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# taz.de -- Nach Spionage-Affäre: Mitarbeiter werden versetzt
> Der Bundesnachrichtendienst hat vorschriftswidrig Ziele in EU- und
> Nato-Staaten ausgespäht. Jetzt gibt es personelle Konsequenzen.
Bild: Die Bundesregierung hatte dem Kontrollgremium mitgeteilt, dass es neben d…
Berlin dpa | Die BND-Affäre um angeblich rechtswidrige Internet-Spionage
hat erste personelle Konsequenzen. Nach Informationen der Deutschen
Presse-Agentur vom Mittwoch verlieren drei Mitarbeiter der Abteilung
technische Aufklärung im Bundesnachrichtendienst (BND) ihre Posten.
Demnach werden zwei von ihnen mit anderen Aufgaben innerhalb des BND
betraut. Der Leiter der Abteilung, ein Bundeswehr-General, wird nach diesen
Informationen Anfang 2016 den BND verlassen und in die Bundeswehr
zurückkehren. Auch der Unterabteilungsleiter ist demnach betroffen. Zuerst
hatte die Süddeutsche Zeitung über die Konsequenzen berichtet.
Der BND teilte am Abend auf dpa-Anfrage mit, man äußere sich zu
Personalangelegenheiten nicht.
Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestages hatten am Mittwoch gravierende
Rechtsverstöße beim BND beklagt und Konsequenzen verlangt. Untersuchungen
hätten ergeben, dass der BND unrechtmäßig und nicht auftragskonform eine
Vielzahl an Zielen in EU- und Nato-Staaten ausgeforscht habe – darunter
ausländische Regierungsstellen und EU-Institutionen. Das sagte der
Vorsitzende des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, André
Hahn (Linke), nach einer Sitzung des Gremiums in Berlin. In Einzelfällen
seien auch deutsche Staatsbürger ausgespäht worden.
## Task Force eingerichtet
Die Bundesregierung hatte dem Kontrollgremium im Oktober mitgeteilt, dass
es neben den umstrittenen Suchkriterien des US-Geheimdienstes NSA auch
eigene problematische BND-Selektoren gegeben hat, die bis Ende 2013 im
Einsatz waren. Das Parlamentsgremium hatte daraufhin eine Task Force
eingerichtet, um dem weiter nachzugehen.
Selektoren sind Suchmerkmale wie Telefonnummern oder Mail-Adressen, die
genutzt werden, um weltweite Datenströme zu durchkämmen. Der BND hatte im
Sommer 2013 begonnen, kritische Suchkriterien aus seiner
Fernmeldeaufklärung herauszunehmen. Am Ende waren etwa 3300 Ziele
herausgefiltert worden, die EU- und Nato-Staaten betrafen. Diese schaute
sich die Task Force des Kontrollgremiums genauer an.
Nach Angaben von Hahn sind ein Drittel der Ziele „mit großer
Wahrscheinlichkeit rechts- und auftragskonform“. Eine weitere Gruppe könne
nicht pauschal beurteilt werden. Der BND habe aber auch „eine Vielzahl von
Zielen aufgeklärt, die nicht auftragskonform und rechtlich zulässig sind“.
Einzelne Ziele dürfe er nicht nennen. Die Ausforschung habe es zum Teil
jahrelang gegeben. In einzelnen Fällen habe der BND auch deutsche
Staatsbürger erfasst und dies mit der sogenannten Funktionsträgertheorie
begründet.
Deutsche Bürger sind besonders vor Ausspähung durch deutsche Dienste
geschützt – auch, wenn sie sich im Ausland aufhalten. Eine Überwachung
ihrer Kommunikation ist nur in Ausnahmefällen und nach Genehmigung durch
die sogenannte G10-Kommission erlaubt. Der BND argumentiert aber, bei
„Funktionsträgern“ sei das anders. Der deutsche Geschäftsführer einer
ausländischen Firma im Ausland ist nach BND-Logik nur vor Ausspähung
geschützt, wenn er privat telefoniert, nicht aber bei geschäftlichen
Gesprächen.
## „Unhaltbarer Zustand“
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hielt dagegen, der BND dürfe
Deutschen im Ausland nicht ihre Grundrechte absprechen. „Diese
Funktionsträgertheorie verstößt krass gegen das Grundgesetz.“ Ein
eindeutiger Rechtsverstoß sei außerdem, dass das Kontrollgremium über Jahre
gar nicht, falsch oder unvollständig informiert worden sei.
Der SPD-Abgeordnete Burkhard Lischka sprach von einem „unhaltbaren Zustand,
der dringend geändert werden muss“. Der CDU-Politiker Clemens Binninger
beklagte, die Rechtsgrundlage für die BND-Arbeit sei zu schwammig. Beim BND
habe sich in einer Abteilung ein Eigenleben entwickelt, die Aufsicht habe
nicht funktioniert.
Die Parlamentarier fordern dass Dienstvorschriften verändert, die Aufsicht
über den BND müsse verbessert und die parlamentarische Kontrolle ausgebaut
werden müsse. Besonders sensible Selektoren sollten von der BND-Spitze und
dem Kanzleramt abgesegnet werden. Die gesetzlichen Grundlagen für die
Arbeit des BND müssten strenger gefasst werden. Ströbele scherte als
einziger aus und beklagte, das Gremium sei mit seinen Schlussfolgerungen
viel zu zurückhaltend.
Die Bundesregierung begrüßte die Untersuchung und betonte, es seien bereits
einige Reformen beim BND eingeleitet. Es gebe keine Hinweise auf
massenhafte Ausspähung deutscher und europäischer Staatsbürger.
17 Dec 2015
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