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# taz.de -- „Landesverrat“-Affäre zu Harald Range: Spiel mit gezinkten Kar…
> Harald Range beschuldigte den Justizminister eines „Eingriffs in die
> Justiz“. Der warf ihm vor, die Tatsachen zu verdrehen und entließ ihn
> vorzeitig.
Bild: Jetzt nicht mehr Generalbundesanwalt: Harald Range.
KARLSRUHE/BERLIN taz | Justizminister Heiko Maas (SPD) hat am Dienstag
abend Generalbundesanwalt Harald Range in den Ruhestand geschickt. Sein
Vertrauen in die Amtsführung von Range sei „nachhaltig gestört“, sagte Ma…
in einer kurzen Erklärung. Am Morgen hatte Range ihn massiv angegriffen.
Das Justizministerium habe ihm in der Causa Netzpolitik am Montag eine
Weisung erteilt, um ein unliebsames Gutachten zu stoppen. Range bezeichnete
dies vor Journalisten als „unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit
der Justiz“.
Der Dienstag hatte mit einer Überraschung begonnen. Morgens um 8 Uhr lud
Range kurzfristig zu einem Pressestatement in die Bundesanwaltschaft. Da
rechneten die meisten Beobachter damit, dass er seinen Rücktritt bekannt
geben werde. Doch Range ging in die Offensive und griff Maas frontal an. Es
war wohl eher die gezielte Provokation einer Entlassung. Das
Justizministerium war von diesem Vorstoß allerdings völlig überrascht.
Heiko Maas konterte erst um 18 Uhr: Mit Range sei schon letzte Woche
einvernehmlich vereinbart gewesen, das fragliche Gutachten zu stoppen.
Daran habe sich Range nicht gehalten. Am Montag sei er nur an die Abmachung
erinnert worden. Die Äußerungen Ranges „seien nicht nachvollziehbar und
vermittelten einen falschen Eindruck.“ Deshalb wollte Maas noch am Abend
beim Bundespräsidenten beantragen, Range in den Ruhestand zu versetzen. Das
„Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt“ liege bereits vor.
Der Streit ist nur zu verstehen, wenn man die Vorgeschichte nachvollzieht:
Das kritische Blog netzpolitik.org hatte im Februar und April über neue
Ressourcen des Verfassungsschutzes zur Onlineüberwachung berichtet und
dabei auch geheime Dokumente veröffentlicht. Verfassungsschutz-Präsident
Hans-Georg Maaßen erstattete daraufhin Strafanzeige gegen unbekannt. Die
Anzeige landete beim Generalbundesanwalt. Dieser wäre aber nur zuständig,
wenn Netzpolitik Staats- und nicht Dienstgeheimnisse veröffentlicht hat.
## Das externe Gutachten
Auf Nachfrage von Range erklärte das Bundesamt für Verfassungsschutz Anfang
Mai, dass es sich um Staatsgeheimnisse handele. Range blieb skeptisch und
schaltete einen externen Gutachter ein. Um ihn formal bestellen zu können,
eröffnete er Mitte Mai ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen
die zwei Netzpolitik-Journalisten Markus Beckedahl und Andre Meister.
Zugleich ordnete er an, dass gegen diese vorerst keine weiteren
Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen werden. Um eine Verjährung zu verhindern,
teilte er den beiden am 30. Juli mit, dass ein Verfahren gegen sie läuft.
Einen Tag später distanzierte sich Justizminister Heiko Maas von dem
Verfahren und äußerte Zweifel, ob es hier wirklich um Staatsgeheimnisse
ginge.
Maas kündigte damals eine eigene fachliche Einschätzung seines Ministeriums
an. Range schien damit einverstanden. In einer Presseerklärung der
Bundesanwaltschaft von Sonntagabend hieß es, „der weitere Gang des
Verfahrens“ werde der angekündigten Einschätzung des Ministeriums
„vorbehalten bleiben“.
Nach Darstellung aus Regierungskreisen war schon am Freitag mit Range in
mehreren Telefonaten vereinbart worden, dass er das externe Gutachten
umgehend stoppt, weil ihm nun ja alsbald die Stellungnahme des Ministeriums
zur Verfügung stehe. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand vom Inhalt des
Gutachtens.
Bei der Bundesanwaltschaft ist die Abmachung aber anders in Erinnerung. Das
externe Gutachten wollte man erst dann absagen, wenn das Ministerium ein
eigenes fundiertes Gutachten vorlegt. Doch dann gab es am Montag ein
Telefonat Ranges mit dem externen Gutachter, dessen Identität immer noch
unbekannt ist. Unklar ist auch, ob Range dort nachgefragt hat oder ob er
angerufen wurde.
## Doch ein Staatsgeheimnis
Jedenfalls teilte der Gutachter mit, dass nach seiner vorläufigen Bewertung
zumindest eines der veröffentlichten Dokumente doch ein Staatsgeheimnis
sei. Diese Bewertung berichtete Range telefonisch der
Justiz-Staatssekretärin Stefanie Hubig. Diese erinnerte Range an die
Absprache vom Freitag, worauf Range nicht widersprochen habe, so die
Darstellung von Maas.
Möglicherweise geriet Range jetzt in seiner Behörde unter Druck. Jedenfalls
brandmarkte er am Dienstagmorgen die vermeintliche „Weisung“ des
Justizministeriums. „Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren
mögliches Ergebnis nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher
Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz“, so Range. Er habe die Weisung
aber befolgt.
Rechtlich sind Weisungen des Justizministers an den Generalbundesanwalt
möglich. Dieser ist „politischer Beamter“. Üblich ist aber, dass man sich
im Dialog über das Vorgehen einigt. Ein Generalbundesanwalt kann aber auch
ohne Angabe von Gründen entlassen werden.
Als neuen Generalbundesanwalt ernannte Heiko Maas den Münchener
Generalstaatsanwalt Peter Frank. Dieser war erst seit vier Monaten im Amt.
Vorher war er Leiter der Personalabteilung im Bayerischen
Justizministerium. Er soll ohnehin für die Nachfolge Ranges vorgesehen
gewesen sein. Ende Februar 2016 wäre Ranges Amtszeit altersbedingt zu Ende
gewesen. Nach einer Absprache in der Koalition hatte die Union das
Vorschlagsrecht für den obersten Terror- und Spionage-Ermittler.
4 Aug 2015
## AUTOREN
Christian Rath
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