# taz.de -- Koalitionen nach den Landtagswahlen: Ungewohnte Farbenspiele | |
> Alle drei MinisterpräsidentInnen bestätigt, alle drei Koalitionen | |
> abgewählt: Die Landtagswahlen sorgen für komplizierte | |
> Koalitionsgespräche. | |
Bild: Wer mit wem? | |
Berlin taz | Ein Paradoxon sorgt für ungewohnte Farbenspiele. Bei den | |
Landtagswahlen am Sonntag wurden alle drei MinisterpräsidentInnen von den | |
WählerInnen bestätigt, ihre Koalitionen jedoch abgewählt. | |
Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt stehen schwierige | |
Regierungsbildungen bevor. | |
Baden-Württembergs strahlender Wahlsieger Winfried Kretschmann will seine | |
Sondierungsgesprächen am Mittwoch starten. Eingeladen seien alle | |
demokratischen Parteien im Landtag, sagte der grüne Ministerpräsident am | |
Montag nach einer Vorstandssitzung seiner Partei. Er gehe ohne | |
Vorfestlegungen in die Treffen. Nachdem die Grünen die schweren Verluste | |
der SPD nur zum Teil kompensieren konnte, ist er auf einen neuen | |
Koalitionspartner angewiesen – entweder zusätzlich zur SPD oder im | |
Austausch anstelle der Sozialdemokraten. | |
Geplant hat Kretschmann, zuerst am Mittwochvormittag mit der FDP und der | |
SPD über eine rechnerisch mögliche „Ampel“ zu sprechen. Die Aussichten | |
dafür stehen indes schlecht. FDP-Bundeschef Christian Lindner hat bereits | |
abgewunken. „Herr Kretschmann hat einen Politikwechsel ausgeschlossen“, | |
sagte er am Montag in Berlin. Den jedoch wolle die FDP. „Nach den Gesetzen | |
der Logik kommen wir damit nicht zusammen“, sagte Lindner. Allerdings seien | |
die FDP-Landesverbände frei in ihrer Entscheidung über Bündnisoptionen. | |
Am Nachmittag folgen die Gespräche der Grünen mit der CDU über eine Große | |
Koalition – die wahrscheinlichere Variante. Politisch trennen die beiden | |
Parteien nicht viel. Ein Hindernis: Trotz des historisch schlechten | |
Abschneidens seiner Partei hat CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf immer noch | |
nicht ganz seine Hoffnungen auf den Ministerpräsidentenposten aufgegeben. | |
Wie auch FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke liebäugelt Wolf mit einer | |
„Deutschland-Koalition“ aus CDU, FDP und SPD. „Es gibt auch Mehrheiten | |
jenseits der Grünen“, sagte Wolf am Montag. Diese würde über eine | |
hauchdünne Mehrheit im Parlament verfügen. Schwer vorstellbar, dass die SPD | |
sich darauf einlässt. Schließlich hatte SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid am | |
Wahlabend verkündet: „Die Grünen haben den klaren Auftrag zur | |
Regierungsbildung.“ | |
## Dreier-Koalition in Rheinland-Pfalz? | |
Nach dem Einbruch der Grünen setzt die sozialdemokratische | |
Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz auf eine Ampelkoalition. | |
„Ich wünsche mir, dass diese Dreier-Konstellation zustande kommt“, sagte | |
die Wahlsiegerin am Montag in Berlin. Eine Große Koalition mit der CDU | |
komme für sie nur als letztes Mittel infrage. Das Verhältnis zwischen | |
Dreyer und der unterlegenen CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner gilt als – | |
vorsichtig formuliert – unterkühlt. | |
Die Grünen, die nur knapp den Wiedereinzug in den Landtag schafften, haben | |
bereits ihre Bereitschaft zu einer rot-gelb-grünen Koalition signalisiert. | |
Auch FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich nicht abgeneigt. Seine Partei | |
stehe für „alle möglichen Gespräche“ mit demokratischen Parteien zur | |
Verfügung. Dies gelte auch für Rheinland-Pfalz. | |
Dabei verwies Lindner auf eine sozial-liberale Tradition in dem Bundesland: | |
Unter den SPD-Ministerpräsidenten Rudolf Scharping und Kurt Beck war die | |
FDP von 1991 bis 2006 an der Landesregierung beteiligt. Die Freidemokraten | |
seien aber auch zur Opposition bereit, sagte Lindner: „Wir stehen nicht zur | |
Verfügung zum Verrat an unseren Projekten.“ Die Ampel dürfte also vor allem | |
eine Frage des Preises sein, den Dreyer bereit ist zu zahlen – vor allem | |
wohl auf Kosten der geschrumpften Grünen. | |
## Duldung durch die AfD in Sachsen-Anhalt? | |
Die schwierigste Ausgangslage bescherte der Wahlabend Reiner Haseloff in | |
Sachsen-Anhalt. Als strahlender Wahlsieger kann sich der Christdemokrat | |
nicht feiern lassen: Anders als der Grüne Kretschmann und die SPDlerin | |
Dreyer, deren Parteien prozentual und in absoluten Zahlen zulegen konnten, | |
hat die CDU in dem ostdeutschen Bundesland mit nunmehr 29,8 prozentual | |
leicht verloren, auch wenn sie an Stimmen absolut hinzugewonnen hat. | |
Da sich die SPD, der kleine Koalitionspartner, mit nur noch 10,6 Prozent | |
geradezu pulverisiert hat, musste der konservative Ministerpräsident am | |
Wahlabend ausgerechnet um eine Partei zittern, mit der ihn bislang nicht | |
viel verbunden hat: die Grünen, deren Einzug in den Landtag lange auf der | |
Kippe stand. Hätten sie die Fünfprozenthürde gerissen, hätten aufgrund der | |
komplizierten politischen Konstellationen Neuwahlen gedroht. | |
Aber auch so wird es aufgrund des 24,2-Prozent-Ergebnisses für die AfD | |
nicht einfach für Haseloff – zumindest solange er bei seiner Linie bleibt, | |
nicht mit den strammen Rechtsauslegern koalieren zu wollen. Da für die CDU | |
auch die Linkspartei (16,3 Prozent) als denkbare Partnerin derzeit noch | |
ausscheidet, bleibt als einzige Variante eine bislang noch nie überregional | |
ausprobierte Koalitionsoption: Schwarz-Rot-Grün, von | |
StaatsflaggenfetischistInnen auch als Kenia-Koalition bezeichnet. | |
„Wir werden eine Regierung der Mitte bilden, und der Wähler hat uns ins | |
Stammbuch geschrieben, wie diese Mitte derzeit auszusehen hat“, sagte | |
Haseloff am Montag in Berlin. Die SPD ist wohl trotz ihres Wahldesasters | |
bereit, erneut in eine Koalition mit der CDU zu gehen. Trotz großer | |
politischer Differenzen geben sich die Grünen offen: „Die CDU ist größte | |
Fraktion und muss Angebote machen, die demokratische Parteien nicht | |
ablehnen können“, sagte die grüne Landesvorsitzenden Cornelia Lüddemann. | |
Wie in Baden-Württemberg sollen die Gespräche am Mittwoch die beginnen. | |
Für den Fall, dass es doch nicht zu Schwarz-Rot-Grün kommt, hat AfD-Chef | |
André Poggenburg den Christdemokraten bereits ein unsittliches Angebot | |
gemacht. „Wir sind sehr offen für die Tolerierung verschiedener | |
Konstellationen und sehr gesprächsbereit“, sagte der 41-Jährige völkische | |
Nationalist der Deutschen Presse-Agentur. | |
14 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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