Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Das Schicksal von NS-Verbrecher Brunner: Diese Geschichte ist noch …
> Der NS-Verbrecher Alois Brunner soll bereits 2001 in Syrien gestorben
> sein. Unser Autor hat über Jahre in dem Land nach ihm gesucht.
Bild: Alois Brunner ist tot. Wann und wie, ist völlig egal
Ein alter Nazi ist tot. Ja und? Alois Brunner sei vor sechzehn Jahren in
einem wenig luxuriösen Keller der syrischen Geheimpolizei gestorben,
berichtet aktuell das französische Magazin „XXI“. Es berief sich auf
Interviews mit drei früheren syrischen Geheimdienstmitarbeitern, von denen
einer sich mit seinem echten Namen zitieren ließ. Aha.
Wer auch nur mit einem halben Auge das unfassbare Blutbad in Syrien
verfolgt, den haut das nicht aus den Latschen. Bitte weiter mit
Trump,Erdoğan und Elbphilharmonie. Aber das ist falsch! Denn der Fall
Brunner ist mehr als altes Nazi-Zeugs. Es ist ganz einfach: Massenmord
verjährt nicht!
Brunner war die rechte Hand Adolf Eichmanns. Nicht am Schreibtisch, sondern
der Mann fürs Grobe, verantwortlich für mindestens 130.000 Morde an Juden
und all denen, die man als Untermenschen titulierte, darunter Babys. Nach
Kriegsende war das nicht mehr karriereförderlich. Bis General Gehlen kam,
den BND erfand und all seinen Freunden half, wenn sie Nazi-Dreck am Stecken
hatten. Und das hieß oft: weg aus Deutschland.
Die „Ratline“ nach Südamerika ist bekannt, die Flucht in den Nahen Osten
weniger. Doch die Beziehungen der Nazis zu Nahost waren gut, Rommel hatte
sogar schon Pläne für Konzentrationslager in seiner Afrikatasche. Für die
Araber waren Engländer und Juden Feinde und so galt: Der Feind meines
Feindes ist mein Freund. Nach 1945 waren Kairo, Bagdad und Damaskus
beliebte Verstecke. Denn es gab Arbeit für die deutschen Experten, an der
Seite der Araber ging es wieder gegen die Juden. Früherer Massenmord hin
oder her.
Baschar al-Assad, der junge Augendoktor aus London und Hoffnungsträger für
den Westen, war ein Jahr im Amt, als er vom [1][Spiegel 2001 nach] Alois
Brunner gefragt wurde: „Brunner hat sich niemals hier aufgehalten.
Derartige Vorwürfe sind gegenstandslos.“
Eine Lüge, die er von seinem Vater übernommen hat. Brunner war da bereits
seit Jahrzehnten im Land und beschützt von oberster Stelle. Er logiert
unter dem Alias „Dr. Georg Fischer“, und wird seit 1946 so oft für tot
erklärt wie kein anderer. In Japan wird er gesehen, in USA, der Schweiz,
Brasilien und seiner alten Heimat Österreich. Israels Mossad weiß es besser
und schickt ihm [2][zwei Bomben] nach Damaskus. Danach fehlten ein Auge und
mehrere Finger.
Deutschland sucht Brunner, setzt 500.000 Mark Finderlohn aus. Das ist
Augenwischerei. Man ist darauf bedacht, dass ihm keiner zu nahe kommt.
Brunner lebte als freier Mann und zuletzt in den Fängen der Geheimpolizei
unweit der Deutschen Botschaft in Damaskus.
## Wer hat die Akte Brunner vernichtet?
Als ich in meiner zwanzigjährigen Suche nach Brunner dort wieder einmal
nachfragte, werde ich angeschrien: „Brunner ist tot.“ Aber ein paar Straßen
weiter lebte er munter vor sich hin. Wieso gibt es bis heute keine
offizielle Anfrage, warum der BND 253 große [3][Akten über Brunner]
gelöscht hat? Warum wurden die BND-Präsidenten August Hanning und Ernst
Uhrlau, rüstige Pensionisten, bis heute nicht danach gefragt?
Ex-CDU-Kanzleramtsminister Friedrich Bohl, berühmt für seine
„Bundeslöschtage“ 1998, schweigt.
Wer hat wann die Akte Brunner vernichtet? Und warum? Weil darin etwa steht,
dass er BRD-Geld bekam? Nazi-Hartz-IV für einen Massenmörder? Hunderte
hatten Kontakt zu Brunner, aber als ich den Leitenden Staatsanwalt in
Deutschland fragte, kam die Antwort: „Wir wissen nicht, wo er ist.“
Nur eine einzige Frage nach ihm brachte mich 1999 in einen syrischen
Polizeikeller. Das war harmlos gegen das, was heute dort passiert. Aktuell
eingesetzte Folterwerkzeuge sind deutsche NS-Relikte, zum Beispiel der
„kursi al-almani“, der „Deutsche Stuhl“.
Brunner ist tot. Wann und wie, ist völlig egal. Aber diese Geschichte ist
noch nicht zu Ende. Wer heute über Trump jammert oder beklagt, dass die
Politik keine Glaubwürdigkeit mehr besäße, der muss jetzt aufklären: Wer
hat einen Massenmörder beschützt, bezahlt und seine Akten vernichtet? Wenn
das passiert, ist die Akte Brunner zu.
12 Jan 2017
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-19594712.html
[2] http://www.spiegel.de/politik/ausland/nazi-verbrechen-alois-brunner-stellve…
[3] http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/11837
## AUTOREN
christian springer
Christian Springer
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Baschar al-Assad
Schwerpunkt Nationalsozialismus
BND
Faschisten
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verfassungsschutz schützt Altnazis: Falsche Loyalitäten
Jahrzehnte lebte Alois Brunner, die rechte Hand Adolf Eichmanns, in Syrien.
Erst jetzt werden Akten sichtbar, die zeigen, wer ihn deckte.
Geheimdienstkooperation mit Syrien: Bundesregierung verweigert Aussage
Unter Berufung auf das „Staatswohl“ will Schwarz-Rot keine Angaben über
eine Zusammenarbeit des BND mit dem syrischen Geheimdienst machen.
Assad-Fans in Italien: Mit Syrienflagge und Hitlergruß
Stalinisten und Nazis treffen sich in ihrem diffusen Antiimperialismus.
Aber auch in ihrer Unterstützung des syrischen Diktators sind sie sich
einig.
NS-Verbrecher Alois Brunner: Dem Phantom auf der Spur
Günther Feld hat einen Job, der viele Fragen und wenige Antworten mit sich
bringt. Der Oberstaatsanwalt sucht nach Alois Brunner, der für den Tod von
hunderttausenden Juden verantwortlich ist.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.