# taz.de -- Assad-Fans in Italien: Mit Syrienflagge und Hitlergruß | |
> Stalinisten und Nazis treffen sich in ihrem diffusen Antiimperialismus. | |
> Aber auch in ihrer Unterstützung des syrischen Diktators sind sie sich | |
> einig. | |
Bild: Mitglieder der neofaschistischen „CasaPound“, die auch Assad unterst�… | |
Mitten in Rom wurde die Piazza Venezia, auf der einst Benito Mussolini | |
seine Reden hielt, zum Schauplatz einer eigentümlichen Demonstration: Vor | |
dem Eingangstor der syrischen Botschaft hielten einige Dutzend Menschen | |
Porträts des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und viele syrische | |
Fahnen in die Höhe. | |
Redner wechselten sich am Mikrofon ab, und als schließlich aus den | |
Lautsprechern die syrische Nationalhymne ertönte, streckte ein Teil der | |
Demonstranten den rechten Arm zum Hitlergruß aus, während der andere mit | |
geballter Faust salutierte. Auf die erste „rot-braune“ Demonstration vor | |
fast genau einem Jahr sollten weitere folgen. | |
Inzwischen ist eine Bewegung aktiv, die zahlreiche rechtsradikale Gruppen | |
aus verschiedenen europäischen Ländern unter der Fahne des Assad-Regimes | |
vereint: die „European Solidarity Front for Syria“. Diese braune | |
Solidaritätsfront organisiert fleißig Pro-Assad-Kundgebungen und schickte | |
bereits mehrere Delegationen nach Damaskus, die jeweils von der syrischen | |
Regierung im Parlament empfangen wurden. | |
Eine davon stattete dem Regime kurz nach dem Chemiewaffenangriff im | |
September 2012 einen Besuch ab. Angeführt vom Italienisch-Syrer Ouday | |
Ramadan, waren mit von der Partie: Stefano de Simone und Giovanni Feola, | |
Anführer der Neofaschistischen Bewegung „CasaPound“, und Fernando Rossi, | |
der Exsenator der italienischen Kommunistischen Partei. | |
Ihn hat es seit einiger Zeit im Namen der Unterstützung Ghaddafis und | |
später Assads, in rechtsextreme Kreise verschlagen. Diese | |
„Gift-Gas-Delegation“ wurde vom syrischen Parlamentsvorsitzenden Jihad | |
Allaham, dem Premierminister Wael al-Halqui, dem Informationsminister Omar | |
al-Zoubi und dem Vizeauslandsminister Faisal Mekdad offiziell begrüßt. | |
## Das Assad-Regime wurde schon von NS-Organisationen unterstützt | |
Dass faschistische Organisationen das Assad-Regime unterstützen, hat zum | |
Teil historische Gründe. In Damaskus fand 1954 unter anderem Alois Brunner | |
(Leiter des SS-Sonderkommandos zur „Endlösung der Judenfrage“ und Eichmanns | |
engster Mitarbeiter) einen sicheren Zufluchtsort. Der Vater des jetzigen | |
Diktators, Hafez al-Assad, beauftragte ihn damit, die syrischen | |
Geheimdienste nach dem Modell von Gestapo und SS umzustrukturieren. | |
Seit Beginn des syrischen Volksaufstands vor drei Jahren am 15. März 2011, | |
lässt sich wieder eine bemerkenswerte Mobilisierung rechtsextremer Gruppen | |
beobachten. Die Adepten von Baschar al-Assad kommen insbesondere aus | |
Italien, Frankreich und Griechenland, aber auch aus Deutschland, Spanien, | |
Belgien, Großbritannien, Polen, Serbien, Tschechien und Rumänien. | |
Es handelt sich dabei um ein ziemlich heterogenes Spektrum: von Marine Le | |
Pens Front National, über den katholischen Konservativismus der polnischen | |
„Falanga“, die im vergangenen Juni den Vorschlag machten, polnischen Juden | |
ihre Staatsbürgerschaft zu entziehen –, bis hin zur „Eurasischen Vision“ | |
des Russen Alexander Dugin und der griechischen nationalsozialistischen | |
Gruppe Mavros Krinos, die „Schwarze Lilie“. Letztere behaupten von sich, | |
Assad eine Truppe zur Verfügung gestellt zu haben. | |
Italien bildet das Zentrum jener rot-braunen Allianz für Assad, da sie auf | |
die offene Unterstützung von Organisationen wie „Forza Nuova“ (katholische | |
Neofaschisten) und CasaPound (sie bezeichnen sich als die „Faschisten des | |
III. Jahrtausends“) zählen können. | |
## Sozialistisch ist hier eher im nationalen Sinn zu verstehen | |
Zuträglich ist sicher auch die Unterstützung vieler kleinerer Gruppen, die | |
sich selbst als „sozialistisch“ bezeichnen und sich ihrer Beziehungen zu | |
nationalistischen und stalinistischen Parteien und Bewegungen auf der | |
ganzen Welt rühmen, von Russland über Venezuela bis hin zu Nordkorea. Alle | |
diese Gruppen bieten Anschlussstellen zu Teilen einer konfus | |
antiimperialistischen und dogmatischen Linken. | |
Verwurzelt im stalinistischen Denken ist sie bis dato davon überzeugt, die | |
Welt lebe im Antagonismus zwischen dem westlichen Imperialismus (ausgeübt | |
von den USA, der Europäischer Union und deren Verbündeten) und dem | |
Widerstand von Russland China und Iran als souveräne Staaten. (Eine | |
