# taz.de -- Cohn-Bendit über Grün-Schwarz in BaWü: „Bleibt nur die neue Gr… | |
> Der Grünen-Europapolitiker lobt Winfried Kretschmanns politischen Stil. | |
> Nach dem Wahlsieg seiner Partei werde dieser weiterregieren – | |
> wahrscheinlich mit der CDU. | |
Bild: Die einzige Option für Baden-Württemberg? Grün-Schwarz mit Wolf und Kr… | |
taz: Herr Cohn-Bendit, können die Grünen in der Republik etwas von | |
Kretschmanns Erfolg lernen? | |
Daniel Cohn-Bendit: Ja, von dessen politischen Stil. Man kann sich | |
meinetwegen streiten, wie grün Kretschmanns Wirtschaftspolitik ist. Aber | |
überzeugt haben seine Standhaftigkeit und Glaubwürdigkeit. Er hat sich nach | |
dem verlorenen Volksentscheid in Sachen Stuttgart 21 demokratisch fair | |
verhalten. Er hat gesagt: Keinen Cent mehr vom Land für das Projekt, aber | |
er hat das Votum akzeptiert, obwohl er dagegen war. Das haben die Leute | |
honoriert. | |
Ist Kretschmann nicht eher regionales Phänomen? Fast 90 Prozent finden ihn | |
als Ministerpräsidenten gut, sogar die meisten AfD-Wähler. Ist das als | |
Konzept für Grünen auf den Bund übertragbar? | |
Es ist beides. Die Grünen sind in Baden-Württemberg schon sehr lange stark | |
und stellen in Tübingen, Stuttgart und Freiburg den Oberbürgermeister. | |
Diese Verwurzelung ist einzigartig, das stimmt. Aber dieser Erfolg zeigt, | |
dass sich ein offener politischer Stil für die Grünen lohnt. Diesen Stil | |
verkörpern auch Robert Habeck und Cem Özdemir. Kretschmann zeigt, dass die | |
Grünen enorm erfolgreich sein können, wenn sie diskursiv offen sind, ohne | |
Besserwisserei und demonstrativ eine besondere Moral für sich zu | |
beanspruchen. | |
Frankfurt ist das Gegenbeispiel. Da haben die Grünen lange mit der CDU | |
regiert – und bei den Kommunalwahlen gerade krachend verloren. Also ist der | |
Weg in die Mitte für die Grünen doch nicht der Königsweg? | |
Klar, auch der Weg in die Mitte kann scheitern. Aber erstens gibt es einen | |
hessischen Kretschmann. Jochen Partsch, der als Oberbürgermeister in | |
Darmstadt mit Schwarz-Grün regiert und wiedergewählt worden ist. Gerade | |
wenn die Grünen in die Mitte gehen, müssen sie offen mit allen Schichten | |
und Gruppen kommunizieren. In Frankfurt haben sich die Grünen abgeschottet | |
gegen die Stadtgesellschaft. Die Grünen haben 2012 in ihrer | |
Magistratsgruppe den einsamen Beschluss gefasst, bei der Wahl des | |
Frankfurter Oberbürgermeisters den CDU-Kandidanten Boris Rhein zu | |
unterstützen und nicht den SPD-Mann Peter Feldmann. Dabei waren Zweidrittel | |
der grünen Wähler für Feldmann. Die Grünen sind in Frankfurt an der | |
Unfähigkeit gescheitert, auf die Gesellschaft zuzugehen. Außerdem haben sie | |
sich in der Mietenfrage von der CDU ausbremsen lassen. Deshalb haben sie | |
verloren. Kretschmann und Partsch stehen genau für das Gegenteil. | |
Kretschmann hat die Wahl gewonnen – aber ob er regieren kann, ist unklar. | |
Doch, das wird er. Was sonst? Die SPD wird in Stuttgart jetzt doch keiner | |
CDU-Regierung mit Guido Wolf ins Amt helfen. Die FDP ist in | |
Baden-Württemberg zu nationalistisch, um Rot-Grün zu unterstützen. Also | |
bleibt nur Grün-Schwarz, die neue Große Koalition. | |
Aber die CDU wird es sich mehr als zwei Mal überlegen, ob sie neuer | |
Juniorpartner von Kretschmann wird – gerade mit Blick auf das katastrophale | |
Ergebnis der SPD. | |
C'est la vie. Alle müssen sich noch an Grün-Schwarz gewöhnen. Das wird sehr | |
schwierig. Aber das müssen die Grünen hinbekommen. | |
14 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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