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# taz.de -- Invasive Tierarten: Vorsicht, böse!
> Die Europäische Union will gebietsfremde Arten abwehren. Wer sind diese
> Schurken? Eine Hitliste der ausländischen Top-Terroristen aus dem
> Tierreich.
Bild: Ochsenfrosch, in diesem Fall: afrikanisch. Auch Grabfrosch genannt.
Seit diesem Jahr verpflichten sich alle Mitgliedstaaten der Europäischen
Union, invasive Tier- und Pflanzenarten zu bekämpfen. Vögel, Käfer und
Knöteriche, die von Menschen bewusst hierher gebracht oder versehentlich
eingeschleppt wurden, und die sich nun unerlaubt vermehren. Und die
gefährlich sein sollen für Natur, Landwirtschaft und Mensch. Der Bund für
Umwelt- und Naturschutz zählt Milliardenschäden auf, die die Invasiven in
Europa verursachen, der Präsident des Naturschutzbundes spricht von
"ökologischen Zeitbomben", der Spiegel schreibt über „Öko-Aliens“. Die
Europäische Kommission [1][arbeitet an einer Liste] der größten
Unheilsbringer. Die taz.am wochenende ist wie immer schneller und stellt
hier ihre Top Fünf der gefährlichsten Eindringlinge vor.
1. Der Asiatische Marienkäfer
Ankunft: Einst hat die asiatischen Marienkäfer zum Arbeiten nach
Deutschland geholt. Sie sollten in Gewächshäusern Blattläuse
herunterfressen, weil sie das besonders gut können. Sie können das wirklich
hervorragend: Während unser heimischer Schwächling gerade mal 50 Läuse am
Tag packt, haut der asiatische Fresser auch mal 270 in sich hinein.
Irgendwann aber flohen einige von ihnen in die Freiheit.
Integration: Mittlerweile wurden massenweise asiatische Marienkäfer
gesichtet, heißt es, in ganz Deutschland. Sie krabbeln vor allem im Herbst
in großen Schwärmen herum und gesellen sich zu Tausenden völlig
unintegriert unter Ihresgleichen.
Gefahrenpotenzial: Hoch. Der Käfer ist einfach nicht rot genug für unsere
Heimat und hat wirklich viel zu viele Punkte auf dem Rücken. Vor allem die
Weinbauern schimpfen: Diese Marienkäfer verstecken sich gerne bei den
Weintrauben. Landet ihr Insektenblut im Most, wird der Wein bitter.
Außerdem entern sie, wenn es kalt wird, aufdringlich Häuser und Wohnungen,
und – wie sollte es auch anders sein – sie könnten selbstverständlich
unsere einheimischen Marienkäfer verdrängen.
2. Der Nandu
Ankunft: Der Zaun des Geheges war kaputt, die Gelegenheit günstig, und so
rannten die Nandus in die Freiheit. Das ist gut 15 Jahre her. Die Züchter
des Geheges in der Nähe von Lübeck glaubten damals, die riesigen Laufvögel
würden es bei uns da draußen sowieso nicht lange schaffen. Denn die meisten
ihrer Verwandten leben in der Pampa Südamerikas.
Integration: Mehr als 100 Tiere leben nun wohl in Mecklenburg-Vorpommern,
picken Körner und Insekten von den Feldern und freuen sich des Lebens. Die
Population gilt als stabil, Tendenz ist aber steigend.
Gefahrenpotenzial: Wächst. Bisher fanden die meisten menschlichen Nachbarn
die Tiere toll, Nandus locken sogar Touristen in die Gegend. Man glaubt
auch nicht, dass sie große Schäden anrichten. Doch auch hier setzt der
Konjunktiv schon ein: Nandus könnten seltene Heuschrecken fressen, könnten
Menschen angreifen, könnten sich zu schnell vermehren. So stuft das
Bundesamt für Naturschutz sie nun als potenziell invasiv, also gefährlich,
ein.
