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# taz.de -- Verfassungsschutz zum Abhörskandal: Handy aus im Reichstag
> Deutsche Sicherheitskreise weisen auf zahlreiche ausländische Botschaften
> im Regierungsviertel hin. Von dort könnten Politiker abgehört werden.
Bild: Verdächtig: Der zylinderförmige Aufbau auf dem Dach der britischen Bots…
BERLIN taz | „Wer im Berliner Regierungsviertel mobil und ungeschützt
telefoniert, muss davon ausgehen, dass es mehr als einen Zuhörer geben
kann“, warnt Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für
Verfassungsschutz.
Immerhin befindet sich in der Nähe eine Vielzahl von Botschaften, nicht nur
die amerikanische. Vom Kanzleramt sind es nur rund 900 Meter Luftlinie zur
amerikanischen, britischen und russischen Botschaft. Der Reichstag ist
sogar nur 450 Meter entfernt. Wer hier mit einem normalen Handy
telefoniert, muss damit rechnen, dass sich zahlreiche ausländische
Nachrichtendienste dafür interessieren, so die Warnung deutscher
Sicherheitskreise.
Nachweisen lasse sich dies aber nicht, denn deutsche Behörden haben keine
Möglichkeit zu prüfen, was sich in den Botschaften tut. Schließlich sind
die Botschaften „unverletzlich“, wie es im Wiener Übereinkommen über
diplomatische Beziehungen von 1961 heißt.
Immerhin ist es zulässig, die Botschaften von oben zu fotografieren. Und
das wird auch gemacht – um zu prüfen, ob dort Antennen und andere
Abhöreinrichtungen zu sehen sind. So sind auf dem Dach der russischen
Botschaft Holzverschläge zu sehen, die auf Bildern aus dem Jahr 1990 noch
nicht zu sehen waren. „Wir können nur spekulieren, was damit abgedeckt
wird, ob es Haustechnik ist oder eine Abhöranlage“, heißt es in deutschen
Sicherheitskreisen.
## In den Wänden der US-Botschaft könnte Abhörtechnik sein
Auf dem Dach der britischen Botschaft gibt es einen weißen siloartigen
Aufbau. Die Außenhaut besteht wohl aus Textil. In deutschen
Sicherheitskreisen spricht man ironisch von einem „Kunstwerk“. Am
unverfänglichsten wirkt das Dach der US-Botschaft, verdächtige Aufbauten
sind hier nicht zu sehen.
Allerdings bestehen die Wände des vierten Stockwerks nicht nur aus Beton,
sondern auch aus anderen Materialien, hinter denen sich möglicherweise
Abhörtechnik befindet. Gerne würden deutsche Behörden dies prüfen, die
US-Botschaft gibt aber keine Erlaubnis. Es ist also weiterhin nur eine
Vermutung, dass die – von den USA nicht dementierte – Überwachung des
Merkel-Handys von hier aus erfolgte.
Für die Spionageabwehr ist in Deutschland der Verfassungsschutz zuständig.
Bisher hatte der sich nicht systematisch um mögliche Spionage durch
Partnerstaaten gekümmert, sondern nur bei konkreten Anhaltspunkten, etwa
Presseberichten. Aus Sicht der Sicherheitsbehörden war dies keine
Blauäugigkeit, sondern ein „effizienter Einsatz unserer Ressourcen“. Man
wollte sich auf die größten Risiken konzentrieren, und die sah man nicht
bei den Nato-Partnern. Diese Strategie wurde wohl auch von den jeweiligen
Bundesregierungen mitgetragen.
Nun wurden allerdings die deutsche Kanzlerin und möglicherweise auch andere
Spitzenpolitiker von den USA systematisch ausgeforscht. Soll sich die
Spionageabwehr deshalb künftig umfassend um die Nato-Partner kümmern? In
deutschen Sicherheitskreisen würde man das gerne vermeiden. Die Rede ist
von einer „großen Ressourcenverschwendung“, wenn man künftig enge
Verbündete vorsorglich beobachten müsste. Die Hoffnung ruht daher auf einer
No-spy-Vereinbarung mit den Amerikanern. Bis Ende des Jahres soll der
Vertrag, der auf deutscher Seite vom Bundesnachrichtendienst ausgehandelt
wird, fertig sein.
20 Nov 2013
## AUTOREN
Christian Rath
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