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# taz.de -- Ortstermin mit Grube und Dobrindt: Abgefahren am Hauptbahnhof
> Bahnchef Grube und Bundesverkehrsminister Dobrindt begeben sich
> höchstpersönlich auf einen Bahnsteig. Künftig gibt’s mehr Geld für die
> Infrastruktur.
Bild: Ein Paradestück der Deutschen Bahn: der Hauptbahnhof in Berlin.
BERLIN taz | Dienstagmorgen auf dem Berliner Hauptbahnhof, eine laute
Durchsage: „Der Regionalexpress nach Lübben hat heute 15 Minuten
Verspätung.“ Grund sei, dass der Zug auf Fahrgäste habe warten müssen, die
aus einem anderen Zug zustiegen. So weit, so schlecht. So normal. Nicht
ganz normal an der Szene: Die Durchsage übertönt Bahnchef Rüdiger Grube,
der gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine
Pressekonferenz auf dem Bahnsteig abhält. Sozusagen vor Ort, denn es geht
um Investitionen in den Erhalt von Bahnhöfen, Schienen und Brücken.
Dafür haben der Bund, dem die Bahn gehört, und die DB einen Fünfjahresplan
gebastelt, der sich „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ (LuFV)
nennt. 28 Milliarden Euro sollen so für den Erhalt der Bahninfrastruktur
zusammenkommen, auszugeben im Zeitraum von 2015 bis 2019. „Höchste
Priorität hat jetzt die Pflege des Bestandsnetzes“, sagt Grube. Die Zukunft
der Bahn entscheide sich nicht beim Neubau, sondern beim Erhalt des Netzes.
Der Bahnchef spricht deutlich, von Mikrofonen und Lautsprechern unterstützt
– aber er ist schlecht zu verstehen, denn gerade hält ein Zug mit
quietschenden Bremsen. Dann wieder eine Durchsage von der Berliner S-Bahn
auf dem Nachbargleis, danach wieder die Ankündigung einer Verspätung.
Gespräche, auch Monologe, auf einem Bahnhof können anstrengend sein. Und so
hat es Grube schwer, mit seiner Botschaft durchzudringen. Noch nie habe es
so große Investitionen in die Bestandsinfrastruktur gegeben. Aber was
bedeutet das? Dass nun ernst gemacht wird mit dem Anspruch „Erhalt vor
Neubau“? Oder ist es en passant eine Selbstkritik, dass jahrelang zu viel
Geld für umstrittene Großvorhaben wie Stuttgart 21 verpulvert wurde?
## Schönes Licht für Fotografen
Mit der Inszenierung aber können Grube und Dobrindt zufrieden sein: Die
fahle Novembersonne leuchtet durch die gläserne Glaskuppel des Berliner
Hauptbahnhofes; das gibt schönes Licht für Fotografen und Kameraleute, und
für lebendige Hintergrundbilder und -geräusche sorgen vorbeifahrende Züge.
Nur das Volk, nicht immer einverstanden mit der Bahn, wird diskret mit
Flatterband ausgesperrt. Aus Sicherheitsgründen, versteht sich.
In der Sache gibt es tatsächlich Fortschritte – so groß ist der
Nachholbedarf bei Brücken, Tunnel, Bahnhöfen, Schienen, Weichen, Elektro-
und Datenleitungen. Gab es bislang 4,6 Milliarden Euro pro Jahr für Ersatz
und Instandhaltung der Bahninfrastruktur, so werden es künftig 5,6
Milliarden Euro sein. Die Bahn könne damit den Sanierungsstau abarbeiten,
so Dobrindt. „Gleichzeitig stellen wir mit härteren Anforderungen und
stärkeren Kontrollen die Weichen für eine höhere Qualität im
Eisenbahnbetrieb.“ Davon profitierten auch die Bahnkunden.
In der Vereinbarung verpflichtet sich die Bahn, 875 Brücken teilweise oder
komplett zu sanieren. Andernfalls drohen ihr Strafzahlungen.
## Kritik kommt vom Rechnungshof
Der Bundesrechnungshof hatte vergangene Woche allerdings Bedenken gegen die
Vereinbarung geäußert. Steuerungswirkung und Erfolgskontrollen seien
unzureichend. Zudem fehlten Anreize zum wirtschaftlichen Einsatz der
Finanzmittel, hieß es in einer Stellungnahme des Rechnungshofs für den
Verkehrsausschuss des Bundestags. Die Erneuerung von mindestens 875 Brücken
sei außerdem zu wenig.
Auch die Realität auf den Gleisen lässt einiges zu wünschen übrig, zum
Beispiel am Dienstagmorgen auf dem Berliner Hauptbahnhof. Manch
S-Bahn-Waggon ist vermüllt und ungeheizt. Der Zug nach Breslau hat 55
Minuten Verspätung; der IC nach Amsterdam ist zwar pünktlich, hat aber
keinen Speisewagen.
Ist das etwa ein wilder Streik von Bordgastronomen, die mit der
Lokführergewerkschaft GDL sympathisieren? Schließlich gab es am Dienstag
keine Anzeichen auf Annäherung im Tarifkonflikt zwischen der GDL und der
Bahn.
11 Nov 2014
## AUTOREN
Richard Rother
## TAGS
Bahn
Rüdiger Grube
Alexander Dobrindt
Verkehrsministerium
Streik
Gewerkschaft der Lokführer
Streik
GDL
Bahn AG
Alexander Dobrindt
Stuttgart
Ronald Pofalla
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