# taz.de -- Rot-Grüner Koalitionsvertrag in Hamburg: Fünf Jahre in fünf Minu… | |
> Was ändert sich mit dem neuen Senat in spe? Die taz.nord zeigt, worauf | |
> sich die rot-grünen Unterhändler in den zwölf wichtigsten Politikfeldern | |
> geeinigt haben. | |
Bild: Der Koalitionsvertrag ist vor allem rot und nur ein bisschen grün: Das k… | |
Seit Mittwoch liegt der Entwurf des rot-grünen Koalitionsvertrages vor. Was | |
auf den 115 Seiten steht, steht hier: | |
## Innenpolitik | |
Die Unterhänder für die Innenpolitik haben sich darauf geeinigt, dass die | |
Einrichtung von Gefahrengebieten und die Einführung der | |
Kennzeichnungspflicht für Polizisten geprüft wird – vermutlich erfolglos. | |
Der Datenschutz soll gestärkt werden, sonst bleibt alles beim Alten. | |
## Flüchtlingspolitik | |
Der Umgang mit Asylsuchenden in Hamburg bleibt im Grundsatz so wie er ist – | |
soll aber etwas humaner werden. Für die Lampedusa-Gruppe gibt es auch im | |
Koalitionsvertrag keine pauschale Lösung, aber das Asylverfahren wird | |
wieder für alle Mitglieder der Gruppe geöffnet – mit dem Ziel einer | |
„Bleibeperspektive“. | |
## Kitas | |
Der schon vor der Wahl mit den Kita-Trägern vereinbarte Stufenplan für | |
einen bessere Personalschlüssel wird beschleunigt. Nicht erst ab August | |
2017, sondern ab August 2016 gibt es für alle Kinder unter drei Jahren zehn | |
Prozent mehr Personal. Das Geld dafür soll allerdings zum Teil aus dem | |
Kita-Ressort selber kommen. Möglich ist dies, weil die Kitas einen | |
beachtlichen Sparbeitrag erbringen, der nach Senatsauskunft in 2016 6,9 | |
Millionen Euro, 2017 10,7 Millionen Euro und 2018 14,7 Millionen Euro | |
beträgt. Zum Vergleich: Die Verbesserung um zehn Prozent kostet etwa 18 | |
Millionen Euro pro Jahr. | |
## Inklusion | |
Statt bisher 60 sind nun 120 zusätzliche Stellen für die Inklusion von | |
Kindern mit Förderbedarf vorgesehen. Es ist der einzige grünen Erfolg in | |
diesem Bereich. Doch auch hier soll das Geld zum Teil aus dem Schulbereich | |
selber kommen. Zudem setzte die SPD durch, dass künftig die Grundschulen in | |
jedem Jahr für alle potienziellen Förderkinder eine aufwendige und | |
umstrittene „Statusdiagnostik“ machen müssen. | |
## Schule | |
Die Forderungen der Grünen nach Stärkung der Produktionsschulen wurden | |
ebenso abgeschmettert wie Versuchsschulen für neue Lernkultur. Nicht mal | |
die Forderung nach Informatik als Regelfach hatte in der Runde eine Chance. | |
Der Schulteil scheint fast von grüner Handschrift gesäubert. Der Vertrag | |
kündigt ein schärferes Vorgehen gegen Schulschwänzer an, droht gar mit | |
Polizei und Prozessen, obwohl die Grünen in der Opposition so etwas stets | |
kritisiert hatten. Auch preist der Vertrag den von Rabe eingeführten | |
verbindlichen „Basiswortschatz“ als Rezept für bessere Rechtschreibung, | |
obwohl die Grünen den seinerzeit strikt abgelehnt hatten, nachdem er bei | |
einer Expertenanhörung durchgefallen war. | |
## Geschlossenes Heim | |
Es sollen Alternativen zu geschlossen Heimen gefördert werden, zugleich | |
plant Hamburg allerdings mit Bremen ein solches Heim. Die Grünen wechseln | |
vom Lager der Nein-Sager zu den Jein-Sagern. | |
## Hochschulen | |
Wissenschaft wird von den Koalitionären in spe als Schwerpunkt-Bereich | |
gepriesen. 40 Millionen Euro bekommt die neue Grüne Senatorin Katharina | |
Fegebank. Auf die fünf Jahre der neuen Legislatur verteilt sind dies nur | |
acht Millionen, pro Hochschule gar nur 1,3 Millionen Euro. Auch scheint | |
ziemlich klar, was mit dem Geld passiert. Hamburgs Hochschulen darben seit | |
Jahren und bauen Studienplätze ab, weil die Stadt ihnen statt der realen | |
Kostensteigerungen nur einen Ausgleich von jährlich 0,88 Prozent gewährt. | |
Die Hochschulverträge sehen Nachverhandlungen vor, wenn Tarifabschlüsse | |
deutlich über dieser Rate liegen. Solche Nachverhandlungen hatte die SPD | |
bisher abgelehnt, nun soll es erstmals dazu kommen. | |
## Energie | |
Der Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Energienetze wird ohne Wenn | |
und Aber umgesetzt, erneuerbare Energien werden stärker gefördert, Fracking | |
wird nicht erlaubt. | |
## Umwelt | |
Die Senkung von Schadstoffen in der Luft soll nun ernsthaft betrieben | |
werden. Außerdem bleiben Grünflächen und Biotopverbünde erhalten, der | |
Natur- und Artenschutz wird intensiviert, für Baumaßnahmen sollen kaum noch | |
naturbelassene Flächen benutzt werden. | |
## Hafen | |
Die Entscheidung der Gerichte über die Elbvertiefung wird akzeptiert – was | |
sonst. Der Hafen wird nach den Plänen der potenziellen Koalitionäre | |
deutlich grüner, energieeffizienter und sauberer. Die Verlagerung von | |
Hafenbetrieben für Olympia erfolgt im inneren Hafen, ausdrücklich nicht | |
nach Moorburg. | |
## Verkehr | |
Das Netz von U- und S-Bahnen soll ausgebaut werden – eine Stadtbahn wird es | |
mit Rot-Grün nicht geben. Umweltzone und City-Maut werden nicht eingeführt. | |
Das Busbeschleunigungsprogramm soll entschlackt werden. Dafür gibt es ein | |
ehrgeiziges Ziel: Der Radverkehr soll sich bis 2030 verdoppeln. | |
9 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Sven-Michael Veit | |
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