| # taz.de -- BND mit eigener Selektorenliste: Freunde abhören geht doch | |
| > Offenbar hatte auch der BND befreundete Staaten im Visier. Abgeordnete | |
| > sind empört, der Justizminister fordert „strengere Regeln“. | |
| Bild: Der BND lauschte aus Bad Aibling bei Freunden mit. | |
| Berlin taz | Christian Ströbele steht am Donnerstag im Tweedjacket im | |
| Bundestag und genießt, dass er es ja schon immer geahnt hat. Nun also hat | |
| nicht nur die böse NSA, sondern auch der BND befreundete Partner | |
| ausgespäht. So hat es ihm der Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung | |
| abends zuvor selbst berichtet. Und nun hat Kanzlerin Merkel aus | |
| Ströbele-Sicht ein Problem, so oder so. „Entweder tanzt ihr der BND auf der | |
| Nase herum“, sagt der Grüne. „Oder Frau Merkel hat uns nicht wahrheitsgem�… | |
| informiert.“ | |
| Ströbele erinnert an einen Merkel-Satz vom Herbst 2013, nach den | |
| Snowden-Enthüllungen: „Abhören unter Freunden, das geht gar nicht.“ Geht | |
| offenbar doch. Denn wie das Kanzleramt dem Bundestagskontrollgremium der | |
| Geheimdienste, in dem auch Ströbele sitzt, gestand, stellte auch der BND | |
| selbst Selektoren, also Suchbegriffe wie E-Mail-Adressen oder | |
| Telefonnummern, in seine Überwachungsprogramme ein, die auf europäische | |
| Botschaften, EU-Institutionen oder US-Behörden zielten. Von einer | |
| vierstelligen Zahl ist die Rede. Erst im Herbst 2013, nach Snowden, seien | |
| diese beim BND geprüft und aussortiert worden. | |
| Warum aber wurde das Parlament erst jetzt darüber informiert, obwohl seit | |
| 2014 ein NSA-Untersuchungsausschuss tagt, obwohl dort BND-Chef Gerhard | |
| Schindler und Kanzleramts-Vertreter aussagten? | |
| Ströbele spricht von einem „unglaublichen Vorgang“. Auch der | |
| SPD-Innenexperte Christian Flisek nennt dies „ein Stück aus dem Tollhaus“. | |
| Die Vorwürfe seien „extrem besorgniserregend“. Bundesjustizminister Heiko | |
| Maas (SPD) forderte strengere Regeln für den BND. „Rechtsstaat und | |
| Grundrechte enden nicht an Deutschlands Grenzen.“ | |
| ## Schon bei NSA-Selektoren schwieg das Kanzleramt | |
| Wie ernst die Vorwürfe sind, beweist, dass das Bundestagskontrollgremium | |
| umgehend beschloss, eine Taskforce kommende Woche in die BND-Zentrale in | |
| Pullach zu schicken und die Vorwürfe dort zu prüfen. Noch am | |
| Donnerstagabend sollte das Gremium in einer Sondersitzung erneut von der | |
| Regierung informiert werden. | |
| Erst im Frühjahr wurde bekannt, dass die NSA mit BND-Hilfe Tausende | |
| europäische Ziele ausspähte. Die Empörung war groß. Der Bundestag setzte | |
| den Ex-Richter Kurt Graulich als Sonderermittler ein, um die Spähliste | |
| auszuwerten. Der will im November Bericht erstatten. | |
| BND-Chef Schindler hatte behauptet, erst im Frühjahr von den | |
| problematischen NSA-Selektoren erfahren zu haben. Über die eigene Spionage | |
| bei Freunden informierte er das Kanzleramt angeblich bereits im Herbst | |
| 2013. Dort behielt man die Info für sich. Die Verteidigungslinie: Es ging | |
| nur darum, mit den Selektoren Informationen über Krisenländer wie | |
| Afghanistan oder Mali zu sammeln – nicht über die Verbündeten. Christian | |
| Ströbele zweifelt: „Das muss über befreundete Institutionen gehen?“ Wenn | |
| die Taskforce nach Pullach aufbricht, wird einer dabei sein: Ströbele. | |
| 15 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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