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# taz.de -- Regionalwahl in Katalonien: Kein normaler Urnengang
> Die Wahl im reichen Katalonien am Sonntag ist eine Abstimmung über die
> Unabhängigkeit. Eine Mehrheit für die Separatisten ist möglich.
Bild: Die Büste des spanischen Königs Juan Carlos wird schon mal symbolisch a…
Madrid taz | Wer Spaniens Presse liest, bekommt den Eindruck, das Land auf
der iberischen Halbinsel lebe im Ausnahmezustand. Valencias Erzbischof ruft
zum Gebet für die Einheit Spaniens. Der Zentralbankchef warnt vor einer
Beschränkung des Bargeldumlaufs. Unternehmer treffen sich in Barcelona mit
Geheimdienstmitarbeitern. Regierungschef Mariano Rajoy lässt im
Eilverfahren die Kompetenzen des Verfassungsgerichtes ändern. Dies soll
künftig Regionalregierungen des Amtes entheben können.
Der Grund für die ganze Aufregung: Am Sonntag wird in Katalonien ein neues
Regionalparlament und eine neue Autonomieregierung gewählt. Doch es ist
dieses Mal kein normaler Urnengang.
Es geht um die Unabhängigkeit der reichen Region im spanischen Nordosten.
Eine Liste mit dem Namen „Gemeinsam für das Ja“, auf der neben den
regierenden konservativen Nationalisten Demokratische Konvergenz
Kataloniens (CDC) Politiker der separatistischen Republikanische Linke
Kataloniens (ERC) sowie viele bekannte Persönlichkeiten aus
Zivilgesellschaft, Kultur und Sport vertreten sind, hat nur einen
Programmpunkt: Die Unabhängigkeit Kataloniens.
Sie streben die absolute Mehrheit im Parlament an, um dann die Loslösung
von Spanien umzusetzen. Der Urnengang wird damit zu einer Art Referendum,
das die spanische Verfassung jedoch nicht zulässt und das die Regierung in
Madrid entschieden ablehnt. Im Notfall solle der Bruch mit Spanien auch
einseitig vollzogen werden, so der katalanische Regierungschef Artur Mas.
## Drohungen verfangen nicht
Zwar strebe er eine Verhandlungslösung für den Weg zur Unabhängigkeit an,
doch wenn sich Madrid weiterhin stur stelle, werde Katalonien dennoch gehen
und nicht einmal seinen Teil an den spanischen Staatsschulden begleichen.
Die Umfragen gehen von einem knappen Sieg der Separatisten aus.
„Gemeinsam für das Ja“ wird zwar kaum die Hälfte der Parlamentssitze
erreichen, doch können Mas und die Seinigen auf die Unterstützung einer
weiteren separatistischen Liste, der linksradikalen CUP setzen. Dem Block
der Separatisten stehen die in Madrid regierende Partido Popular (PP), der
katalanische Ableger der sozialistischen PSOE und die Bürgerpartei
Ciudadanos gegenüber.
Katalonien würde mit der Unabhängigkeit auch die Europäische Union und den
Euro verlassen müssen, heisst eines der Drohargumente, die Spaniens
Regierungschef Rajoy und sein Zentralbankchef in den vergangenen Tagen
immer wieder anführen. Die Wirtschaft Kataloniens, die Renten, die
Bankguthaben, alles stünde auf dem Spiel.
## Podemos ist gegen die Unabhängigkeit
Katalonien ist die reichste Region des Landes. Die Emotionen schlagen hoch.
Der Katalane Mas weiss dies geschickt zu nutzen. Seine gesamte
Argumentation lebt vom ständigen Konflikt mit Madrid. „Große Chefs kommen
in katalanisches Reservat um zu sagen, wie wählen“, erklärte der
Nationalist auf einer seiner Wahlkampfveranstaltungen. „Eingeborene zeigen
große Stinkefinge“, fügte er unter Applaus hinzu.
Nur eine Liste möchte den Krieg um die Fahnen nicht mitmachen, „Katalonien,
ja man kann” (CQSEP) – ein Bündnis rund um die Protestpartei Podemos sowie
regionalen Postkommunisten und Grüne. Deren Spitzenkandidat, der Aktivist
aus der Bewegung der Nachbarschaftsvereine in den Arbeiterstadtteilen
Barcelonas, Lluís Rabell, redet nicht von der Unabhängigkeit sondern von
den sozialen Zuständen in Katalonien, wo die Autonomieregierung die gleiche
Spar- und Privatisierungspolitik betrieben hat wie Rajoy in Madrid.
„Jede vierte Zwangsräumung von Wohnungen findet in Katalonien statt, 21
Prozent der Katalanen leben an oder unter der Armutsgrenze“, sagt der
Rabell. Er wirft Mas vor, sich hinter der Fahne zu verstecken, um nicht für
seine traurige Bilanz zur Rechenschaft gezogen zu werden. Rabell, der bei
seinen Auftritten von Podemos-Chef Pablo Iglesias unterstützt wird, tritt
für eine Volksabstimmung in Katalonien über die Unabhängigkeit ein, will
aber gleichzeitig, „dass die Katalanen bleiben.” CQSEP hofft auf den
zweiten Platz bei den Wahlen am Sonntag an.
26 Sep 2015
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Katalonien
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