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# taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Frauen als Golden Retriever
> Das Buch „The Girls“ und die Serie „Aquarius“: Wer die Schauergeschic…
> um Charles Manson nutzt, bekommt viel Geld dafür.
Bild: Charles Manson (Gethin Anthony) und die Frauen
Wie bitte, jetzt ist er Charles Manson? Das ist die erste Frage, die kommt,
wenn man erzählt, dass David Duchovny in der NBC-Serie „Aquarius“
mitspielt. Klar, Duchovny und die Frauen, die ihn anflehen, mit ihnen ins
Bett zu gehen, und denen er – was kann er dafür? – gutmütig den Gefallen
tut, das kennen wir aus „Californication“: Duchovny als Casanova – die
Rolle wird er wohl nie mehr los.
Aber nein. Duchovny gibt diesmal nicht den Womanizer. Er spielt den
abgefuckten, aber wohlmeinenden Cop Sam Hodiak, der versucht, eine
vermisste Teenagerin aufzutreiben, und sie just dort findet, wo der
Massenmörder Charles Manson die verlorenen (Frauen-)Seelen im Kalifornien
der sechziger Jahre um sich schart: in einer heruntergekommenen Villa
Kunterbunt, in der er den Traum einer freien Gesellschaft inszeniert, der,
wie sich bald herausstellt – man kennt die Geschichte – ein Albtraum ist,
randvoll gefüllt mit manipulativem Pseudoguru-Gehabe und sexualisierter
Gewalt.
Dass die Serie „Aquarius“ heißt und damit nach dem Titelsong des Musicals
„Hair“ benannt ist, ist insofern interessant, als derzeit wirklich ein
zweites Dawning of the Age of Aquarius angebrochen ist. Zufällig oder auch
nicht, hat zu Beginn des Jahres in den USA ein Buch für Furore gesorgt, das
im selben Setting spielt und genau wie die Serie die in Amerika immer
wieder gern erzählte Manson-Schauergeschichte als historische Kulisse
nutzt: Emma Clines Debütroman „The Girls“.
Die beiden Adaptionen zeigen die Kehrseite der jeweils anderen
Interpretation. Während „Aquarius“ im Grunde nichts weiter ist als eine
stinknormale Polizeiserie, die sich mit den rassistischen, homophoben und
frauenfeindlichen Strukturen auf dem Revier und in der Gesellschaft
befasst, ist das Buch „The Girls“ ein Coming-of-Age-Roman, der die
destruktiven Sehnsüchte einer Teenagerin mit einer Präzision seziert, dass
einem beim Lesen unwohl wird.
## Männlicher Blick
Die Serie folgt dem üblichen, dem männlichen Blick auf die Verstrickungen
Mansons mit dem politischen Establishment – und erzählt damit die
Geschichte eines irren Einzeltäters, auf den immer alle starren, wenn etwas
Grausames geschieht, das sich nie ganz begreifen lässt.
Clines Buch geht der weitaus diffizileren Frage nach, wie es sein kann,
dass sich Frauen scheinbar freiwillig einem Mann hingeben, der sie,
Sklavinnen gleich, an seine Geschäftspartner verleiht und sie anstiftet, in
seinem Sinne Morde zu begehen.
Es ist deshalb wenig verwunderlich, dass Cline in ihrem Buch nur einen Satz
braucht, um die Tiefe sämtlicher weiblichen Charaktere von „Aquarius“ zu
beschreiben: „Und wir hatten alle genickt wie die Golden Retriever.“ Dass
man mittlerweile mit facettenreich gestalteten weiblichen Seriencharakteren
einen Emmy gewinnt, wie kürzlich Tatiana Maslany für die Rolle der Sarah
Manning in der Serie „Orphan Black“, muss die Macher von „Aquarius“
überrascht haben.
Was sowohl Serie als auch Buch eint, ist die Kohle, die man mit einer
Charles-Manson-Story abgreifen kann. Cline hat für ihr Erstlingswerk einen
Vorschuss von zwei Millionen Dollar kassiert. Und Serienautor John McNamara
konnte [1][in einem Interview mit dem Hollywood Reporter] stolz verkünden,
dass sein zu tiefst konventioneller Plot auf ganze sechs Staffeln ausgelegt
sei. Sieht so aus, als hätte David Duchovny wieder eine Never Ending Story
an der Backe, die er nicht mehr so schnell los werden wird.
30 Sep 2016
## LINKS
[1] http://www.hollywoodreporter.com/live-feed/aquarius-david-duchovny-spoilers…
## AUTOREN
Marlene Halser
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