# taz.de -- Verkehrsminister Alexander Dobrindt: Der Maut-Minister | |
> Schon wieder ein anderes Konzept für die Vignette: Diesmal soll sie | |
> wirklich kommen und alle unionsinternen Kritiker zufriedenstellen. | |
Bild: Hier geht's für Transitreisende schon schneller voran als auf verstopfte… | |
BERLIN taz | Es soll sein politisches Gesellenstück werden, und deshalb war | |
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu neuerlichen Änderungen | |
bei der geplanten Pkw-Maut bereit. | |
Nach dem Widerstand von unionsgeführten Bundesländern, die um Einnahmen aus | |
dem kleinen Grenzverkehr fürchteten, sollen Halter ausländischer Fahrzeuge | |
nun nur für die Benutzung von Autobahnen in Deutschland zahlen müssen, | |
während für Halter inländischer Fahrzeuge Autobahnen und Bundesstraßen | |
vignettenpflichtig werden. Dieses Konzept stellte Dobrindt am Donnerstag in | |
Berlin vor. | |
Dobrindt schlägt damit mehrere Fliegen mit einer Klappe, um die von der CSU | |
herbeigesehnte Maut zu retten: Fahren beispielsweise Tagestouristen aus | |
Frankreich oder Holland nach Deutschland zum Einkaufen, so sind sie dabei | |
nicht unbedingt auf Autobahnen angewiesen, brauchen also auch keine | |
Vignette zu kaufen. Dies war den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen | |
und Rheinland-Pfalz wichtig. | |
Gleichzeitig sorgt die Vignettenpflicht für Autobahnen und Bundesstraßen, | |
die für Halter von im Inland zugelassenen Pkw gilt, dass es nicht zu dem | |
gefürchteten Ausweichverkehr in großem Umfang kommt. Dies wäre der Fall | |
gewesen, wenn die Maut für Inländer nur für Autobahnen gelten würde. | |
## Ein Nullsummenspiel | |
Viele Deutsche hätten sich in diesem Fall die jährliche Vignettengebühr | |
sparen wollen – mit dem Argument, nur Landstraße fahren zu wollen. Ohnehin | |
sollen inländische Autobesitzer in dem Umfang bei der Kfz-Steuer entlastet | |
werden, wie sie für die Vignette zahlen. Für sie ist das Ganze zunächst | |
also ein Nullsummenspiel. | |
Dass sich nun Autofahrer aus dem Ausland in großem Umfang die Vignette | |
sparen und auf Landstraßen ausweichen, wie Kritiker befürchten, ist kaum zu | |
erwarten. Wer Deutschland als Transitland nutzt – also etwa Niederländer | |
gen Italien, Polen gen Großbritannien oder Dänen gen Österreich –, wird | |
wohl kaum Hunderte Kilometer über verstopfte Landstraßen zuckeln, um ein | |
paar Euro für die Vignette zu sparen. Außerdem sollen mögliche | |
Ausweichstrecken beobachtet und gegebenenfalls nachträglich bemautet | |
werden, so wie dies beim Lkw-Verkehr bereits gehandhabt wurde. | |
Statt an aufgeklebten Vignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild | |
ihres Autos zu erkennen sein. Dafür soll ein System Kennzeichen | |
elektronisch lesen, prüfen und Mautpreller entdecken. Dieses Vorhaben | |
dürfte datenschutzrechtliche Bedenken hervorrufen. | |
## Alles für den Bund | |
Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss büßen – voraussichtlich bis zu | |
150 Euro. Im Wiederholungsfall können bis zu 260 Euro plus eine Jahresmaut | |
fällig werden. Diese soll auch bei Pkw-Haltern im Ausland eingetrieben | |
werden. Da Landes- und Kommunalstraßen aus der Mautpflicht herausgenommen | |
wurden, beansprucht der Bund alle Einnahmen für sich. Auch eine Zustimmung | |
des Bundesrats ist daher nicht vorgesehen. | |
Die Pkw-Maut, die im Jahr 2016 eingeführt werden soll, soll dem Bund rund | |
500 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Dobrindt rechnet damit, dass für | |
nicht in Deutschland zugelassene Wagen jährlich rund 700 Millionen Euro | |
Maut gezahlt werden. Dem stehen Betriebs- und Personalkosten für das | |
Mautsystem von 195 Millionen Euro gegenüber – unterm Strich ergeben sich | |
somit rund 500 Millionen Euro, die Dobrindt jedes Jahr zusätzlich ausgeben | |
kann. Die Einnahmen sind zweckgebunden und können nur für | |
Infrastrukturprojekte verwendet werden. | |
Der Autofahrerclub ADAC übte Kritik. „Es wird netto nichts übrig bleiben“, | |
sagte ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Albrecht. Die Kosten der Verwaltung lägen | |
bei etwa 300 Millionen Euro – das sei in etwa so viel wie die Maut | |
einbringe. | |
„Die Infrastrukturabgabe ist sinnvoll, fair und gerecht“, sagte Dobrindt. | |
Sie beteilige alle diejenigen an der Finanzierung der Straßen, die sie | |
bislang kostenlos nutzen konnten. | |
Die Grünen lehnten die Pläne ab. „Auch wenn Dobrindts Mautpläne | |
zurechtgestutzt wurden: Murks bleibt Murks“, sagte Grünen-Chefin Simone | |
Peter. Der Wegezoll für Pkw ergebe weder ökologisch noch ökonomisch einen | |
Sinn und müsse die Überprüfung durch die EU erst noch bestehen. | |
30 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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