# taz.de -- Vattenfall im schwedischen Wahlkampf: Nebelwolken vor dem Wasserfall | |
> Zwingt Stockholm Vattenfall, aus der Braunkohle auszusteigen? Neue | |
> Tagebaue sind in Schweden zum Wahlkampfthema geworden. | |
Bild: „Sollte Vattenfall der Ausbau der Kohlekraft in Deutschland verboten we… | |
STOCKHOLM taz | Achtmal grün. Die Vorsitzenden der acht im schwedischen | |
Parlament vertretenen Parteien schienen sich ausnahmsweise einmal einig zu | |
sein. Acht grüne Ja-Kärtchen gingen – wenn auch zögerlich – nach oben, a… | |
der Moderator einer Wahldebatte der Stockholmer Tageszeitung Expressen | |
fragte: „Sollte Vattenfall der Ausbau der Kohlekraft in Deutschland | |
verboten werden?“ | |
Abgesehen von den Grünen, die sich über diese Einigkeit zunächst positiv | |
überrascht zeigten, hatten die Pressesprecher der übrigen Parteien es | |
anschließend eilig, zu erklären, was diese grünen Kartons „eigentlich“ | |
bedeuten sollten. So wie die Frage formuliert gewesen sei, habe sie sich | |
natürlich ausschließlich auf den möglichen Neubau von Kraftwerkskapazität | |
bezogen, nicht etwa auf das Thema der Erschließung neuer Tagebaue. | |
Der Sprecher des Ministerpräsidenten stellte zudem klar, dass die jetzige | |
Regierung und ihre vier Parteien ja bekanntlich – was auch in derem | |
Wahlmanifest nachzulesen ist – einen Verkauf des kontinentalen Geschäfts | |
von Vattenfall erwägen: „In diesem Fall wäre es ja nicht mehr der | |
schwedische Staat, der in Deutschland Kohlekraftenergie produziert und | |
Kohleabbau betreibt.“ | |
Worauf die Grünen-Parteivorsitzende Åsa Romson jedenfalls ihren KollegInnen | |
auf der Regierungsseite „reine Lügen" vorwarf: Weil es in Schweden | |
mittlerweile unmöglich geworden sei, die Fossilkraftproduktion des | |
Staatskonzerns in Deutschland weiterhin zu verteidigen – in Umfragen lehnt | |
eine Zweidrittelmehrheit der Befragten diese ab – , sei man jetzt schon zu | |
solchen Wahlkampftricks gezwungen. | |
Auch Annika Jacobson, Chefin von Greenpeace Schweden betont, dass Schweden | |
auch im Fall des angestrebten Verkaufs des nicht-schwedischen Teils von | |
Vattenfall sich nicht aus der Verantwortung stehlen könne, damit zu einem | |
Kohlekraft-Ausbau beizutragen: „Wer das kauft, will ja weiterhin die | |
Braunkohle verfeuern. So wird Schweden seiner Klimaverantwortung nicht | |
gerecht.“ | |
## Noch eine Woche bis zur Wahl | |
Allerdings sieht es eine Woche vor der Wahl sowieso danach aus, als ob in | |
Zukunft nicht mehr Reinfeldt & Co in Stockholm regieren werden, sondern | |
eine rot-grüne Koalition unter einem sozialdemokratischen | |
Ministerpräsidenten. Klarheit für die Zukunft der Braunkohleverstromung von | |
Vattenfall bedeutet dies aber noch lange nicht. | |
Der mutmaßliche künftige Regierungschef Stefan Löfven hat zwar klargemacht, | |
dass für ihn ein „Panikverkauf“ der kontinentalen Vattenfallsektion nicht | |
in Frage komme. Doch inwieweit die Grünen sich in einer Koalition mit der | |
Forderung auf Stop der Erschließung neuer Braunkohletagebaue durchsetzen | |
könnten, steht in den Sternen. | |
Einerseits kündigte Löfven eine deutlichere Zielsetzung für „Vattenfalls | |
Beitrag zur Klimaumstellung“ an, lehnte andererseits aber eine strammere | |
staatliche Steuerung der Geschäftspolitik von Staatsunternehmen ab. Eine | |
konkrete Antwort auf die Frage, wie es mit Vattenfall in Deutschland | |
weitergehen soll, bleiben die Sozialdemokraten schuldig. Mehr als ein „wir | |
werden versuchen Vattenfall so zu steuern, dass die CO2-Emissionen gering | |
gehalten werden“ gibt es bisher nicht. | |
Diese „undeutlichen und feigen Signale“ seien ebenso zu kritisieren wie der | |
Versuch, sich über einen Verkauf aus der Klimaverantwortung stehlen zu | |
wollen, meint Annika Jacobson von Greenpeace: „Nicht nur für das Klima, | |
sondern auch gesamtgesellschaftlich wäre langfristig allein ein Ausphasen | |
der Fossilkraft durch Vattenfall ein Gewinn.“ Sie verweist auf eine von der | |
Umweltschutzorganisation in Auftrag gegebene [1][Studie des „Deutschen | |
Instituts für Wirtschaftsforschung" (DIW)], die aufzeige, dass Stockholm | |
auch ein großes unternehmerisches Risiko mit einer womöglich erheblichen | |
Belastung für die Staatskasse eingehe, werde der bisherige Vattenfall-Kurs | |
beibehalten. | |
Die Chancen, einen Käufer für den nicht-schwedischen Teil von Vattenfall zu | |
finden, stünden jetzt schon schlecht und würden sich vermutlich noch weiter | |
verschlechtern. Eine Einschätzung, die Sigmar Gabriel teilt: „Wo will man | |
dafür einen Käufer finden? Ein Blick in die Bilanz sagt doch alles“, | |
erklärte der deutsche Wirtschaftsminister, der am Samstag in Stockholm | |
seinem Parteifreund Löfven beim Wahlkämpfen half. | |
6 Sep 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.greenpeace.org/sweden/Global/sweden/klimat/dokument/2014/Vattenf… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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