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# taz.de -- Standortsuche für Atommüllbehälter: Da waren es nur noch sieben
> Wohin mit den 21 Castoren, die ab 2017 nach Deutschland rollen werden?
> Ein internes Papier der Bundesregierung schließt schon mal vier Standorte
> aus.
Bild: Fällt raus, weil ohne Gleisanschluss: Standortzwischenlager des Kernkraf…
BERLIN taz | Im Streit über die Rücknahme des deutschen Atommülls aus
Frankreich und England wird langsam deutlich, wo die Castoren mit der
radioaktiven Fracht landen können – und wo nicht. Etwa die Hälfte der 14
möglichen Zwischenlager schließen Bundesregierung, Länder und Stromkonzerne
aus technischen oder juristischen Gründen aus – oder betrachten sie als
problematisch. Das geht aus einem internen Papier des
Bundesumweltministeriums hervor, das der taz vorliegt.
Demnach haben sich Bund, Länder und Vertreter der AKW-Betreiber schon in
einer Sitzung am 19. November 2013 auf „Vorschläge für
Entscheidungskriterien“ geeinigt. Dabei geht es darum, wie die 21 Castoren
aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield verteilt werden
können, die zwischen 2017 und 2019 den Atommüll aus deutschen AKWs
zurückbringen. Fünf weiteren Castoren aus dem französischen La Hague hat
die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg schon eine Unterkunft
angeboten.
Die Länder streiten darüber, wer nun nach welchen Kriterien die ungeliebten
Atommüllbehälter aufnehmen muss. Am Freitag konnte sich eine Runde der
Länderminister mit dem Umweltministerium wieder nicht auf konkrete
Fortschritte einigen. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) kündigte
an, dass „bis Ostern“ eine Lösung gefunden sein solle.
Das Ministeriumspapier schafft zumindest teilweise Klarheit. Zum einen
zeigt es, dass den gesuchten 21 Stellplätzen etwa 400 freie Plätze in
Zwischenlagern an den AKWs gegenüberstehen. Zum anderen hat sich die Runde
danach bereits darauf geeinigt, Standorte ohne eigenen Gleisanschluss aus
dem Verfahren zu nehmen. Damit fallen die AKWs in Grafenrheinfeld und
Neckarwestheim als Zwischenlager weg. Gundremmingen wird von der Liste
gestrichen, weil es keinen Platz hat, ähnlich ist es beim Zwischenlager
Ahaus.
## Prozess „auf null gesetzt“
Juristische Probleme führt das Papier für die Standorte Unterweser und
Brunsbüttel auf. Dort sind entweder Klagen gegen die Zwischenlager
anhängig, oder es ist, wie in Brunsbüttel, sogar bereits gegen die
Rechtmäßigkeit einer Castorlagerung entschieden. Laufende Prozesse bedeuten
zumindest Zeitverzögerung. Politisch aus dem Rennen ist wahrscheinlich auch
Philippsburg, weil dort bereits die fünf französischen Castoren aufgenommen
werden sollen.
Die verbleibenden Standorte teilen sich grob in die norddeutschen AKWs
Brokdorf, Grohnde, Krümmel und Emsland und die südlichen Kraftwerke in
Biblis und Isar. Weil der Transport aus Sellafield per Schiff geplant ist,
wären die norddeutschen Standorte schneller zu erreichen, nach Hessen und
Bayern müssten die Transporte bis zu 800 Kilometer über die Schiene rollen.
Mit diesem Argument und den höheren Kosten wehrt sich etwa Bayern heftig
gegen die Castoren.
Flasbarth sagte der taz, bei der Suche nach Standorten sei „nichts
unmöglich.“ Der Prozess sei erst einmal „auf null gesetzt“, zusätzlich …
technischen Eignung der Standorte solle jetzt auch mit in die Debatte
einfließen, aus welchen Ländern besonders viel Atommüll stammt und welche
Länder bereits viele Konflikte um die Lagerung des Mülls auszustehen gehabt
haben – das zielt ganz klar auf Bayern und Niedersachsen.
## Begehrliche Blicke nach MeckPomm
Wo die Castoren letztlich landen, ist nach Meinung aus Verhandlerkreisen
„vor allem eine politische Frage“: Schleswig-Holstein hat angeboten,
Castoren in Brunsbüttel zu lagern – aber das war vor dem Urteil, das den
bereits dort stehenden Atommüllbehältern die Genehmigung abspricht.
Niedersachsen ist durch den jahrzehntelangen Kampf um Gorleben und die
undichte Atommüllkippe Asse belastet. Der grüne Umweltminister von
Baden-Württemberg, Franz Untersteller, erklärte am Wochenende, Bayern solle
sich „endlich konstruktiv einbringen“. „Momentan sind nur und ausgerechnet
die jahrzehntelangen Gegner der Atomkraft bereit, jetzt den Dreck dieser
Technologie wegzuräumen. Wegducken ist für ein Land wie Bayern ein
Armutszeugnis.“
Begehrliche Blicke richten sich deshalb nach Mecklenburg-Vorpommern. Im
Zwischenlager Nord bei Lubmin ist eine Menge Platz – und das Lager gehört
als einziges nicht den Stromkonzernen, sondern dem Bund. Bei politischem
Willen könnte man deshalb schneller zu Einigungen kommen. Allerdings führt
das Papier aus dem Ministerium an, bevor nicht aufgerüstet werde, komme
„eine Einlagerung aus sicherheitstechnischen Gründen nicht in Betracht“,
außerdem müsste ein Schiff aus England den weiteren Weg durch Skagerrak und
Ostsee nehmen.
Der Schweriner Innenminister Lorenz Caffier (CDU) war am Freitag extra nach
Berlin gereist, um die Pläne abzulehnen: „Wir nehmen den Müll aus den
bundeseigenen Forschungsreaktoren. Für alles andere wären ja völlig neue
langwierige Genehmigungsverfahren nötig.“ Neue Genehmigungen sind aber auch
an allen anderen Standorten notwendig.
19 Feb 2014
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Umweltpolitik
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