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# taz.de -- Sicherheitsbedenken in Niedersachsen: AKW Grohnde weiter außer Bet…
> Nur unter Protest sollen Techniker Schweißnähte notdürftig geflickt
> haben. Niedersachsens Umweltminister Wenzel schaltet die
> Staatsanwaltschaft ein.
Bild: Haben weiterhin zu tun: Atomkraftgegner der „Regionalkonferenz AKW Groh…
HANNOVER taz | Wegen Sicherheitsbedenken geht das umstrittene Atomkraftwerk
Grohnde vorerst nicht wieder ans Netz. Umweltschützer meldeten am
Donnerstagmorgen, offenbar seien rissige Sitzpanzerungen im
Rohrleitungssystem des Reaktors entdeckt und nur notdürftig
zusammengeschweißt worden.
Die damit beauftragte Firma habe sich zunächst weigern wollen, die Aufgabe
zu übernehmen, sei aber vom Reaktorbetreiber Eon unter Druck gesetzt
worden. Auch für die Sicherheitsüberprüfung des Meilers verantwortliche
Fachleute des TÜV hätten sich skeptisch gezeigt, hieß es unter Berufung auf
Techniker, die AKW tätig seien.
Die Reaktion des für die Atomaufsicht zuständigen niedersächsischen
Umweltministers Stefan Wenzel (Grüne) ließ nicht lange auf sich warten: Am
frühen Donnerstagabend teilte sein Ministerium mit, das Schreiben der
Anti-Atom-Aktivisten sei an die zuständige Staatsanwaltschaft Hannover
weitergeleitet worden. Bis zum Ergebnis der Ermittlungen werde Wenzel die
Wiederinbetriebnahme nicht genehmigen, so ein Sprecher des Ministers zur
taz.
Bereits am Morgen hatte Wenzel geklagt, der Stromkonzern übe maximalen
Druck auf die rot-grüne Landesregierung aus. „Wir haben feststellen müssen,
dass man beim Betreiber sehr, sehr ungeduldig wird“, sagte der
stellvertretende Ministerpräsident. Ihm sei eine „Schadenersatzklage in
Aussicht gestellt“ worden, berichtete der 52-Jährige gegenüber
Anti-Atom-AktivistInnen, die ihm mehr als 4.000 Protest-Unterschriften
gegen die Wiederinbetriebnahme des Reaktors übergaben.
## Drohungen von Eon
Die genaue Höhe der Eon-Drohung wollte Wenzel nicht nennen. Es gehe „um
sechsstellige Beträge“, hieß es auf taz-Nachfrage. Fällig werden dürften
die für jeden Tag, an dem der Meiler keinen Strom liefert: Insider schätzen
die durch den Ausfall Grohndes verursachten Umsatzausfälle Eons auf rund
eine Million Euro – täglich.
In der Bilanz des durch die Energiewende ohnehin angeschlagenen Konzerns
aus Düsseldorf dürfte damit ein mindestens 41 Millionen Euro tiefes Loch
klaffen. Eigentlich hätte das AKW, das Ende April zu einer routinemäßigen
Revision vom Netz ging, schon am am 11. Mai wieder in Betrieb gehen sollen.
Doch Grohnde machte seinem Ruf als Deutschlands Pannenreaktor Nummer 1 alle
Ehre: Zunächst wurde im nichtnuklearen Teil ein irreparabler
Generatorschaden festgestellt. Um das zur Stromerzeugung nötige, 550 Tonnen
schwere Ersatzteil per Schiff an das Kraftwerksgelände zu schaffen, wurde
sogar extra Wasser aus der Edertalsperre abgelassen. Dann sorgten
Fremdkörper im Reaktorkern für Komplikationen: Federn an neun von insgesamt
131 sogenannten Drosselkörpern sind gebrochen; diese Bauteile regulieren
den Kühlwasserstrom rund um die Brennelemente.
Anti-Atom-Aktivisten fürchten trotzdem, dass sich im Poker um Grohnde
langfristig nicht der Grünen-Minister durchsetzt, sondern der
Atomstromkonzern: „Bisher wogen die wirtschaftlichen Interessen Eons immer
schwerer als die Sicherheitsinteressen der Menschen im Landkreis Hameln und
in Ostwestfalen-Lippe“, sagt etwa Peter Dickel von der Arbeitsgemeinschaft
Schacht Konrad.
Ganz unwahrscheinlich ist das nicht: So sind etwa die Drosselkörper, die in
Grohnde defekt aufgefunden wurden, auch in anderen Druckwasserreaktoren in
Deutschland verbaut worden. Welche Standorte das genau sind, teilen bisher
aber weder Wenzels Haus noch das Bundesumweltministerium mit.
## „Sichere Abschaltung“
Zwar seien die Betreiber der AKWs informiert worden – gefährlich sei die
Situation aber sowieso nicht, versichert das Bundesumweltministerium: Zwar
könnten „Federbruchstücke zur Behinderung des vollständigen Einfalls eines
Steuerstabes führen“. Die „sichere Abschaltung des Reaktors“ werde dadur…
aber „nicht beeinträchtigt“, heißt es.
Eon beharrt derweil auf einer schnellen Wiederinbetriebnahme: Noch am
Donnerstagabend verkündete der Konzern im Internet, der Meiler Grohnde
werde am Samstag wieder angefahren: um 23.59 Uhr.
19 Jun 2014
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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