# taz.de -- Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Bezirk verzichtet auf Ultimatum | |
> Einen Tag nach der versuchten Räumung befinden sich noch mindestens 40 | |
> Flüchtlinge in der Kreuzberger Schule. Der Bezirk spielt offenbar auf | |
> Zeit. | |
Bild: Demonstranten am Mittwochvormittag in der Nähe der fast geräumten Kreuz… | |
BERLIN taz | In der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer | |
Straße in Kreuzberg verhärten sich die Fronten. Am Morgen wollten die | |
Flüchtlinge und ihre Anwälte eine Pressekonferenz abhalten, die Polizei | |
ließ die Journalisten auf Geheiß des Bezirks aber nicht auf das Gelände. | |
Eine Anwältin der Flüchtlinge sagte, der Bezirk habe mehrheitlich | |
entschieden, der Pressekonferenz erst zuzustimmen, wenn die Bewohner das | |
Dach verlassen. Daraufhin sprachen Flüchtlinge per Skype mit den | |
Journalisten, die sich in einer Bäckerei in der Reichenberger Straße | |
versammelt hatten. | |
„Wir gehen erst vom Dach, wenn unsere Forderungen erfüllt sind. Wir bleiben | |
oben. Wir haben keine Angst vor der Polizei“, sagte einer der Flüchtlinge. | |
Sie wollten nicht zurück in die „Lager“. Diese müssten abgeschafft werden. | |
Die Flüchtlinge wiederholten auch ihre Forderungen, Abschiebungen | |
auszusetzen und die Residenzpflicht abzuschaffen. „Bleiberecht für alle“ | |
rief Mimi, eine der Bewohnerinnen, ins Telefon. | |
Laut dem Bezirkssprecher Sascha Langenbach hielten sich am Vormittag noch | |
20 Personen im Haus und 20 Personen auf dem Dach auf. Ein Unterstützer im | |
Haus schätzte jedoch, dass insgesamt ungefähr 80 Leute in der Schule sind. | |
Die Flüchtlinge drohten, vom Dach zu springen, sollten ihre Forderungen | |
nicht erfüllt werden. | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) gab am Vormittag gemeinsam | |
mit Sozialsenator Mario Czaja (CDU) eine Pressekonferenz in der | |
Sozialverwaltung an der Oranienstraße. Herrmann betonte, sie wolle kein | |
Ultimatum zum Auszug aus der Schule setzen. „Wir haben mit Ultimaten keine | |
guten Erfahrungen gemacht“, sagte Herrmann. Sie und Sozialsenator Mario | |
Czaja (CDU) setzen auf weitere Gespräche mit den in der Schule verbliebenen | |
Flüchtlingen. | |
## „Es geht um einen Umzug“ | |
Laut Czaja waren von zuvor 211 registrierten Flüchtlingen am Dienstag 188 | |
in Heime in Spandau und Charlottenburg angekommen, wo sie in Zwei- und | |
Dreibettzimmer wohnen. „Es geht nicht um eine Räumung, es geht nach wie vor | |
um einen Umzug“, sagte Herrmann. | |
Wenn die Schule leer ist, sollen ein Zaun und Wachschutz eine erneute | |
Besetzung verhindern. Der Bezirk will dort ein internationales | |
Flüchtlingszentrum einrichten. Die Pläne lägen schon vor, sagte Herrmann, | |
derzeit sei man dabei, das Geld zusammenzubringen. | |
Die Flüchtlinge stehen den Behörden sehr misstrauisch gegenüber. „Diese | |
Leute lügen alle“, sagte einer am Telefon. Der Bezirk stelle in Aussicht, | |
dass 70 Personen später in der Schule leben könnten, so die Anwältin | |
Berenice Böhlo gegenüber der taz. Doch die Zusagen seien sehr vage. | |
Zu den Drohungen von Flüchtlingen, vom Dach der Schule zu springen oder das | |
Gebäude abzubrennen, sagte Herrmann: „Die Lage ist so, dass man ein gutes | |
Augenmaß haben muss und nicht einfach durchmarschiert.“ Sie beschwichtigte | |
jedoch: Die Drohungen seien „auch einer sehr emotionalen Situation | |
geschuldet“. | |
## Angeblich Polizisten mit Maschinenpistolen | |
Herrmann wollte eine Räumung der Schule durch die Polizei nicht defintiv | |
ausschließen. Die zu vermeiden „haben wir als Ziel“, so die | |
Bürgermeisterin. „Ich sage aber auch: Das Leben läuft einem manchmal | |
dazwischen.“ Die Anzahl von rund 900 Polizisten mochte Herrmann nicht | |
bewerten – das obliege der Einschätzung der Polizei. Nachvollziehen mochte | |
sie bloß nicht, warum einzelne Polizisten mit Maschinenpistolen ausgerüstet | |
waren, wie sie auf Bildern gesehen haben will. Der Bezirk hatte die | |
Unterstützung der Polizei am Dienstag angefordert. | |
Am Dienstagabend hatte die Polizei noch zugelassen, dass Essen, Trinken und | |
Decken in die Schule gebracht wurden. Das war am Mittwochmorgen offenbar | |
nicht mehr der Fall. Wenn jemand die Schule verlasse, werde er nicht mehr | |
hineingelassen, berichtete ein Flüchtling. | |
Bei Protestaktionen von Sympathisanten der Flüchtlinge gab es in der Nacht | |
zum Mittwoch mehrere Festnahmen, zudem wurden mehrere Polizisten leicht | |
verletzt. Die Polizei sprach von jeweils weniger als zehn verletzten | |
Beamten und Festnahmen. An den spontanen Demonstrationen an mehreren Orten, | |
bei denen etliche Fensterscheiben zu Bruch gingen und eine Bushaltestelle | |
demoliert wurde, beteiligten sich nach Behördenangaben etwa 800 Menschen. | |
900 Polizisten seien im Einsatz gewesen. | |
In dem besetzten Gebäude lebten seit Ende 2012 rund 200 Menschen, darunter | |
viele Flüchtlinge aus Afrika, aber auch Roma-Familien und Obdachlose. Der | |
Bezirk hatte am Dienstagmorgen begonnen, das Haus zu räumen. | |
25 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
Stefan Alberti | |
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