# taz.de -- Jens Kerstan über Rot-Grün in Hamburg: „Regieren ist nie ein Sp… | |
> Die Hamburger Bürgerschaft wird Olaf Scholz als Bürgermeister bestätigen. | |
> Sein designierter Umweltsenator zur Rolle der Grünen in der Koalition. | |
Bild: Vergangenen Sonntag stimmten die Grünen dem Koalitionsvertrag zu. | |
Herr Kerstan, ein knappes Drittel der grünen Basis hat auf der | |
Mitgliederversammlung am Sonntag gegen den Koalitionsvertrag gestimmt – | |
wird die Regierung mit der SPD zum Ritt auf der Rasierklinge? | |
Regieren ist nie ein Spaziergang, sondern hartes Alltagsgeschäft. Aber wir | |
haben mit dem Koalitionsvertrag eine ehrliche und solide Arbeitsgrundlage, | |
die von einer sehr großen Mehrheit der Partei getragen wird. Der Vertrag | |
trägt eine klar erkennbare grüne Handschrift. | |
Die SPD hat den Grünen nur zugestanden, was sie unbedingt musste. Wann | |
hatten Sie zuletzt so wenig Spaß an Politik wie in den Verhandlungen mit | |
Olaf Scholz? | |
Das war klar, dass Verhandlungen mit Olaf Scholz und seiner SPD nicht | |
vergnügungssteuerpflichtig werden. Dennoch haben wir in für uns | |
wesentlichen Bereichen viel erreicht: Klima und Umwelt, Verkehr und | |
Wissenschaft. Auch im Rest des Vertrages gibt es viel Grünes, damit können | |
wir gut arbeiten. | |
Der Hafen soll laut Koalitionsvertrag grün werden – kann das Ihre | |
Niederlagen in der Innen- und Flüchtlingspolitik aufwiegen? | |
Diese Niederlagen sehe ich nicht. Wir wollen eine Kennzeichnungspflicht für | |
Polizisten bei Demos, wie sie in anderen Bundesländern längst eingeführt | |
ist, und werden das zügig vorbereiten. Für die Lampedusa-Flüchtlinge haben | |
wir eine politische Einzelfall-Lösung mit guter Aussicht auf ein | |
Bleiberecht erreicht. Mehr war aktuell nicht drin, weil eine politische | |
Gruppenlösung, die wir so auch nicht gefordert hatten, am | |
Bundesinnenminister gescheitert wäre. | |
Das klingt doch alles sehr vage. Sie sagen nur: „Könnte, sollte, ist zu | |
prüfen.“ | |
Es ist oft so, dass die politischen Spielräume für die Umsetzung umso | |
geringer werden, je detaillierter man in der Öffentlichkeit vorher darüber | |
redet. Ich nehme es in Kauf, öffentlich beschimpft zu werden, wenn dies die | |
Chancen erhöht, dass ein Großteil der Gruppe am Ende tatsächlich ein | |
Bleiberecht erhält. | |
Sie selbst werden im neuen Senat Umwelt- und Energiesenator. Sehen Sie sich | |
besonders unter Druck, in diesen urgrünen Kernthemen Erfolge vorzuweisen? | |
Das ist sicher so, und das ist auch richtig so. Wir Grüne wollen mehr | |
Umwelt-, Natur- und Artenschutz, die Energiewende, saubere Luft und Wasser. | |
Wir wollen Maßstäbe setzen, das ist das Ziel. | |
Ende Februar ist Vattenfalls Steinkohlekraftwerk Moorburg in Betrieb | |
gegangen, das die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk vor fünf Jahren | |
genehmigt hatte. Dadurch erhöht sich der CO2-Ausstoß Hamburgs um etwa 50 | |
Prozent. Wie wollen Sie da für saubere Luft sorgen? | |
Umso wichtiger ist der Ausstieg aus alten Kohlekraftwerken zur | |
Fernwärmeerzeugung. Das ist Teil des Volksentscheids zur Rekommunalisierung | |
der Hamburger Energienetze, und das werden wir umsetzen. Auch für saubere | |
Luft im Hafen haben wir ein Paket vereinbart, das sich sehen lassen kann. | |
Zum zentralen rot-grünen Projekt hat Olaf Scholz die Ausrichtung der | |
Olympischen Spiele 2024 ernannt. Können Sie ein nachhaltiges und sozial | |
vertragliches Olympia in dieser Stadt garantieren? | |
Das ist unser Ziel. Und das müssen wir einhalten, wenn wir bei der | |
Volksabstimmung im Herbst eine breite Mehrheit bekommen wollen. | |
Und für grünes Regieren gilt wie bei Olympischen Spielen: Dabei sein ist | |
alles? | |
Nein. Die Akzeptanz der Bewerbung um Olympische Spiele in der Hamburger | |
Bevölkerung wird ein Lackmustest für Rot-Grün werden. Wir werden liefern | |
müssen, was wir versprochen haben. Sonst klappt das nicht. | |
14 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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Katharina Fegebank | |
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