte. „Sonderbehandlung“ war sogar auf dem Cover seiner | |
| Essaysammlung „Nach Hitler. Der schwierige Umgang mit unserer Geschichte“ | |
| abgedruckt. Auf dem Paperback ist es dann verschwunden. | |
| Broszat hat zwischen der Elite und der Mehrheit der Deutschen | |
| unterschieden, die angeblich von der Ideologie der Nazis unberührt gewesen | |
| sei. Sie finden diese Idee auch in einer Fernsehserie des Regisseurs Edgar | |
| Reitz’ TV-Serie illustriert. | |
| In „Heimat“, ja. | |
| Halten Sie auch „Heimat“ für eine Art von Kitsch – oder eher für ein | |
| Symptom für die Normalisierung und Verdrängung von Geschichte? | |
| Das Letztere. Es ist kein Kitsch. Die Serie ist nicht kitschig, das ist ein | |
| großes Werk. Aber in seinem Dorf Schabbach fließt die Zeit ruhig dahin. Die | |
| Katastrophe kommt erst mit den Amerikanern, mit der Besatzung und der | |
| Modernisierung. Reitz kommt ja selbst aus diesem Dorf, das er in der Serie | |
| Schabbach nennt. Und er hat eine Nostalgie für die Scholle und die | |
| Tradition. Und dann kommen die Amerikaner … Sie erinnern sich an die Serie? | |
| Ja, ich habe sie gesehen. | |
| Da gibt es den schwarzen GI und den Onkel, der nach Amerika ausgewandert | |
| ist und zurückkehrt. Das ist das Malheur. | |
| Reitz hat damit die deutsche Nachkriegserzählung wiedergegeben, die im | |
| Antiamerikanismus ihren Ausdruck findet. | |
| Das ist die deutsche Nachkriegserzählung, richtig. Und heute ist sie wieder | |
| da. Jemand sagte mir vor Kurzem, das antiamerikanische Ressentiment sei | |
| noch sehr stark in Deutschland. Merkwürdig. | |
| Interessanterweise teilt die Rechte mit der Linken dieses Ressentiment. | |
| Das ist so merkwürdig, warum gerade die Amerikaner? Edgar Reitz zeigt das | |
| sehr stark. | |
| Haben Sie Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ gesehen? | |
| Ja, habe ich. | |
| Wie fanden Sie ihn? | |
| Merkwürdig. Es ist ja eine Komödie. Es ist gut gespielt, es ist | |
| sarkastisch. Es ist eine schöne Fantasie, nicht mehr. | |
| Ich habe Sie danach gefragt, weil ein Film wie dieser eine Veränderung | |
| anzeigt. In „Kitsch und Tod“ identifizieren Sie einen neuen Diskurs über | |
| den Nationalsozialismus in Film und Literatur, der in vielerlei Hinsicht | |
| den ästhetischen Annahmen des Nationalsozialismus entsprach. | |
| Das kann man über „Inglourious Basterds“ wirklich nicht sagen. Was ich | |
| beschrieben habe, war die Hitler-Welle der siebziger Jahre: Viscontis | |
| „Verdammte“, Syberbergs „Hitler, ein Film aus Deutschland“. Macht Syber… | |
| noch Filme? | |
| Ich weiß es nicht. | |
| Die Speer-Erinnerungen, Joachim Fest, der seine Hitler-Biografie mit dem | |
| Satz begann: „Die bekannte Geschichte verzeichnet keine Erscheinung wie | |
| ihn; soll man ihn ‚groß‘ nennen?“ Das war eine Phase der Faszination, ni… | |
| nur in Deutschland, auch in Frankreich und in Italien. | |
| Kritiker der deutschen Erinnerungskultur behaupten, dass sich, nach 1989, | |
| die Rechte eine kritische Position gegenüber dem Nationalsozialismus aus | |
| ganz praktischen, realpolitischen Gründen zu eigen gemacht hat. Nur so sei | |
| die Wiedervereinigung vermittelbar gewesen. | |
| Das ist richtig, aber jetzt fängt – aus anderen Gründen, aber das ist egal | |
| – der Backlash an. Die alten Ressentiments werden wieder hochkommen. | |
| Beobachten Sie aus den USA die Erfolge der AfD? | |
| Ja, natürlich. | |
| Was denken Sie darüber? | |
| Über die Alternative? Wenn sie Teil der Welle ist, die man in vielen | |
| Ländern sieht, Le Pen in Frankreich, Trump in den USA, Orbán in Ungarn und | |
| so weiter, dann kann sie hochkommen. Aber man muss auch sagen, dass es in | |
| Deutschland schon mehrmals Parteien gab, die fast Neonaziparteien waren, | |
| die sechs oder sieben Prozent bekommen haben und dann wieder verschwunden | |
| sind. Die Frage ist, worum es sich beim Erfolg der AfD handelt: Ist es Teil | |
| einer gesamtwestlichen Reaktion auf liberale Politik? Oder ist es nur un | |
| feu de paille, wie man auf Französisch sagt? | |
| Ein Strohfeuer. Seit einem guten Jahr wird in Deutschland heftig über die | |
| Flüchtlingsfrage debattiert. Wie schätzen Sie Merkels Politik ein? | |
| Ich bin ein Fan von Angela Merkel. Nicht als Vorsitzende der CDU oder gar | |
| Vertreterin der CDU/CSU, sondern in dieser Sache. Sie ist eine tolle Frau | |
| mit einem moralischen Kompass. Sie sieht jetzt aber, dass das ein | |
| gefährliches Spiel ist. Und wenn ich mich nicht irre, will sie nun selbst | |
| neue Kontrollen einführen. | |
| Finden Sie das richtig? | |
| Das ist richtig, weil sonst eine Gegenreaktion eintreten könnte, die ein | |
| viel schlimmeres politisches Resultat ergeben würde. Eine | |
| Antiflüchtlingspolitik ist unannehmbar. Aber eine kontrollierte | |
| Flüchtlingspolitik ist nicht unmoralisch. | |
| Es ist fast eine Stunde vergangen, und wie vereinbart schalte ich mein | |
| Aufnahmegerät aus. Wir sprechen kurz über die große Golem-Ausstellung im | |
| Jüdischen Museum Berlin, da sagt Saul Friedländer: „Ich bin auch ein | |
| Golem.“ Die besten Sätze kommen erfahrungsgemäß, wenn die Geräte | |
| abgeschaltet sind. Ich frage ihn, was das bedeute. Er sei doch ein Junge | |
| aus Prag, antwortet er. Sein Vater habe eine prächtige Ausgabe von Gustav | |
| Meyrinks „Golem“ besessen. Die Geschichte des Golem handle auch von den | |
| Labyrinthen der Erinnerung. | |
| 15 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Gutmair | |
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