# taz.de -- AfD-Hochburg Burladingen auf der Alb: Häusle am Hang und Wut im Ba… | |
> In Burladingen haben mehr als 20 Prozent AfD gewählt. Einer von ihnen ist | |
> der parteilose Bürgermeister. Sie eint die Ablehnung von Merkels Politik. | |
Bild: So schön ist es in Burladingen | |
BURLADINGEN taz | Trotz des Wahlsonntags ist es ruhig und beschaulich in | |
Burladingen im Zollernalbkreis in Baden-Württemberg. Rund 12.000 Menschen | |
leben hier, verteilt auf zehn Stadtteile; einen Stadtkern gibt es nicht. | |
Nördlich und südlich schützen schneebedeckte Hügel den Ort. Am Eingang der | |
Stadt steht auch ihre Geschichte: alte Textilfabriken. Jahrzehnte blühte | |
hier eine große Textilindustrie. Übrig geblieben ist noch der Hersteller | |
Trigema. | |
Am Ortseingang hängt ein AfD-Plakat mit dem flotten roten Pfeil auf blauem | |
Grund: „Damit Baden-Württemberg Heimat bleibt“, steht da. Die AfD wird nach | |
Auszählung der Stimmen in Burladingen auf 21,3 Prozent kommen, ihr | |
Rekordergebnis im Wahlkreis. Der Ort ist nicht die Heimat der Abgehängten. | |
Die Leute schaffen hier, fahren mit guten Mittelklassewagen zum Wahllokal. | |
Viele bauen auch ein Häusle am Hang. | |
Ein älteres Ehepaar um die 60 mit beigefarbenen Anoraks tritt aus dem | |
Wahllokal. „Entschuldigen Sie, dürfte ich Sie etwas zur Wahl …“. „Da m… | |
Sie den Bürgermeister fragen. Der hat da schon das Richtige gesagt“, | |
unterbricht der Mann. „Wir wählen so, wie wir das wollen“, sagt die Frau, | |
„und nicht, wie die anderen uns das sagen.“ Dann fahren sie in ihrem neuen | |
VW Touran davon. | |
Im Wahlkampf haben zwei Meinungsführer der Stadt mit überraschenden | |
Empfehlungen für Aufregung gesorgt. Der Erste war Trigema-Chef Wolfgang | |
Grupp. Ein bodenständiger Unternehmer, immer im Maßanzug unterwegs. Er | |
leitet eines der wenigen Textilunternehmen, das noch in Deutschland | |
produziert. Typisch CDU, dachten viele. Er empfahl die Wahl der Grünen. | |
Der andere ist Harry Ebert, seit 1999 parteiloser Bürgermeister. Erst | |
vergangenes Jahr wurde er mit 83,0 Prozent der Stimmen wiedergewählt, einen | |
Gegenkandidaten gab es nicht. Doch es heißt, Ebert sei ein Stadtvater, dem | |
die Fähigkeit fehle, zu integrieren und die Bewohner zusammenzuführen. Er | |
wollte ein „unbequemer“ Bürgermeister sein, der für „Spannung und | |
Spannungen“ sorge, sagte er damals. | |
## Wahlempfehlung für die AfD | |
Im zurückliegenden Wahlkampf teilte er auf seinem Facebook-Profil Posts und | |
Wahlplakate der AfD und gab der Partei und der Gruppe „Merkel muss weg“ | |
sein „Like“. Irgendjemand gab das an den Schwarzwälder Boten weiter. Die | |
Reaktionen reichten von „Schämen Sie sich, Herr Ebert“ bis hin zu „Ebert | |
hat wenigstens Eier in der Hose“. | |
Der taz sagte Ebert: „Das Problem der massenhaften und auf Dauer nicht zu | |
bewältigenden Zuwanderung, mit den zu erwartenden enormen Problemen | |
sozialer und kultureller Art, überlagern alle sonstigen Probleme in unserem | |
Land.“ | |
Wer am Sonntag AfD gewählt hat, sieht das ganz ähnlich. Die | |
„Flüchtlingskrise“ ist das überragende Thema. „Müssen die alle nach | |
Deutschland kommen?“, fragen zwei junge Männer, die in Burladingen als | |
Mechaniker und Lagermeister arbeiten. Früher haben sie CDU gewählt. Die AfD | |
müsse nicht in die Regierung kommen, aber sie solle der Politik Angela | |
Merkels einen Dämpfer versetzen. Sie fragen sich immer wieder gegenseitig: | |
„Oder?“ „Ja, genau.“ Wie zur Bestätigung, dass sie nicht alleine sind … | |
ihrer Meinung. | |
Nach ihnen kommt eine ältere Frau, freundlich und ruhig. Ganz ohne Wut sagt | |
sie über die Flüchtlinge: „Die Kulturen passen einfach nicht zusammen. Man | |
sieht doch, dass die sich nicht integrieren wollten.“ | |
Schon mehr ins Bild, das viele von den AfD-Wählern haben, passt ein stark | |
tätowierter Mann mit A.C.A.B.-Aufschrift auf der Hose. Er sagt: „Wenn das | |
so weitergeht, müssen wir uns irgendwann noch schämen, dass wir deutsch | |
sind.“ Klingt nach NPD, die aber, sagt er, sei ihm viel zu rechts. Die AfD | |
sei dagegen eine gute wählbare Partei. 2011 hatte er gar nicht gewählt. | |
## Lieber nicht öffentlich | |
Mehr als ein Fünftel der Wähler in Burladingen haben AfD gewählt, aber | |
öffentlich in Verbindung will fast keiner mit ihnen stehen. „Wir haben ein | |
Familienunternehmen, und viele Kunden sehen das sicher anders“, sagt ein | |
Handwerker. „Ich bin da vielleicht ein bisschen zu extrem, das muss hier | |
keiner wissen“, sagt der Produktionsarbeiter. | |
Egal mit wem man an diesem Tag spricht, die AfD-Wähler sind die mit mehr | |
Zorn, mehr Frust und mehr Angst. Die anderen Wähler sagen: „Wir waren | |
erstaunlich überrascht von der Arbeit Kretschmanns.“ Der Nächste: „Ich | |
wünsche mir schon, dass Baden-Württemberg wieder von der CDU regiert wird.“ | |
Und dann kommt ein 25-jähriger Mann und sagt: „Die CDU treibt uns in den | |
Untergang.“ Es gibt dieses einende Gefühl: Es sind zu viele Flüchtlinge. | |
Das wird nicht funktionieren. | |
Die AfD fängt diese Stimmung auf, wenn auch die meisten Wähler unsicher | |
sind, was aus ihrer Proteststimme wird. „Mal sehen, was es bringt“, sagt | |
einer. Und Bürgermeister Ebert schreibt der taz am Montag: „Wenn man | |
bedenkt, was Sinn und Zweck der Sache war, nämlich den etablierten Parteien | |
zu zeigen dass sie momentan am Volk vorbeiregieren, dann kann ich mit dem | |
Ergebnis sehr zufrieden sein. Das war ein Schuss vor den Bug und Merkel und | |
Co. tun gut daran, dies nicht zu ignorieren.“ Ein weiteres Engagement für | |
die AfD stehe für ihn „derzeit nicht zur Diskussion“. | |
15 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Patrick Bauer | |
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