# taz.de -- Sicherheitsforschung an deutschen Unis: Das Fachwort lautet „Dual… | |
> Das Pentagon fördert Forschung an deutschen Unis. Ein Skandal? Die EU | |
> pumpt weitaus mehr Geld in die Sicherheitsforschung. | |
Bild: Nicht nur hübsch, auch klug sollen sie sein. Europa forscht an intellige… | |
BERLIN taz | Das US-Verteidigungsministerium lässt auch an deutschen | |
Hochschulen und Instituten forschen. Die Hochschulen reagieren gelassen. | |
Seit 2000 seien rund sieben Millionen Euro für Rüstungs- wie | |
Grundlagenforschung an deutsche Universitäten und Institute geflossen, | |
berichten NDR und Süddeutsche Zeitung. | |
„Grundsätzlich gibt es keinen Grund, das Verteidigungsministerium eines mit | |
Deutschland eng verbündeten Staates als Projektträger auszuschließen“, | |
sagte der Präsident der deutschen Hochschulrektorenkonferenz, Horst | |
Hippler, dem Handelsblatt. | |
Denn die Förderung ähnlicher Projekte ist gängig. Gelder erhalten die | |
Universitäten von der EU in erheblich größerem Umfang. [1][Das siebte | |
Europäische Forschungsrahmenprogramm] (FP7) fördert die europäische | |
Sicherheitsforschung mit 1,4 Milliarden Euro. Universitäten, Wirtschaft und | |
Staat arbeiten in dem siebenjährigen FP7-Rahmen gemeinsam an [2][253 | |
Einzelprojekten] zum Thema Sicherheit. | |
„Vieles, was heute unter ziviler Sicherheit läuft, ist militärisch geprägt, | |
so wie die Sensorik und Nachrichtentechnik“, so Christoph Marischka, | |
Vorstandsmitglied der [3][Informationsstelle Militarisierung]. Auch für die | |
Zivilgesellschaft erforschte Technologien lassen sich militärisch nutzen. | |
Das englische Fachwort dafür ist „Dual Use“. | |
## Rüstungsunternehmen und Privatwirtschaft | |
Das Europäische Forum für Sicherheitsforschung und Innovation (Esrif) | |
begleitete das FP7 in den Jahren 2007 bis 2009. Esrif gab | |
Rüstungsunternehmen und Privatwirtschaft eine offizielle Plattform, sich | |
mit den Wissenschaftlern auszutauschen. Esrif sollte den Weg „für die | |
Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor und den | |
Forschungseinrichtungen“ ebnen, beschreibt die Europäische Kommission das | |
Projekt [4][in einer Pressemitteilung]. | |
Der Sicherheitssektor boomt. Das Bildungsministerium schätzte 2006 das | |
Marktvolumen für zivile Sicherheit auf zehn Milliarden Euro alleine in | |
Deutschland, Tendenz: wachsend. Dementsprechend hält auch die Förderung der | |
Sicherheitsforschung an. Nach FP7, das im nächsten Jahr ausläuft, bringt | |
die EU das Nachfolgeprojekt [5][Horizon 2020] auf den Weg. | |
Die Technik soll auch an Schwellenländer verkauft werden, so das | |
Grundsatzpapier „[6][Zukunftsmarkt zivile Sicherheit]“ des | |
Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2010. „Der Anteil öffentlicher | |
Kunden ist sehr hoch – dies gilt in besonderem Maße für die als Zielmärkte | |
interessanten Schwellenländer“, heißt es in dem Papier wörtlich. | |
Eines der 120 Sicherheitsprojekte des FP7 ist [7][Indect]. Ende September | |
demonstrierte die Universität Danzig einen Teil der erforschten Technik. Da | |
Personal allein die Bilderflut aus Überwachungskameras nicht mehr | |
bewältigen kann, sollen intelligente Videokameras „abnormales Verhalten“ | |
erkennen: etwa Banküberfälle, aber auch das Überqueren von roten Ampeln. Im | |
Internet sollen digitale Wasserzeichen in Dateien dabei helfen, den | |
ursprünglichen Besitzer von Dateien zu identifizieren. | |
## Das Bundeskriminalamt berät | |
Neben der Universität Wuppertal forschen in Deutschland die privaten | |
Unternehmen InnoTec DATA und PSI Transcom GmbH an dem Großprojekt. | |
Insgesamt arbeiten 17 europäische Forschungsinstitutionen an Indect. Das | |
Bundeskriminalamt berät. [8][Andere Projekte] bringen Informationen aus | |
sozialen Netzwerken mit biometrischen Merkmalen wie dem Fingerabdruck | |
zusammen. | |
Die meisten der FP7-Sicherheitsprojekte beschäftigen sich auch mit | |
Grundrechtsfragen und Ethik. Auch Indect hat eine [9][Ethikkommission] – | |
sie besteht jedoch aus den beteiligten Akteuren selbst, und zwei | |
Datenschützern. „Es müsste mehr Wert auf Reflexion gelegt werden“, sagt | |
Christoph Marischka. So wie es heute schon bei der Genforschung der Fall | |
sei, wo Netzwerke und Gremien sich über potenzielle Gefahren und deren | |
Eindämmung Gedanken machen. | |
27 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://cordis.europa.eu/fp7/home_de.html | |
[2] http://cordis.europa.eu/projects/index.cfm?fuseaction=app.search&TXT=&a… | |
[3] http://www.imi-online.de/ | |
[4] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-07-1296_de.htm | |
[5] http://ec.europa.eu/research/horizon2020/index_en.cfm | |
[6] http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=369604.html | |
[7] /!45893/ | |
[8] http://www.fp7-caper.eu/fr/partenaires.html | |
[9] http://www.indect-project.eu/ethics-board-members | |
## AUTOREN | |
Svenja Bednarczyk | |
## TAGS | |
Forschung | |
Hochschule | |
Rüstungsindustrie | |
Europa | |
Pentagon | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Verteidigungsministerium | |
NSA | |
USA | |
US-Botschaft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Proteste gegen Kissinger-Lehrstuhl: Als Vorbild ungeeignet | |
Das Verteidigungsministerium möchte den ehemaligen US-Außenminister Henry | |
Kissinger mit einem Lehrstuhl ehren. Eine Bonner Initiative ist dagegen. | |
UN-Resolution gegen Überwachung: Menschenrecht auf Privatsphäre | |
Brasilien und Deutschland bringen eine Resolution gegen die Spähaktionen | |
der NSA ein. Auf Initiative der USA wurde die Ursprungsversion verwässert. | |
US-Militär lässt in Deuschland forschen: Sprengstoff, Panzerglas und Munition | |
Über 10 Millionen Euro steckten die USA in den letzten Jahren in | |
Grundlagenforschung an deutschen Unis. Auch Hochschulen mit Zivilklausel | |
sind unter den Empfängern. | |
Verfassungsschutz zum Abhörskandal: Handy aus im Reichstag | |
Deutsche Sicherheitskreise weisen auf zahlreiche ausländische Botschaften | |
im Regierungsviertel hin. Von dort könnten Politiker abgehört werden. |