# taz.de -- Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Alles noch ein bisschen schlimmer | |
> Ist Sachsen-Anhalt noch regierbar? CDU und SPD verfehlen eine gemeinsame | |
> Mehrheit. Die AfD hat nicht nur von ihnen Wähler abgezogen. | |
Bild: Niemand will mit der AfD koalieren: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Re… | |
Magdeburg taz | Bei den „Elefantenrunden“ verschiedener Fernsehanstalten | |
grinste nur einer zufrieden: AfD-Landeschef André Poggenburg. Eisige oder | |
verunsicherte Gesichter bei allen anderen Parteien. Denn es kommt in | |
Sachsen-Anhalt noch ein bisschen schlimmer, als von den bisherigen | |
Platzhirschen im Landtag befürchtet. Der Handstreich der AfD, die auf | |
Anhieb bis zu 24 Prozent erreicht, bringt das Land mit dem „Schlechte | |
Laune“-Image an den Rand der Unregierbarkeit. | |
Nach den Hochrechnungen verfehlt selbst die bisherige Koalition von CDU und | |
SPD eine gemeinsame Mehrheit, die für eine Fortsetzung des | |
Regierungsbündnisses reichen würde. Schwerer als die geringen CDU-Verluste | |
wiegen dabei die der Sozialdemokraten. | |
Die Union verschlechtert sich erwartungsgemäß von 32,5 Prozent im Jahr 2011 | |
auf knapp 30 Prozent. Die SPD jedoch bricht mit Verlusten von fast 12 | |
Prozent auf einen Stimmenanteil von nur etwas mehr als zehn Prozent | |
regelrecht ein. Ein dritter Partner wäre für eine Koalitionsbildung nötig. | |
Nach ersten Hochrechnungen könnten das die Grünen sein, die die | |
Fünf-Prozent-Hürde knapp überspringen. Landesvorsitzende Cornelia Lüddemann | |
sah das Wahlziel bereits erreicht. Die in Sachsen-Anhalt traditionell | |
stärkere FDP hat sich zwar erholt, muss aber bei einer Hochrechnung um fünf | |
Prozent noch um den Wiedereinzug in den Landtag nach fünf Jahren | |
Abwesenheit bangen. | |
Am Wahlergebnis fällt außerdem der hohe Stimmenanteil von knapp zehn | |
Prozent für andere Parteien auf, unter denen die Freien Wähler einen | |
erheblichen Anteil einnehmen dürften, während die NPD marginalisiert wird. | |
## AfD mobilisiert Nichtwähler | |
Verursacher dieser Kalamitäten ist eindeutig die AfD. Ihr | |
Sachsen-Anhalt-Ergebnis stellt einen bundesweiten Rekord auf und ist | |
überdies von erheblicher psychologischer Wirkung. Denn die angebliche | |
Alternative avanciert aus dem Stand zur zweitstärksten Fraktion im | |
Magdeburger Landtag. Ein Erfolg, der ihr sogar das Problem beschert, mit | |
nicht sonderlich qualifiziertem Personal in den Landtag einzuziehen, wie | |
Landesvorsitzender André Poggenburg schon Ende des Vorjahres indirekt | |
einräumte. | |
Das aber spielte am Wahlabend keine Rolle, an dem Poggenburg und sein aus | |
Thüringen angereister Freund und Rechtsaußen Björn Höcke schon vor der | |
18-Uhr-Prognose erste Siegerinterviews gaben. | |
Die AfD hat nicht nur Wähler von den etablierten Parteien abgezogen. Sie | |
vermochte offensichtlich auch, Nichtwähler in erheblichem Umfang zu | |
mobilisieren. Auch in Sachsen-Anhalt stieg die Wahlbeteiligung deutlich an, | |
lag schon am Spätnachmittag um rund sieben Prozent höher als vor fünf | |
Jahren. | |
Die sprichwörtliche Unberechenbarkeit der Wähler zwischen Unstrut und | |
Altmark, die in der Vergangenheit bereits der FDP und der DVU | |
Überraschungsergebnisse bescherten, mag ein Übriges getan haben. Nicht nur | |
die Flüchtlingsproblematik, auch die wirtschaftliche Lage ihrer Wähler im | |
strukturschwachen Bundesland dürfte Einfluss gehabt haben. Während laut | |
einer MDR-Umfrage zumindest ein Drittel der Sachsen-Anhalter optimistisch | |
in die Zukunft blickt, teilen unter AfD-Anhängern nur 11 Prozent diese | |
Zuversicht. | |
## „Substanzieller Rechtskurs“ im ganzen Land | |
Dass die SPD hinter die AfD zurückfallen würde, war schon vor dem Wahltag | |
absehbar. Vize-Fraktionschef Rüdiger Erben machte für das schlechte | |
Abschneiden nicht nur das Flüchtlingsthema, sondern auch hausgemachte | |
Probleme verantwortlich. Auf der deprimierenden SPD-Wahlparty waren | |
Erwartungen zu hören, dass Fraktions- und Parteichefin Katrin Budde nun | |
zurücktreten solle. | |
Unerwartet kommt, dass die stabil erscheinende Linke ein gleiches Schicksal | |
hinnehmen muss. Spitzenkandidat und Fraktionschef Wulf Gallert sprach denn | |
auch schon kurz nach 18 Uhr von einem „schlechten Ergebnis“ und einer | |
Niederlage angesichts eines Rückgangs auf etwa 16 Prozent. Ein | |
„substanzieller Rechtskurs“ im ganzen Land habe dazu beigetragen. Zu | |
Konsequenzen des Scheiterns seines dritten persönlichen Anlaufs auf das Amt | |
des Ministerpräsidenten wollte er sich noch nicht äußern. | |
Hinsichtlich einer Regierungsbildung steht bislang nur fest, dass die AfD | |
für niemanden als Koalitionspartner infrage kommt. CDU-Ministerpräsident | |
Reiner Haseloff sprach von einem Wahlsieg für seine Union und sieht sich | |
klar in der Verantwortung für eine Regierungsbildung. Er habe außerdem | |
bereits mit Kanzlerin Merkel gesprochen, die ihm eine Lösung der | |
Flüchtlingsfrage zugesagt habe, um verlorene Wähler wieder zurückzuholen. | |
Haseloff hatte in der Vergangenheit Merkels Kurs zumindest indirekt | |
kritisiert. | |
Sollten die FDP und im Extremfall auch die Grünen doch noch den | |
Landtagseinzug verfehlen, richten sich alle Blicke auf die Linke. Eine | |
Koalition schloss Wulf Gallert mit den Worten aus, dass die Linke stets für | |
eine linke und alternative Politik zur CDU gestanden habe. Ob die | |
Tolerierung einer schwarz-roten Minderheitsregierung überhaupt denkbar | |
wäre, ist noch völlig offen. Die PDS-Vorgängerin hatte dieses „Magdeburger | |
Modell“ gegenüber dem SPD-Ministerpräsidenten Reinhard Höppner schon einmal | |
praktiziert. | |
13 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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