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# taz.de -- Fossile Energien: Kohle wirft keine Kohle mehr ab
> Der Finanzkonzern Allianz will seine Milliarden aus der Kohleindustrie
> abziehen. Das soll das Weltklima schützen – und die eigene Rendite.
Bild: Die Kohle-Idylle, sie ist lang vorbei. Auch für Investoren. Kraftwerk Me…
Berlin taz | Rund vier Milliarden Euro will die Allianz-Versicherung aus
der klimaschädlichen Energieerzeugung abziehen. „Die Allianz steigt aus der
Kohle aus“, sagte Andreas Gruber, Chefinvestor des Finanzkonzerns in der
[1][ZDF-Sendung „Frontal21]“ am Dienstagabend. „Wir werden nicht mehr in
Bergbau- und Energieunternehmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres
Umsatzes beziehungsweise ihrer Energieerzeugung aus Kohle generieren.“
Das Unternehmen, das zu den größten Kapitalanlegern weltweit gehört, setzt
damit ein Zeichen – unmittelbar vor der Weltklimakonferenz, die in wenigen
Tagen in Paris beginnt. Zwei Gründe für die Entscheidung nannte
Allianz-Sprecher Nicolai Tewes: „Erstens Klimaschutz. Zweitens nehmen wir
an, dass Investments in Kohleindustrien künftig nicht mehr die Renditen
erbringen, die unsere Kunden für ihre Altersvorsorge erzielen möchten.“
Der Konzern teilt damit die Einschätzung von Umweltorganisationen, die sich
für das sogenannte Divestment aussprechen. Kapitalanlagen in fossile
Energie stellen demnach ein zunehmendes Risiko für Investoren dar. Hinzu
kommt: Als Versicherungsunternehmen weiß die Allianz, welche horrenden
Kosten Klimaschäden verursachen können.
In den kommenden sechs Monaten will die Allianz Aktien von Kohlekonzernen
verkaufen. Das sei aber nur ein kleinerer Teil der betroffenen
Investitionen. Außerdem sollen in den kommenden Jahren große Summen anders
investiert werden, die bisher in Anleihen von Kohleunternehmen stecken.
„Bei festverzinslichen Anlagen werden wir keine Verkäufe tätigen, aber wir
werden unsere bestehenden Investments auslaufen lassen“, erklärte Gruber.
Statt in Kohlebergbau und -verarbeitung werde man die Geldanlagen in
Windenergie massiv ausbauen. Gruber: „Wir haben bis heute etwa 2 Milliarden
Euro in Windenergie investiert und wir haben vor, diesen Betrag über die
nächsten Jahre zu verdoppeln. Hier erwarten wir eine Rendite von 5 bis 6
Prozent für unsere Kunden.“
## Rahmenbedingungen verschlechtern sich
Die neue Strategie gilt für eigene Investments der Allianz. Diese umfassen
gegenwärtig etwa 630 Milliarden Euro. Mit diesen Summen muss die
Versicherung ausreichende Gewinne erwirtschaften, um die
Lebensversicherungen und Altersversorgung für Millionen Kunden zu
finanzieren. Bei Kapitalanlagen im Auftrag externer Investoren,
beispielsweise in den Töchtern Pimco und Allianz Global Investors, ändert
sich einstweilen nichts.
Trotzdem dürften sich für manche der traditionellen Energiekonzerne nun die
Rahmenbedingungen verschlechtern. Aktien des Kohlekonzerns RWE müsste die
Allianz abstoßen, was den Wert der Firma verringern könnte.
Ohnehin klagte RWE-Chef Peter Terium kürzlich darüber, dass es schwer sei,
Kapital aufzunehmen. Und wenn Eon seine Kohlekraftwerke bald in die neue
Tochter Uniper auslagert, wird die Allianz nicht zu den Investoren gehören.
Die Allianz ist einer der ersten großen, global tätigen Investoren, die
systematisch Abschied von der Kohleindustrie nehmen. Zum teilweisen Abzug
von Kapital aus Unternehmen der fossilen Energien hatten sich früher
beispielsweise der norwegische Staatsfonds und der Versicherungskonzern Axa
bekannt.
Andere große deutsche Investoren können sich zu diesem Schritt noch nicht
durchringen. Die Deutsche Bank erklärte am Dienstag lediglich, sie
unterstütze „insgesamt ein ausgewogenes Energiekonzept und berücksichtigt
dabei sowohl wirtschaftliche als auch ökologische und soziale Aspekte“.
## 3,3 Milliarden in klimaschädliche Energie
Deutschlands Banken und Investoren seien im internationalen Vergleich stark
an der Finanzierung der Kohleindustrie beteiligt, erklärte die
Umweltorganisation [2][Urgewald]. So habe die europäische Braunkohle
zwischen 2010 und Mitte 2015 aus Deutschland rund 8,7 Milliarden Euro durch
Kredite und Aktienkäufe erhalten. Unter den deutschen Kreditgebern ist laut
Urgewald die Deutsche Bank führend, die im Untersuchungszeitraum etwa 3,3
Milliarden Euro in die klimaschädliche Industrie steckte.
Umweltorganisationen wie [3][350.org] und [4][Carbon Tracker] fordern, das
Divestment über die Kohle hinaus auf alle fossilen Energieträger
auszudehnen. Ihr Argument: Milliarden Euro Kapitalanlagen in Unternehmen
der Kohle-, Erdöl- und Erdgasindustrie seien gefährdet, weil die
traditionellen Energiekonzerne die erhofften Gewinne künftig nicht mehr
erzielen könnten. Die weltweiten Anstrengungen zum Klimaschutz zwängen sie
dazu, einen Großteil der Kohle-, Öl- und Gasvorkommen im Boden zu lassen.
Tausende von Investoren haben sich der Divestment-Kampagne bereits
angeschlossen, viele davon in den USA und Großbritannien. Meistens sind es
jedoch kleinere und mittlere Finanzanleger wie Kommunen, Kirchengemeinden,
Universitäten und Stiftungen. Nach Schätzungen von Arabella Advisers, einer
US-amerikanischen Beratung für ethisches Investment, bekennen sich bislang
Anleger zum Divestment, die über 2.600 Milliarden Dollar Kapital verfügen.
Wie viel bisher tatsächlich aus fossilen Investitionen abgezogen wurde,
weiß man jedoch nicht.
25 Nov 2015
## LINKS
[1] http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2609796/Kohle-Investitionen-ge…
[2] https://www.urgewald.org/
[3] http://350.org
[4] http://www.carbontracker.org/
## AUTOREN
Hannes Koch
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