# taz.de -- US-Geheimdienst NSA: Merkel bis in den Sommer überwacht | |
> Obama soll die Überwachung vor wenigen Wochen beendet haben, heißt es. Im | |
> neuen Bundestag wird es voraussichtlich einen Untersuchungsausschuss | |
> geben. | |
Bild: Sommer 2013: „Du, Barack, wir vertrauen einander, oder?“ | |
BERLIN dpa/afp | US-Regierungsvertreter haben einem Medienbericht zufolge | |
eingeräumt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bis in den Sommer hinein vom | |
US-Geheimdienst NSA bespitzelt wurde. Präsident Barack Obama habe davon | |
jedoch erst nach einer internen Untersuchung der US-Regierung erfahren, | |
zitierte das Wall Street Journal (WSJ) online namentlich nicht genannte | |
Regierungsvertreter. | |
Der Bundestag wird voraussichtlich einen Untersuchungsausschuss einsetzen, | |
um die NSA-Abhöraffäre aufzuklären. Nach Linkspartei und Grünen verlangt | |
dies auch die SPD. | |
Die im Sommer gestartete Prüfung der Regierung habe ergeben, dass die NSA | |
rund 35 internationale Spitzenpolitiker überwache. Das Weiße Haus habe | |
daraufhin einige Abhöraktionen gestoppt, darunter die gegen Merkel, gab das | |
WSJ einen hochrangigen Regierungsvertreter wieder. | |
Die Untersuchung legt laut WSJ nahe, dass Obama annähernd fünf Jahre lang | |
nichts von den Bespitzelungen der Politiker wusste. Laut dem | |
Zeitungsbericht hat Obama die Überwachung von Merkel und anderen | |
Staatsführern beendet, nachdem er vor wenigen Wochen über die Abhöraktionen | |
erfuhr. Die Regierungsvertreter sagten der Zeitung, bei der NSA liefen so | |
viele Lauschangriffe parallel, dass es kaum praktikabel wäre, Obama über | |
alle zu informieren. Sie fügten hinzu, der Präsident bestimme zwar die | |
Leitlinien der Informationsbeschaffung. Spezifische Ziele würden aber von | |
nachgeordneten Stellen wie der NSA bestimmt. | |
In einer Reaktion auf den WSJ-Bericht bestätigte das Weiße Haus interne | |
Untersuchungen über geheimdienstliche Abhörpraktiken in verbündeten | |
Ländern, ging allerdings nicht auf Einzelheiten ein. | |
## Obama will nichts gewusst haben | |
Deutschen Medienberichten zufolge soll Merkel seit etwa 2002 ein | |
NSA-Aufklärungsziel sein. Der Geheimdienst dementierte einen Bericht der | |
Bild am Sonntag, wonach NSA-Chef Keith Alexander Obama im Jahr 2010 über | |
das Vorgehen gegen Merkel informiert habe. In mehreren Berichten hatte es | |
geheißen, Obama habe Merkel bei einem Telefonat versichert, nichts über | |
Spionagepraktiken gegen sie gewusst zu haben. | |
„Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags, der Licht ins Dunkel bringt, | |
ist unvermeidlich“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles der | |
Bild-Zeitung (Montag). Dabei könne der frühere Geheimdienstmitarbeiter | |
Edward Snowden, der die Affäre im Sommer mit seinen Veröffentlichungen | |
losgetreten hatte, ein „wertvoller Zeuge“ sein. Snowden hat in Russland | |
Asyl erhalten. | |
Nahles sagte zur Spähaffäre: „Diese Vorgänge sind unerträglich. Sie haben | |
die Kraft, alle freundschaftlichen Bande zu zerstören, die uns immer mit | |
den Vereinigten Staaten verbunden haben.“ Ähnliche Kritik kommt aus allen | |
Parteien. Als „eklatant gestört“ bezeichnete etwa CSU-Chef Horst Seehofer | |
im Donaukurier (Montag) das „Vertrauen zu unseren amerikanischen Freunden“. | |
Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping sagte der Mitteldeutschen Zeitung: | |
Obama „täte gut daran, schnell nach Deutschland zu kommen und sich vor dem | |
Bundestag und der Öffentlichkeit für die massenhafte Spitzelei zu | |
entschuldigen“. | |
## Union will U-Ausschuss nicht verhindern | |
Ein Untersuchungsausschuss wäre auch ohne die SPD möglich, da die CDU/CSU | |
diesen nicht verhindern würde. Fraktionschef Volker Kauder machte am | |
Wochenende zwar deutlich, dass er gegen einen solchen Ausschuss ist. In der | |
ZDF-Sendung „Berlin direkt“ fügte er allerdings hinzu: „Wenn die zwei | |
kleinen Oppositionsparteien den Untersuchungsausschuss wollen, haben wir | |
gesagt, lassen wir das zu.“ Eigentlich hätten Linke und Grüne nicht | |
genügend Sitze im Bundestag, um einen Untersuchungsausschuss durchzusetzen. | |
Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach gab in der ARD-Sendung „Bericht aus | |
Berlin“ zu bedenken, ein Untersuchungsausschuss müsste Zeugen aus den USA | |
hinzuziehen können und bräuchte Akten und Urkunden zur Auswertung. „Ich | |
fürchte, da werden wir nicht die Beweismittel haben, um das abschließend | |
klären zu können.“ | |
28 Oct 2013 | |
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