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# taz.de -- Die CDU nach den Landtagswahlen: Verdammt spät dran
> Angela Merkel rückt nicht von ihrer Flüchtlingspolitik ab. Schuld an den
> Verlusten der CDU sei nicht ihre Politik. Man müsse sie nur besser
> kommunizieren.
Bild: Düster sieht es um Merkel aus, doch sie bleibt standhaft.
Die Kanzlerin lässt sich Zeit. Als einzige Parteivorsitzende ist Angela
Merkel am Wahlabend nicht vor die Kameras getreten. Hat nicht das Ergebnis
ihres Ministerpräsidenten Rainer Haseloff gewürdigt und auch nicht die
Ergebnisse der Wahlverlierer kommentiert. Sie hat zunächst ihre internen
Gremien zusammengerufen. Montagmorgen: Präsidium. Montagmittag:
Parteivorstand. Danach hat sie eine Pressekonferenz angesetzt, aber sie
kommt zu spät.
Als sie schließlich kommt, sagt sie, ihre Partei habe die Wahl ausgewertet.
Ihr Ergebnis: Der Wahlsonntag war „ein schwerer Tag für die Union“. Sie
meint das schlechte Abschneiden ihrer Spitzenkandidaten. Und auch die guten
Ergebnisse der AfD.
Neben ihr steht Rainer Haseloff, der mit 29,8 Prozent Ministerpräsident in
Sachsen-Anhalt bleiben wird. Wie auch die anderen Spitzenkandidaten hat er
Prozentpunkte verloren, doch die Lesart der Partei geht so: An absoluten
Stimmen haben sowohl er als auch Julia Klöckner dazugewonnen – eigentlich
also ein Erfolg. Nur sind eben mehr Menschen wählen gegangen als noch vor
fünf Jahren, deshalb das schlechte Ergebnis in relativer Betrachtung. Auch
seien die verlorenen Wahlen irgendwie auch ein halber Sieg, sagt Merkel,
schließlich seien die alten Koalitionskonstellationen dieses Mal unmöglich.
Das sind die Worte, die Julia Klöckner am Vorabend schon ihrem
Landesverband sagte. Die steht nun rechts von Merkel und erzählt von
Wählern, denen sie begegnet sei, die eigentlich für die AfD stimmen wollten
– bis Klöckner sie im direkten Gespräch mit Argumenten umstimmen konnte.
Dialog hilft, ist die Botschaft der CDU am Tag nach der Wahl. Eine
Volkspartei, sagt Merkel, müsse die Wähler erreichen. Manche aber hätten
schon längst nicht mehr zugehört.
Die Parteigremien haben versucht zu verstehen, was die Wahlen bedeuten.
Sind sie ein Votum gegen Merkel oder stützen sie ihre Politik indirekt,
weil die Sieger Malu Dreyer und Winfried Kretschmann ihre
Flüchtlingspolitik unterstützen? Stimmten die Wähler gegen Julia Klöckner,
die zwar stets gut gelaunt ist, aber wenig politisches Profil zeigt? Hatte
Guido Wolf gegen den väterlichen, grünen Winfried Kretschmann schlicht
keine Chance? Unions-Partner Horst Seehofer hat sich längst festgelegt:
„Der zentrale Grund ist die Flüchtlingspolitik. Es hat überhaupt keinen
Sinn, da vorbeizureden.“ Angela Merkel sagt, ihre Parteispitze sehe das
differenzierter.
## Ängste und Zweifel
„Das alles dominierende Thema waren Flüchtlinge“, sagt Merkel über den
Wahlkampf, „Und dieses Thema hat im Auge der Wähler noch keine
abschließende Lösung.“ Heißt also, nicht die Sache an sich, die
Flüchtlingspolitik, ist das Problem, auch nicht ihre Ausgestaltung –
sondern dass die Wähler der Regierung nicht glauben, einen Plan zu haben.
Das sei, sagt Merkel, auch eine Folge der Spannungen zwischen CDU und CSU,
die faktisch gar nicht so groß seien, wie die letzten Wochen suggeriert
hatten. „Für Wählerinnen und Wähler sind diese Differenzen schwer
auszuhalten.“ Damit schiebt sie die Verantwortung zurück zu Horst Seehofer
und noch hinterher: Ihr Amt stehe nicht zur Diskussion.
Merkel kündigt an, ihre Partei wolle nun stärker auf Ängste und Zweifel
eingehen. Von der europäischen Lösung will sie sich nicht abwenden, wohl
aber verstärkt den Themen Integration und innere Sicherheit zu. „Wir müssen
Lösungen anbieten, nicht theoretische Diskussionen“, sagt sie. Das ist ihre
Strategie, um die Wähler von der AfD zurückzugewinnen.
Die Parteispitze lernt also aus den Wahlen, dass sie anders kommunizieren
muss. Lösungsorientiert, aktiver, geschlossen, um Bürgern ihre Ängste zu
nehmen. Ängste wovor? „No-go-Areas“, sagt Merkel, „Einbrüche in Häuser…
Und: „Andere Religionen“, insbesondere vor dem Islam. „Der Silvesterabend
in Köln hat eine große Verunsicherung hervorgerufen“, sagt Merkel und macht
sich keine Mühe, zwischen den Themen Geflüchtete, Kriminalität, gefühlter
oder echter Bedrohung zu unterscheiden.
Stattdessen wiederholt sie das Wort „Lösungen“. Finde die CDU welche, sei
kein Platz mehr für die AfD. Auf der Wand hinter ihr prangt das Wort
„Mitte“ als Slogan für ihre Partei, und man fragt sich, was das dort soll.
14 Mar 2016
## AUTOREN
Christina Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
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