| # taz.de -- NSA-Buch des Guardian-Journalisten: Bericht aus dem Reich des Bösen | |
| > Die Story seines Lebens hat Glenn Greenwald über die Überwachung der NSA | |
| > geschrieben, als Artikelserie und als Buch. Eine Rezension. | |
| Bild: Enthüllte den NSA-Überwachungsskandal: Guardian-Journalist Glenn Greenw… | |
| BERLIN taz | Edward Snowden sitzt am Tisch und zieht sich eine Decke über | |
| den Kopf. Damit will er verhindern, dass Geheimdienste mit Kameras, die | |
| eventuell in die Decke des Hotelzimmers eingebaut sind, die Passwörter | |
| seiner Laptops ausspähen. Vor die Zimmertür legt er von innen Kissen, damit | |
| draußen niemand mithört. Auf dem Tisch stapeln sich leergegessene Teller, | |
| Klamotten liegen herum. | |
| So beschreibt der Journalist Glenn Greenwald in seinem Buch „Die globale | |
| Überwachung“ die ersten Treffen mit Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden | |
| in Hongkong. Snowden übergab Greenwald im Frühjahr 2013 Tausende Dokumente, | |
| die er während seiner Tätigkeit für mehrere US-Nachrichtendienste illegal | |
| heruntergeladen und mitgenommen hatte. | |
| Die Artikel, die Greenwald und seine Kollegin Laura Poitras unter anderem | |
| für den britischen Guardian schrieben, lösten außerhalb der USA | |
| Erschütterungen aus. Der politische Flurschaden geht über die Reaktionen | |
| nach vorherigen Veröffentlichungen von Rechtsverletzungen der USA hinaus. | |
| Die Snowden-Enthüllungen stellen die Pentagon-Papiere zum Vietnamkrieg oder | |
| den Wikileaks-Film über die schmutzige US-Kriegsführung im Irak in den | |
| Schatten. | |
| Greenwalds Buch ist eine Mischung aus politischem Aufklärungsbuch und | |
| Agententhriller, in dem selbstlose Helden gegen die finstere Macht kämpfen. | |
| An Spannung und Skurrilitäten fehlt es nicht. Beispielsweise schreibt | |
| Greenwald, dass ihm die Megastory beinahe durch die Lappen gegangen wäre, | |
| weil er zu faul war, ein Programm zur E-Mail-Verschlüsselung zu | |
| installieren. Snowden hatte ihn mit diesem Wunsch monatelang anonym | |
| kontaktiert – ohne das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Frustriert wandte | |
| sich Snowden schließlich an Greenwalds Kollegin Poitras, die die Sache ins | |
| Rollen brachte. | |
| Das Buch zu lesen lohnt sich, weil der Inhalt noch immer erschreckend ist. | |
| Seine Botschaft formuliert Greenwald mit einer Frage von General Keith | |
| Alexander, der bis Anfang 2014 als Chef der National Security Agency (NSA) | |
| amtierte: „Warum können wir nicht alle Daten sammeln, immer und jederzeit?“ | |
| Dieses Ziel haben die US-Geheimdienste noch nicht erreicht, einen guten | |
| Teil des Weges aber haben sie zurückgelegt. | |
| ## Wahr ist auch: Es gibt kein Arbeitslager | |
| Die Programme, die durch die Snowden-Dokumente bekannt wurden, umfassten | |
| laut Greenwald beispielsweise den Zugriff der Schnüffler auf alle | |
| Telefon-Metadaten des US-Netzbetreibers Verizon. Dazu gehörten auch die | |
| Ausgangs- und Zielnummern, Uhrzeit und Dauer der Gespräche. Es ging um etwa | |
| 100 Millionen Telefonanschlüsse. | |
| Dann gab es das Programm Prism, durch das die NSA Zugang zu den Servern der | |
| großen Internetfirmen erhielt – unter anderem Facebook, Google, Yahoo, | |
| Microsoft, Apple, Skype. Seit Prism bekannt ist, muss man davon ausgehen, | |
| dass dort jeder Chat-Eintrag, jede E-Mail, jede mittels Google geöffnete | |
| Internetseite, jeder runtergeladene Song grundsätzlich Material für den | |
| Geheimdienst ist. Die Firmen dementierten. Und auch Staaten wie Deutschland | |
| waren betroffen. Hier sammelte die NSA offenbar ebenfalls Daten über | |
| Hunderte Millionen Telefongespräche. Das Handy der Kanzlerin wurde | |
| überwacht. Angela Merkel war sauer. | |
| Greenwald analysiert das alles sehr nachvollziehbar. Drumherum konstruiert | |
| er allerdings ein Reich des Bösen – die USA als Regime wie in George | |
| Orwells Roman „1984“. Das klingt oft überzogen. Denn Wahrheit ist auch: In | |
| den USA werden keine Journalisten erschossen, nur weil sie dem Staat auf | |
| die Nerven gehen. Organisationen wie Greenpeace müssen sich nicht als | |
| „ausländische Agenten“ registrieren, wenn sie Geld aus dem Ausland | |
| bekommen. Und Musikerinnen werden nicht ins Arbeitslager gesteckt, weil sie | |
| sich über US-Präsident Obama lustig machen. Alles im Gegensatz zu Moskau, | |
| wo Edward Snowden Schutz sucht. | |
| Trotzdem gibt das Buch Anlass zum Nachdenken über die technische | |
| Entwicklung. Ist es nicht bald so weit, dass der Kühlschrank merkt, wenn | |
| keine Milch mehr da ist, und eine Amazon-Drohne sie automatisch | |
| nachliefert? Deshalb ist es gut, das nichtdigitale Leben funktionsfähig zu | |
| halten. Also lieber einen Papierkalender benutzen, als den auf dem | |
| Smartphone. Stadtplan statt Navi. Bar bezahlen. Autonomie bewahren, auch | |
| technisch betrachtet. Nur, damit man’s nicht verlernt. | |
| 20 May 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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