Argumentation, die sich auch in Deutschland findet.) | |
Im Namen dieses angeblichen Antiimperialismus und einer je nach Gruppe | |
unterschiedlich stark ausgeprägten Islamophobie haben die faschistische | |
Rechte, der katholische Fundamentalismus und der Stalinismus eine kleine, | |
aber tüchtige rot-braune „Armee“ ins Leben gerufen. | |
Damit keine Missverständnisse entstehen: Die aktive Anhängerschaft von | |
CasaPound und Forza Nuova ist klein: Sie beläuft sich auf einige tausend | |
Mitglieder. Auch bei den Wahlen scheiterten beide Gruppierungen kläglich. | |
## Der Einfluss auf jüngere Italiener ist nicht zu unterschätzen | |
Dennoch haben sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss gerade auf | |
jüngere Italiener. Bei Schülerwahlen erhielten sie an einigen römischen | |
Gymnasien sogar die Mehrheit der Stimmen: Daher konnte die „European | |
Solidarity Front for Syria“ unter anderem dort Vorträge halten. | |
Während Forza Nuova ihren Fokus auf die Verteidigung der traditionellen | |
Familie und den Kampf gegen Abtreibung legt, engagieren sich die CasaPound | |
mehr im sozialen Bereich: Sie besetzen leerstehende Gebäude oder machen | |
Kampagnen für Menschen mit Behinderung – vorausgesetzt es sind Italiener. | |
Gemeinsam ist beiden die Xenophobie, und die verzweifelte Ablehnung der | |
„mondializzazione“ (Globalisierung), die sie als rasanten Verlust der | |
nationalen Souveränität wahrnehmen. | |
Für die Unterstützung des Assad-Regimes, ist die verflochtene Beziehung | |
zwischen den diversen politischen und kulturellen Geistern wichtig, die in | |
der syrischen Diktatur einerseits ein erstrebenswertes Gesellschaftsmodell, | |
andererseits einen Schutzwall sowohl gegen den israelischen Zionismus als | |
auch gegen den islamischen Fundamentalismus sehen. | |
Der Islam und die Angst davor, wird immer wichtiger in europäischer | |
Politik, vor allem bei den Rechten. Angesichts der kommenden Europawahlen, | |
haben sich die Leader verschiedener rechtsextremer Gruppen Europas mehrmals | |
getroffen; im vergangenen November in Spanien und am 28. Februar 2014 in | |
Rom. | |
Bei dem spanischen Treffen waren, neben Jens Pühse von der NPD, auch | |
Vertreter der Syrischen Nationalsozialistischen Partei (SSNP) zugegen. Die | |
SSNP ist enger Verbündeter Assads regierender Baath-Partei, vertreten in | |
der syrischen Regierung durch den Vizepremierminister und einen weiteren | |
Minister. | |
## Man salutiert mit gestrecktem rechten Arm | |
Sie kämpft mit eigenen Kampfeinheiten gegen die syrischen Rebellen, an der | |
Seite des Regimes und den Milizen der libanesischen Hisbollah. Die | |
Ideologie und Symbolik der 1932 in Beirut gegründeten SSNP erinnern | |
explizit an den deutschen Nationalsozialismus: Man salutiert mit | |
gestrecktem rechten Arm, und auch das Symbol auf ihrer Fahne erinnert klar | |
ans Hakenkreuz. | |
Der Vertreter der SSNP in Italien ist eingangs erwähnter Ouday Ramadan. | |
Ramadan ist der Animateur auf allen in Italien stattfindenden Initiativen | |
zur Unterstützung des Assad-Regimes. Da er lange Zeit der Chef der | |
italienischen Kommunistischen Partei war, ist er zudem der Knotenpunkt, | |
über den die Solidarität der extremen Rechten – in all ihren Formen– mit | |
der der stalinistischen Linken zusammenläuft. | |
Diese seltsame Annäherung zwischen Neonazis, katholischen Fundamentalisten, | |
Stalinisten und Pazifisten unter dem Banner des Antiimperialismus ist ein | |
wesentlicher Faktor für die ausbleibende Solidarität mit der syrischen | |
Bevölkerung, zumal im linken Milieu. Diese kleine „rot-braune Armee“ ist | |
außerordentlich aktiv im Netz, mit Seiten und Blogs, die auf den ersten | |
Blick links anmuten. | |
Sie hat es während der letzten drei Jahre geschafft, die Initiative | |
italienischer Solidaritäts- und Friedensbewegungen zu lähmen, indem sie | |
unentwegt das Gespenst eines vermeintlichen Nato-Angriffs auf Syrien und | |
eines zionistisch-salafistischen Komplotts gegen das „säkuläre, | |
antiimperialistische und sozialistische“ Regime des Assad-Clans | |
heraufbeschworen. | |
Erst in den letzten Monaten haben in Italien auch Mainstream-Medien damit | |
begonnen, über die Aktivitäten der Pro-Assad-Nazis zu berichten. Parallel | |
dazu mehren sich die Stimmen in den wichtigsten Friedensorganisationen, | |
welche die Forderungen nach Demokratie und humanitärer Hilfe vieler Syrer | |
unterstützen. | |
Ob das ausreicht, damit die dogmatische Linke von ihrem Lagerdenken Abstand | |
nimmt, bleibt abzuwarten. | |
16 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Germano Monti | |
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