# taz.de -- Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Keine Regierung ohne die SPD | |
> Innerhalb weniger Wochen hat Malu Dreyer die Umfragewerte gedreht. Jetzt | |
> bietet sich ihr vor allem eine große Koalition an. | |
Bild: Jubel bei den SPD-Anhänger_innen. | |
Mainz taz | Wie knapp die Wahl ausgegangen ist, war am Sonntag in Mainz in | |
den Gläsern der Sieger zu sehen. Darin: Wasser, kein Sekt. Als hätte die | |
SPD selbst nicht damit gerechnet, dass Malu Dreyer vor ihrer starken | |
CDU-Konkurrentin Julia Klöckner liegt. | |
Doch am Ende einer rasanten Aufholjagd lag Dreyer knapp vorne. Sie ist die | |
Siegerin dieser Landtagswahl, in doppelter Hinsicht: Innerhalb weniger | |
Wochen hat sie die Umfragewerte nahezu umgedreht. Am Abend lag die SPD bei | |
etwa 36 Prozenten, die CDU liegt bei etwa 32. | |
Die FDP wird mit knapp über 6 Prozent wohl wieder in den Landtag einziehen. | |
Die Grünen lagen bei unsicheren 5 Prozent. Drittstärkste Kraft ist die AfD | |
mit 12,6 Prozent, mit denen keine der anderen Parteien koalieren wird. | |
Klar ist daher: Keine Regierung ohne SPD. Wer kommt dazu? „Heute will ich | |
feiern“, sagte Dreyer am Abend in Mainz. Über Koalitionspräferenzen sprach | |
sie angesichts der unsicheren Ergebnisse zunächst nicht. | |
Die guten SPD-Werte sind nicht nur für Rheinland-Pfalz, sondern auch für | |
den Bund wichtig. Dort dümpelt die Partei bei unter 25 Prozent, in | |
Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt sogar unter 15 – Dreyer hat hingegen | |
im Vergleich zur letzten Wahl Stimmen für ihre Partei dazu gewonnen. Der | |
Parteivorsitzende Sigmar Gabriel kann nun auf einen Sieg verweisen, wenn es | |
darum geht, wie die Partei weitermacht – ob mit oder ohne ihn. Auf jeden | |
Fall aber mit Dreyer. | |
## „Unsere Julia“ kam nicht an | |
Aber Dreyer hat auch deshalb so viele Stimmen bekommen, weil ihre | |
CDU-Konkurrentin mit ihrer Kampagne „Unserer Julia“ nicht bei den Wählern | |
ankam. Sie liegt sogar unter den Werten der Bundespartei, die momentan auf | |
etwa 36 Prozent käme. Weil sie aber Julia Klöckner ist, versucht sie es mit | |
einem Lächeln als sie sagt: Einen Teilsieg hätten sie ja errungen: | |
„Rot-Grün abzulösen“. Ihr Wahlergebnis ist eines der schlechtesten, das d… | |
CDU in Rheinland-Pfalz je hatte. | |
Klöckner musste im Wahlkampf den Spagat versuchen, sich in der | |
Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Willkommens-Mantra | |
abzusetzen – aber nicht zu weit. Sie hat das mit der Forderung versucht, | |
Integrationsunwillige zu sanktionieren, später dann mit dem „Plan A2“. | |
Offen ist, ob sie in einer großen Koalition einen Platz hätte. | |
Die SPD hätte es am liebsten gehabt, wenn es bei Rot-Grün geblieben wäre. | |
Aber daraus wird nichts. Die Grünen waren erst vor fünf Jahren wieder in | |
den Landtag eingezogen – und direkt auf die Regierungsbank. Fukushima und | |
der überraschende Atomausstieg hatten ihnen 15,4 Prozent beschert. Zuletzt | |
waren ihre Zustimmungswerte rasant gesunken, in gleichen Schritten, wie die | |
der SPD stiegen. Es gab also eine Wählerwanderung von Grün zu Rot. | |
## Hilfe vom Koalitionspartner | |
Es war absehbar, dass es für die Grünen knapp werden würde. Hilfe vom | |
Koalitionspartner bekam die grüne Vize-Ministerpräsidentin Eveline Lemke | |
nicht. Für eine Zweitstimmen-Kampagne der SPD waren ihre eigenen | |
Umfragewerte zu knapp. Das wichtigste Wahlkampfthema, die | |
Flüchtlingspolitik, erklärte Dreyer schließlich auch zur Chefsache – obwohl | |
die Grünen das Integrationsministerium führen. „Als Juniorpartner wurden | |
wir zwischen Dreyer und Klöckner zerrieben“, sagte Katharina Binz, | |
Landesvorsitzende der Grünen, am Abend. Sie steht vor dem Mainzer Lokal in | |
dem die Grünen feiern wollten. Sie zittert – vor Kälte und wegen des | |
ungewissen Ergebnisses. Drinnen sagen Grüne, dass 5,1 Prozent für sie ein | |
Erfolg wären. Oder auch 5,0. | |
Diese Landtagswahl ist Dreyers erste Wahl zur Ministerpräsidentin. Sie war | |
Kurt Beck ins Amt gefolgt, als der sich – offiziell aus Gesundheitsgründen | |
– zurückzog. Dreyer steht für klassische sozialdemokratische Politik: Sie | |
ist gegen Studiengebühren und dafür, dass Kitas kostenfrei bleiben, setzt | |
auf Infrastruktur-Projekte, mehr Straßen und den Bau der umstrittenen | |
Mittelrheinbrücke. Das hatten die Grünen in der gemeinsamen Koalition stets | |
abgelehnt. | |
## Oppositionsführer AfD? | |
Nun bietet sich vor allem eine große Koalition an. SPD und CDU können | |
miteinander aushandeln, woraus sie sich einlassen, das ist überschaubar. | |
Nur heißt es aus Kreisen beider Parteien, dass die Sympathien für einander | |
nicht besonders groß seien. Beide Spitzenkandidatinnen hatten daher eine | |
Dreier-Koalition mit FDP und Grün präferiert. | |
Eine große Koalition hieße auch, dass der AfD eine prominente Rolle im | |
Parlament zukommt: Die des Oppositionsführers. Mit über 12 Prozent ist sie | |
gut vertreten und könnte so vor allem die CDU in Bedrängnis bringen. | |
Während die Spitzenkandidaten von Kamera zu Kamera eilen, spaziert ein | |
weißhaariger Mann langsames Schrittes vor dem Landtag. Es ist Rudolf | |
Scharping, der frühere SPD-Ministerpräsident des Landes und späterer | |
Kanzlerkandidat. Was sollte die SPD nach dieser Wahl nun tun? Dreyer | |
beobachten. „Es lohnt sich, das mal genauer anzugucken“, sagt er. Dann | |
zündet er sich eine Zigarette an und geht ohne Eile davon. | |
13 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
Alina Leimbach | |
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