# taz.de -- Syrische Armee erobert Grenzstadt: Assad rückt vor | |
> Das syrische Regime gewinnt Land zurück. Mithilfe von Hisbollah-Kämpfern | |
> vertrieb es am Sonntag Rebellen aus ihrer letzten großen Hochburg an der | |
> Grenze zum Libanon. | |
Bild: Wieder in Hand der Regierungstruppen: die strategisch wichtige Grenzstadt… | |
BERLIN taz | Drei Jahre nach dem Beginn der Proteste in Syrien haben die | |
Regierungstruppen und ihre Verbündeten, die libanesische Hisbollah, einen | |
wichtigen militärischen Erfolg errungen. Nach wochenlangen Kämpfen | |
eroberten sie die Stadt Dschabrud. | |
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte waren die | |
Kämpfe am Sonntag zwar noch nicht ganz vorüber. Aber fast alle Aktivisten | |
und Bewohner seien über die nahe Grenze in den Libanon geflohen. Auch ein | |
Kämpfer der al-Qaida-nahen Nusra-Front bestätigte gegenüber Reuters, die | |
Kämpfer hätten sich in Richtung von Dörfern in der Nähe zurückgezogen. | |
Diese dürften jetzt die nächsten Angriffsziele der Regimeverbände und der | |
Hisbollah sein. | |
Dschabrud ist eine muslimisch-christliche Stadt mit etwa 50.000 Einwohnern, | |
die im Kalamun-Gebirge zwischen der zentralen Nord-Süd-Autobahn und der | |
Grenze zum Libanon liegt. Die Region ist für die Regierung in Damaskus und | |
für die Aufständischen von zentraler strategischer Bedeutung. Die Autobahn | |
verbindet die Hauptstadt nicht nur mit Daraa an der jordanischen Grenze und | |
Aleppo im Norden, sondern zweigt in Homs auch in Richtung Mittelmeerküste | |
ab, wo die Alawiten zum Regime stehen. Und Hisbollah ist in der Bekaa-Ebene | |
jenseits der Grenze vertreten. | |
Für syrische Oppositionelle und Aufständische ist die Region Kalamun | |
wichtig, weil die libanesische Stadt Arsal ein wichtiger Stütz- und | |
Rückzugspunkt ist. Die Schmuggelrouten werden nicht nur von Kämpfern und | |
für Waffenlieferungen genutzt; hierher werden Verletzte aus nahe gelegenen | |
Kampfgebieten gebracht; auch Flüchtlinge suchen hier Sicherheit. Von | |
syrischer Seite werden möglicherweise Bomben und Sprengstoff in den Libanon | |
transportiert, um Anschläge in den von der Hisbollah dominierten | |
Stadtvierteln in Beirut zu verüben. | |
## Änderung der Strategie | |
Die „Schlacht um Kalamun“, wie die Kämpfe vor Ort genannt werden, hatte | |
bereits im vergangenen Jahr begonnen. Seither haben die Regimekräfte | |
mehrere Orte in dem einstigen Rebellengebiet erobert. Die Entwicklung seit | |
der Eroberung der Stadt al-Kusair im Juni 2013 zeigt zugleich die | |
Veränderung der militärischen Strategie des Regimes. | |
Eine Veränderung liegt auf der Hand: die Einbeziehung der Hisbollah in die | |
Kämpfe. Die zweite bezieht sich auf die Umstrukturierung der bewaffneten | |
Kräfte des Regimes. Die verschiedenen Assad-treuen Milizen, darunter die | |
gefürchtete Schabiha, wurden zu einer Nationalen Verteidigungsstreitmacht | |
(National Defense Force, NDF) zusammengefasst. Wiewohl Offensiven zwischen | |
den beteiligten Einheiten koordiniert werden, geht der Trend in die | |
Richtung, dass auf Regierungsseite verstärkt irreguläre Verbände in das | |
Geschehen eingreifen. Und während die Armee vor zwei Jahren vor allem | |
darauf setzte, Rebellen aus den Städten zu vertreiben, rollt sie nun deren | |
Hinterland auf. | |
Seitens der Aufständischen hat sich das Vorgehen geändert, seit die | |
al-Qaida-nahe Nusra-Front nach Kalamun eingerückt ist. Unternahmen | |
Rebelleneinheiten zuvor gelegentlich kleinere Angriffe auf Regimekonvois, | |
kommt es jetzt auch zu größeren Operationen und Anschlägen. | |
Die Kämpfe in Kalamun haben über die Schmuggelrouten hinaus bereits einen | |
grenzüberschreitenden Charakter angenommen. Im Zuge der jetzigen Offensive | |
wurde die Region um Arsal mehrfach von der syrischen Luftwaffe bombardiert. | |
Bei der Eroberung von Dschabrud am Wochenende waren es laut Reuters Kämpfer | |
der Hisbollah, die das Grenzgebiet zum Libanon abgeriegelten. Insofern | |
könnte nun Arsal zum umkämpften Gebiet werden. Zur Strategie des Regimes | |
würde dies passen. | |
16 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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