# taz.de -- Kampf gegen Nacktschnecken: Amtliche Jagd auf braune Invasoren | |
> Tod per Schere: Die NorwegerInnen sollen sich an die „Schnecken-Stunde“ | |
> gewöhnen. Nacktschnecken seien gefährlich für Norwegens Natur. | |
Bild: Spanische Wegschnecken, bei uns besser bekannt unter dem Namen Nacktschne… | |
STOCKHOLM taz | Einen griffigen Slogan wie „Sei ein Kämpfer, sei kein | |
Schläfer, acht’ auf den Kartoffelkäfer!“ hat sich Norwegens Sozialistische | |
Linkspartei (SV) noch nicht ausgedacht. Aber bei ihrem Vorschlag scheint | |
sie Bekämpfungsaktionen wie die gegen den Kartoffelkäfer aus den 30er | |
Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Sinn zu haben. | |
Einst wurden ganze Schulklassen mit Marmeladengläsern losgeschickt, nun | |
sollen am liebsten gleich alle NorwegerInnen in den „Krieg“ gegen die | |
Spanische Wegschnecke gehen: Die SV schlägt zweimal jährlich eine | |
„Schneckenstunde“ vor. Dann soll die ganze Bevölkerung „brunsnegler“ �… | |
„Braunschnecken“, wie sie dort genannt werden – sammeln und ihnen | |
beispielsweise mit einem scharfen Scherenschnitt den Garaus machen. | |
Außerdem sollen die Kommunen staatliche Gelder erhalten, um weitere | |
Aktionen gegen Arion vulgaris finanzieren zu können. | |
„Der Klimawandel wird ansonsten dafür sorgen, dass sich die Schnecken immer | |
weiter bei uns ausbreiten“, fürchtet SV-Parteisekretärin Kari Elisabeth | |
Kaski. Ohnehin sei die Braunschnecke nur so etwas wie die sprichwörtliche | |
Spitze des Eisbergs der invasiven Arten, auf die sich Norwegen einzustellen | |
habe. Kaski glaubt an den Erfolg der „Schnecken-Stunde“: Die Norweger seien | |
ein ehrgeiziges Volk und würden es sich nicht nehmen lassen, bei so einer | |
Aktion Flagge zu zeigen. Zumal man das vielleicht mit Wettbewerben für die | |
besten Schneckenjäger verbinden könne. | |
Der Vorschlag trifft auf große Resonanz: Die Osloer Boulevardzeitung VG | |
rief bereits die „große VG-Schneckenkonkurrenz“ aus, bei der dem Sieger ein | |
Tablet winkte, und rückte täglich eine Schneckengeschichte ins Blatt. Vom | |
15-jährigen Anders, der sich im Sommer als kommunaler Schneckensammler auf | |
einer Insel 1.200 Euro verdiente, bis zum 62-jährigen Odd, der gleich eine | |
lokale Schneckensammlervereinigung gründete. Den Wettbewerb gewannen die | |
Geschwister Ola und Lillian für einen „Kampfeinsatz“, der offenbar | |
erfolgreich war: Nachdem sie in einer Saison über 10.000 Schnecken | |
gesammelt hätten, träfen sie nun nur noch auf einzelne Exemplare. Die | |
„Jagd“ sei sogar gesund: Ola habe 25 und Lillian 15 Kilo abgenommen. | |
Als allerdings bekannt wurde, dass die „Sieger“ mit der „Salzmethode“ | |
arbeiten, bei der man die Schnecken in Gefäßen mit Salz verenden lässt, | |
erhob sich Protest. Zwar wisse man nicht, ob Arion vulgaris Schmerzen | |
spüre, meint Erling Fløistad von Nibio, dem norwegischen Institut für | |
Bioökonomie, aber gerade weil man das nicht wisse, solle man auf | |
möglicherweise qualvolle Tötungsmethoden mit Salz oder Salmiak verzichten. | |
Die Tierschutzorganisation Dyrebeskyttelsen Norge geht noch weiter: Man | |
dürfe auch diese Schnecken nicht töten, sondern solle versuchen, sie mit | |
Barrieren oder anderen Maßnahmen zu stoppen und den eigenen Garten | |
„unattraktiv“ für sie zu machen. | |
„Keine Rücksicht nehmen, einfach in der Mitte auseinanderschneiden“, | |
widerspricht Arnodd Håpnes, Biologe beim Naturschutzverband | |
Naturvernforbundet. Sein Verband fordere alle auf, sich am „Krieg“ gegen | |
die Braunschnecke zu beteiligen. Håpnes kritisiert gleichzeitig erste | |
Reaktionen der konservativ-rechtspopulistischen Regierung, die sich über | |
den SV-Vorschlag lustig machten: Mit invasiven Arten sei nicht zu spaßen. | |
Und die Spanische Wegschnecke sei gefährlich für die „norwegische Natur“ | |
und müsse umgehend ausgerottet werden. | |
19 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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