3. Der Halsbandsittich
Ankunft: Vielleicht entwischten die quietschgrünen Vögel aus den Volieren
eines Zoos, vielleicht haben Vogelbesitzer sie auch kurz vor der
Urlaubsreise aus dem Fenster geschmissen. Genau weiß keiner, wie die
Halsbandsittiche in die rheinischen Parks kamen. Eigentlich leben die
Papageien in Indien. Doch seit den Sechzigern sind sie hier bei uns.
Integration: Rund 7.500 Halsbandsittiche zwitschern bei uns nun von Bäumen
der Parks, Friedhöfe und Gärten. Vor allem in Städten wie Köln, Düsseldorf
und Wiesbaden.
Gefahrenpotenzial: Mittel. Ihr Gekrächze nervt und außerdem sollen sie
andere Vögel nicht mitspielen lassen. Sie fressen ihnen die Futterkörner
weg, heißt es, sie attackieren sie regelrecht und klauen ihnen dann auch
noch die besten Brutplätze. Aber hübsch sind sie halt schon auch.
4. Der Ochsenfrosch
Ankunft: Ihre Schenkel schmecken wohl gar nicht so schlecht, darum haben
Gourmets sie einmal zu uns gebracht. Züchter ließen die olivgrünen
Ochsenfrösche zum Beispiel in der Lüneburger Heide hüpfen. Auch manche
Hobbygärtner fanden sie im Gartenteich hübsch. So kamen die Frösche aus
Nordamerika absichtlich oder unabsichtlich in den Achtzigern auch an unsere
Teiche.
Integration: Bisher sind genau vier Standorte bekannt, wo Ochsenfrösche
leben – beziehungsweise lebten. An zweien davon, Celle und Stuttgart, hat
man sie schon wieder ausgemerzt. Doch an der nördlichen Oberrheinebene
sitzen sie sogar an mehreren Gewässern herum, heißt es.
Gefahrenpotenzial: Sehr hoch. Schon die schiere Größe der „Todesengel“
macht Heimatliebenden Angst. 20 Zentimeter groß können die Weibchen werden,
sie wiegen dann mehr als ein halbes Kilo. Und dann noch dieses Gebrüll: Den
dumpfen Schrei der Männchen kann man über zwei Kilometer weit hören! Und
dann fressen sie auch noch so viel, deshalb sind sie natürlich eine ernste
Konkurrenz für die kleinen heimischen Tiere.
5. Die Spanische Wegschnecke
Ankunft: Obst- und Gemüsekisten brachten diese Mörderschnecken von der
Iberischen Halbinsel zu uns, nun haben sie sich schon in ganz Europa
ausgebreitet. Sie fressen alles auf, was ihnen vors Maul kommt, sie sind
widerliche Kannibalen, die andere, schwächere Nacktschnecken bösartig
vernichten. Sie sind der Schrecken aller Kleingärtner, breiten sich aus wie
nichts mit ihrer Sippschaft, sie sind immun gegen alle
Bekämpfungsmaßnahmen, sogar ihr Schleim ist aggressiv. An der Spanischen
Wegschnecke sieht man genau, was diese fremden Tiere anrichten können, sie
sind das Paradabeispiel, der invasive Horror.
Integration: Keine – denn die Schnecke ist jetzt doch von hier? Forscher
aus Frankfurt am Main haben vor Kurzem Spanische Wegschnecken untersucht.
Sie fanden keine einzige der Schnecken in ihrem angeblichen Heimatgebiet.
Deshalb machten sie DNA-Tests. Ergebnis: Die Spanische Wegschnecke ist bei
uns heimisch. Jetzt – wie blöd – kann auch die EU nichts mehr gegen sie
machen.
Gefahrenpotenzial: Doch nicht mehr so schlimm. Siehe DNS-Test.
7 Feb 2015
## LINKS
[1] http://orf.at/stories/2260843/
## AUTOREN
Maria Rossbauer
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