Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach der „Landesverrat“-Affäre: Der Tag der Liebeserklärungen
> Harald Range ist weg, der Rest ist noch da: Die Sprecher der Minister
> sind um Harmonie bemüht, nur die Opposition stört mit Nachfragen.
Bild: Beruhigendes Blau, beruhigende Miene – alles halb so wild für Herrn Ma…
Er sei „sehr dankbar für diese Frage“, sagt Tobias Plate. Schon wieder.
Gleich mehrfach bemüht der Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch
in der Regierungspressekonferenz die höfliche Floskel. Egal was die
Journalistinnen und Journalisten von ihm zur Causa netzpolitik.org wissen
wollen. Auch wenn sie ihn gefragt hätten, ob er Schweißfüße hat, hätte er
wohl mit freundlichem Blick seine Antwort mit diesen Worten begonnen.
„Gute Miene zum bösen Spiel machen“ nennt man, was Plate und sein Kollege
aus dem Justizministerium, Philip Scholz, gemeinsam mit der
stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Wirtz im Haus der
Bundespressekonferenz am Schiffbauerdamm in Berlin zelebrierten. Einen Tag
nach dem spektakulären Rausschmiss von Generalbundesanwalt Harald Range
durch Justizminister Heiko Maas (SPD) ist Schadensbegrenzung angesagt.
Durch möglichst geschicktes Lavieren sollen die Nebenwirkungen, die dessen
Ermittlungen wegen „Landesverrats“ gegen das Internetportal netzpolitik.org
angerichtet haben, eingedämmt werden.
Es ist der Tag der Vertrauensbekundungen. Die Große Koalition will
Geschlossenheit demonstrieren. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe „keine
Einwände“ gegen das Vorgehen von Maas, sagt Vizeregierungssprecherin Wirtz.
Ausdrücklich betont sie, „dass der Bundesjustizminister die volle
Unterstützung der Bundeskanzlerin genießt in dieser Frage“.
Innenministeriumssprecher Plate wiederum versichert, sein Ressortchef
Thomas de Maizière (CDU) stehe hinter dem angeschlagenen
Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen.
Dessen Anzeigen gegen unbekannt, die das Verfahren gegen die
netzpolitik-Blogger ausgelöst hatten, seien „nicht zu beanstanden“. Maaßen
habe sich „völlig korrekt“ verhalten. „Das wird“, so Plate, „auch bis
hinauf zum Bundesinnenminister selbst so gesehen.“ Gleichwohl teilte de
Maizière die Zweifel seines Kabinettskollegen Maas am Vorwurf des
Landesverrats. Das sei „kein Widerspruch“, so Plate. Großkoalitionäre
Dialektik.
Die Grünen überzeugt das nicht. Innenminister Thomas de Maiziere dürfe sich
nicht hinter dem „Fiasko“ zwischen Justizministerium und
Generalbundesanwaltschaft verstecken, forderte der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz. „Wir wollen genau wissen, wer
wann was in diesem Skandal entschieden und zu verantworten hat.“ Der
Bundestag müsse Einblick in alle relevanten Unterlagen erhalten.
## Das Ermittlungsverfahren läuft
Grüne-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete Harald Range als
„Bauernopfer“, Parteivorsitzende Simone Peter als „Sündenbock“. Die Gr…
hatten beim Bundestagspräsidenten am Dienstag, kurz vor Ranges Rauswurf
eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragt. Mit einer Antwort des
Bundestagspräsidenten rechnet man frühestens für Freitag.
Auch der Vizefraktionschef der Linkspartei, Jan Korte, sieht Range als
„Bauernopfer“. Nun müsse die Rolle des Innenministers und seines
Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen in der Affäre genau untersucht werden.
Korte forderte von de Maizière, „Schriftwechsel, insbesondere Weisungen und
Genehmigungen zu der Affäre öffentlich zu machen, bevor es wieder Wikileaks
und andere machen müssen“. Die noch am Dienstag von der Linkspartei
aufgestellte Forderung nach einem Bundestagsuntersuchungsausschuss wurde am
Mittwoch nicht wiederholt.
Ebenfalls auf Hans-Georg Maaßen eingeschossen hat sich der stellvertretende
SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Es entstehe der Eindruck, dass der
Verfassungsschutzpräsident „auf dünner Rechtsgrundlage ein Exempel an einem
kleinen Blog statuieren wollte“, sagte er. Schäfer-Gümbel forderte, nicht
weiter gegen Netzpolitik.org zu ermitteln. „Jetzt sollte der neue
Generalbundesanwalt auch schnellstmöglich die Ermittlungen einstellen“,
sagte Schäfer-Gümbel.
Vorerst läuft das Ermittlungsverfahren gegen die Journalisten allerdings
weiter. Über den Fortgang entscheide der Generalbundesanwalt „in eigener
Verantwortung nach Recht und Gesetz“, sagte Justizministeriumssprecher
Scholz auf der Regierungspressekonferenz. Ob sein Chef Heiko Maas denn für
die Einstellung ist? „Wünsche des Ministers sind hier nicht so relevant“,
antwortet Scholz ausweichend. Bloß keine neuen Angriffsflächen bieten.
5 Aug 2015
## AUTOREN
Pascal Beucker
Anja Maier
## TAGS
Heiko Maas
Harald Range
Landesverrat
Generalbundesanwalt
Harald Range
Hans-Georg Maaßen
Heiko Maas
Heiko Maas
Schwerpunkt Überwachung
Landesverrat
## ARTIKEL ZUM THEMA
Unabhängigkeit der Justiz: Straffe Hierachie für Staatsanwälte
Richter und Anwälte streiten über das Weisungsrecht der Politik gegenüber
Staatsanwaltschaften. Anlass: Die Entlassung von Harald Range.
Verfassungsschutzchef Maaßen: Der angezählte Unruhestifter
Der Verfassungsschutzchef provozierte mit der Anzeige gegen netzpolitik.org
bewusst einen Warnschuss – ohne Rücksicht auf die politischen Folgen.
Konflikt mit Harald Range: Wahrheitssuche im Weisungsstreit
Der geschasste Generalbundesanwalt protestiert gegen eine Weisung des
Justizministers. Der sagt, eine solche habe es nie gegeben. Wer hat recht?
Konsequenzen aus „Landesverrat“-Affäre: Alles wieder gut
Die Koalition will keine Sondersitzung des Ausschusses am Freitag
anberaumen. Sie soll erst im September stattfinden. Die Kanzlerin steht
hinter Heiko Maas.
Kommentar Entlassung Harald Range: Neuer Mann, altes Spiel
Range ist das Bauernopfer. Für die umfassende Aufklärung der
Geheimdienstskandale der letzten Jahre reicht das nicht.
„Landesverrat“-Affäre zu Harald Range: Spiel mit gezinkten Karten
Harald Range beschuldigte den Justizminister eines „Eingriffs in die
Justiz“. Der warf ihm vor, die Tatsachen zu verdrehen und entließ ihn
vorzeitig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.