# taz.de -- Geheimdienstkooperation mit Syrien: Bundesregierung verweigert Auss… | |
> Unter Berufung auf das „Staatswohl“ will Schwarz-Rot keine Angaben über | |
> eine Zusammenarbeit des BND mit dem syrischen Geheimdienst machen. | |
Bild: Künstliche Palme vor der künftigen BND-Zentrale in Berlin. In Damaskus … | |
BERLIN taz | Es ist ein böser Verdacht: Arbeitet der deutsche | |
Bundesnachrichtendienst (BND) noch immer oder schon wieder mit dem | |
syrischen Geheimdienst zusammen? Beantworten will die Bundesregierung die | |
Frage nicht. Selbst wissensbedürftige Parlamentarier beißen auf Granit: | |
Solch eine Information würde „derart schutzbedürftige | |
Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem | |
parlamentarischen Informationsanspruch wesentlich überwiegt“. | |
So steht es in der Antwort des Auswärtigen Amtes auf ein entsprechendes | |
Auskunftsbegehren des grünen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz, | |
die der taz vorliegt. Notz hatte wissen wollen, welche Pläne es innerhalb | |
der Bundesregierung und der ihr unterstellten Dienste gibt, „die | |
Kooperation mit dem Assad-Regime in Syrien wieder auszubauen und zu | |
verstetigen“. Besonders interessierte er sich dafür, ob und in welcher Form | |
es einen Informationsaustausch gibt, und für etwaige gemeinsame Operationen | |
in den vergangenen drei Jahren. | |
Gegenstand seiner Fragen seien „Informationen, die in besonders hohem Maße | |
das Staatswohl berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht | |
beantwortet werden können“, beschied der Staatsminister für Europa im | |
Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), dem Abgeordneten. Selbst eine | |
Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzzelle des | |
Bundestages sei nicht möglich. Da die angefragten Inhalte „die Fähigkeiten | |
und Arbeitsweisen des Bundesnachrichtendienstes in ihrem Wesens“ beträfen, | |
könne „auch eine Bekanntgabe an einen begrenzten Kreis der Empfänger diesem | |
Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen“. | |
Die Auskunftsverweigerung der Regierung empört von Notz: „Das ist | |
inakzeptabel.“ Damit versuche die schwarz-rote Koalition zum wiederholten | |
Male „höchst relevante sicherheits- und außenpolitische Entscheidungen | |
Öffentlichkeit und Parlament zu entziehen und eine Debatte hierüber zu | |
verhindern“. | |
Seit einiger Zeit halten sich hartnäckig Gerüchte über eine wieder | |
intensivierte Agentenkooperation der BRD mit dem syrischen Terrorregime. | |
Verifiziert werden konnten sie bislang nicht. Traditionell verfügt der BND | |
über gute Verbindungen in das vorderasiatische Land. Sie reichen bis in die | |
Fünfziger- und Sechzigerjahre zurück, als noch der NS-Verbrecher Alois | |
Brunner als BND-Gewährsmann in Damaskus residierte. | |
Die Zusammenarbeit des BND mit den syrischen Diensten war aus | |
menschenrechtlicher Sicht von jeher äußerst heikel. Als besonders | |
problematisch gilt sie seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien 2011. | |
Seitdem sollen mehrere tausend Zivilisten und politische Gefangene von | |
Assads Geheimdiensttruppen gefoltert und ermordet worden sein. | |
„Die Institutionalisierung der geheimdienstlichen Kooperation mit einem | |
Regime wie dem von Assad und seinen Schergen, die Fassbomben auf die | |
Zivilbevölkerung werfen, foltern und morden, verbietet sich“, ist der Grüne | |
von Notz überzeugt. Doch gibt es sie möglicherweise trotzdem? | |
Unter Berufung auf eine ungenannte Quelle berichtete der britische | |
Independent im August vergangenen Jahres, US-Geheimdienste hätten der | |
syrischen Regierung über den BND Informationen zu genauen Standorten von | |
Anführern des „Islamischen Staats“ geliefert – was der BND allerdings | |
scharf dementierte. | |
Kein Dementi gibt es hingegen bislang zu einem Bericht der Bild-Zeitung vom | |
Freitag, nachdem Agenten des BND „seit geraumer Zeit“ wieder nach Damaskus | |
reisten, um sich mit ihren syrischen Kollegen zu treffen. Es gehe darum, | |
Informationen über islamistischen Terrorismus auszutauschen und „einen | |
Gesprächskanal zum syrischen Regime aufzubauen“, etwa für den Fall, dass | |
ein deutscher Tornado-Pilot über Syrien abstürzt oder abgeschossen wird. | |
Der deutsche Auslandsgeheimdienst plane gar „schnellstmöglich“ wieder eine | |
feste „Residentur“ in der syrischen Hauptstadt zu eröffnen, um dauerhaft | |
Mitarbeiter dort stationiert zu haben. Die Geheimdienstler, so schreibt das | |
Blatt unter Berufung auf „informierte Kreise“, könnten etwa in die derzeit | |
geschlossene deutsche Botschaft ziehen. Eine endgültige Entscheidung wolle | |
die Bundesregierung Anfang des Jahres treffen. | |
Der BND wollte den Bild-Artikel am Freitag nicht kommentieren. Zu | |
„operativen Aspekten seiner Arbeit“ äußere der Dienst sich nur gegenüber | |
der Bundesregierung und den zuständigen Bundestags-Gremien, teilte eine | |
Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP mit. | |
Ebenso zugeknöpft gab sich auch diesmal die Bundesregierung. Zu solchen | |
operativen Details der Arbeit des BND könne sie nicht Stellung nehmen, | |
sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitag in Berlin. | |
18 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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