# taz.de -- Lobbyismus in Brandenburg: Alle wollen Kohle | |
> Greenpeace entlarvt in einer Untersuchung das Netzwerk der Kohlefans in | |
> Brandenburgs Politik. Außer den Grünen sind alle Parteien für den | |
> Klimakiller. | |
Bild: Braunkohlekraftwerk Jänschwalde: Überflüssig ab 2040. Oder früher? | |
Es ist die ganz große Koalition für die Kohle: Eine Woche vor den | |
Landtagswahlen legt die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine | |
Brandenburger Version ihres „Schwarzbuchs Kohle“ vor. Nach dem Report, der | |
der taz vorliegt und am Montag veröffentlicht werden soll, gehört das | |
Bekenntnis zur Ausbeutung der extrem klimaschädlichen Braunkohle im | |
Potsdamer Landtag zur Staatsräson. | |
Und an praktisch allen wichtigen Hebeln der politischen Entscheidungen, | |
angefangen bei SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke, sitzen Politikerinnen | |
und Politiker, die die Tagebaue in der Lausitz planen und verteidigen. | |
Die Übersicht zeigt, dass in den Regierungsparteien SPD und Linke, aber | |
auch in der Opposition von CDU und FDP die Freunde der fossilen Brennstoffe | |
das Sagen haben. Die Umweltgruppe unterteilt die etwa zwei Dutzend | |
Spitzenpolitiker nach Kriterien wie „Überzeugungstäter“, „Mitläufer“… | |
„Scharfmacher“. Allein die Grünen tauchen nicht auf. | |
## Woidke "Überzeugungstäter" | |
Als „Scharfmacher“ sieht Greenpeace etwa die SPD-Minister für Infrastruktur | |
und Inneres. Jörg Vogelsänger hat die Verträge zur Umsiedlung der | |
Bevölkerung am Tagebau Welzow-Süd unterschrieben, Ralf Holzschuher die | |
Planung zur Verstromung der Kohle verfasst und für die umstrittene | |
CCS-Technik zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid plädiert. Aber | |
auch die Spitzenkandidaten von CDU und Linken bekommen dieses Etikett. | |
„Überzeugungstäter“ nennen die Umweltschützer Landesvater Woidke. Der | |
ehemalige Umweltminister habe früher erklärt, neue Tagebaue werde es nur | |
mit „sauberer Kohle“ geben, handele jetzt aber anders. Auch Abgeordnete wie | |
SPD-Fraktionschef Klaus Ness, die energiepolitische Sprecherin der | |
Sozialdemokraten, Barbara Hackenschmidt, oder die CDU-Staatssekretärin im | |
Bundesverkehrsministerium, Katherina Reiche, nennt die Liste als überzeugte | |
Kohlefans. | |
Hier finden sich auch Angestellte, Aufsichtsräte und Lobbyisten des | |
Energiekonzerns Vattenfall wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Freese. | |
Freese schrieb bei den Koalitionsvereinbarungen der rot-schwarzen | |
Bundesregierung die Braunkohleförderung in das Papier. „Mitläufer“ sind f… | |
Greenpeace etwa Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke), | |
Justizminister Helmuth Markov (Linke) oder Bildungsminister Martina Münch | |
(SPD). | |
## Reiche wirft Greenpeace „gefährlichen Realitätsverlust“ vor | |
Zwei Sonderplätze gibt es auch: Einerseits den „Lautsprecher“ Matthias | |
Platzeck. Dem Exgrünen und Exministerpräsidenten werfen die Umweltschützer | |
vor, er habe die Braunkohle erst wieder salonfähig gemacht. Und dann noch | |
die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Martina Gregor-Ness. Der | |
Ehefrau des SPD-Fraktionschefs wirft Greenpeace „Doppelspiel“ vor, weil sie | |
neben ihrem Mandat noch im Aufsichtsrat von Vattenfall sitzt. Sie tritt bei | |
diesen Wahlen allerdings nicht mehr an. | |
Die Betroffenen wehren sich: Finanzminister und Linken-Kandidat Görke | |
erklärte, die „Verbalattacken von Greenpeace entbehren jeglicher | |
Grundlage“. Er stehe wie seine Partei dazu, bis 2040 aus der Verstromung | |
der Braunkohle auszusteigen, die Energiewende brauche aber die Akzeptanz | |
der Bevölkerung und bezahlbare Erneuerbare. | |
CDU-Frau Reiche wirft Greenpeace „gefährlichen Realitätsverlust“ vor, weil | |
man trotz der Krisen im Nahen Osten und der Ukraine eine Kampagne gegen | |
eine „sichere Energieversorgung“ mit heimischen Ressourcen beginne. Wer | |
gleichzeitig aus Atomkraft und Kohle aussteigen wolle, der „gefährdet | |
Arbeitsplätze und letztlich den Wohlstand unseres Landes“. | |
SPD-Fraktionschef Ness äußerte sich auf Anfrage der taz nicht zu den | |
Vorwürfen. | |
8 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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