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# taz.de -- Studie zu Homophobie in Europa: Küssen besser unterlassen
> Zwei Drittel trauen sich nicht Händchen zu halten, jeder Zweite erlebt
> Diskriminierung, ein Fünftel körperliche Gewalt. Homophobie ist in Europa
> weit verbreitet.
Bild: Knutschen ist schön.
BERLIN taz | Die politischen Fortschritte bei der Gleichstellung
homosexueller Menschen in Europa täuschen: Die Gesellschaften in den
meisten europäischen Ländern sind längst nicht so tolerant, wie es den
Anschein hat. Viele Schwule, Lesben und Transsexuelle in der EU fühlen sich
wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert.
Wie eine [1][Studie] der EU-Grundrechteagentur in 27 EU-Ländern und
Kroatien zeigt, liegt Deutschland dabei im europäischen Mittelfeld. Die
Ergebnisse der Umfrage wurden am Freitag, dem internationelen Tag gegen
Homophobie, vorgestellt.
Fast die Hälfte der Teilnehmer (47 Prozent) gab an, im vergangenen Jahr
wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert worden zu sein. Am
seltesten fühlen sich Homo- Bi- und Transsexuelle in Holland (30 Prozent),
Dänemark (31 Prozent) und Luxemburg (33 Prozent) herabgesetzt.
Deutlich stärker werden sie in Ländern wie Litauen (61 Prozent), Ungarn (60
Prozent) und Polen (57 Prozent) diskriminiert. In Deutschland sind es 46
Prozent. Interessant ist, dass europaweit nicht in erster Linie schwule
Männer angaben, diskriminiert werden (insgesamt 45 Prozent), sondern noch
häufiger lesbische Frauen (55 Prozent).
Die Diskriminierung beginnt bereits und ganz besonders stark in der
Schulzeit. 91 Prozent gaben an, sie hätten erlebt, dass Mitschüler schlecht
behandelt wurden, nur weil sie für schwul oder lesbisch gehalten wurden.
Für zwei Drittel der Befragten war das ein wichtiger Grund, sich während
der Schulzeit nicht zu outen.
Doch auch danach ist die Diskriminierung allgegenwärtig. Für jeden Fünften
war die sexuelle Orientierung bei der Jobsuche oder auf der Arbeit ein
Problem. So berichteten 21 Prozent der 20.000 Teilnehmer aus Deutschland,
im vergangenen Jahr im Berufsumfeld von Kollegen oder Chefs ungleich
behandelt und diskriminiert worden zu sein. Besonders die Transsexuellen
hatten hier mit Vorurteilen zu kämpfen.
## Nur wenige Angriffe werden angezeigt
Auch außerhalb der Arbeit haben rund ein Drittel der Teilnehmer
Diskriminierung erlebt - etwa bei der Suche nach einer Wohnung, an der
Universität, bei Ärzten oder im Krankenhaus oder, wenn sie Dienstleistungen
genutzt haben. Häufig bleibt es nicht nur bei Vorurteilen und abwertenden
Sprüchen.
Rund ein Viertel aller Befragter wurden in den vergangenen fünf Jahren
körperlich angegriffen oder bedroht - meistens, weil sie für homo- oder
transsexuell gehalten wurden. Nur ein kleiner Teil dieser Angriffe wurde
allerdings bei der Polizei angezeigt. Häufig hatten die Betroffenen Angst,
auch die Behörden würden sie diskriminieren oder, ihnen jedenfalls nicht
helfen können.
Aus Furcht vor Beleidigungen, vor Diskriminierung und Gewalt vermeiden es
zwei Drittel aller Studienteilnehmer ihre sexuelle Orientierung öffentlich
- etwa durch Händchenhalten - zu zeigen. Die Hälfte meidet bestimmte Orte
aus Angst vor homophoben Erfahrungen.
## Homosexualität erst seit 1990 keine Krankheit mehr
Für die Studie wurden in 27 EU-Staaten und Kroatien Onlinefragebögen
verschickt. Insgesamt haben 93.000 Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle
an der Umfrage teilgenommen. Sie ist zwar nicht repräsentativ, aufgrund der
großen Zahl an Teilnehmern allerdings trotzdem aussagekräftig. Die
Ergebnisse wurden am Freitag veröffentlicht, zum Internationalen Tag gegen
Homophobie. Seit 2005 wird jedes Jahr am 17. Mai daran erinnert, dass die
Weltgesundheitsorganisation erst am 17.05.1990 beschloss, Homosexualität
von der Liste der Krankheiten zu streichen.
Insgesamt zeigt die Studie, dass in den Ländern, die Vorreiter bei der
gesetzlichen Gleichstellung Homosexueller sind, auch die Erfahrungen
alltägliche Homophobie deutlich weniger ausgeprägt sind. Dazu zählen etwa
Dänemark, Schweden und Finnland wie auch die Niederlande. Besonders in den
osteuropäischen Ländern, die noch stark von traditionellen
Geschlechtervorstellungen geprägt sind und in denen Schwule und Lesben
rechtlich kaum gleichgestellt sind, ist Diskriminerung hingegen weiter
verbreitet.
17 May 2013
## LINKS
[1] http://fra.europa.eu/en/publication/2013/eu-lgbt-survey-european-union-lesb…
## AUTOREN
Paul Wrusch
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